Kleinkind möchte nachts wieder gestillt werden

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Kleinkind möchte nachts wieder gestillt werden

Hallo, ich habe eine Frage zu dem Trinkverhalten meines 1 jährigen Sohnes. Dieser möchte seit ca. 3 Monaten nachts wieder gestillt werden. Und das ist etwas, was ich von ihm gar nicht kenne. Ich habe meinen Sohn 6 Monate voll gestillt und dann mit Beikost angefangen. Nach den Mahlzeiten bekam er anfangs immer noch regelmäßig die Brust, weil er keine Flasche mit Tee oder Wasser akzeptiert hat. Mittlerweile trinkt er aus einer Schnabeltasse und somit hat sich das Stillen auf morgens und abends reduziert. Nachts wollte er nie viel trinken. Schon nach der Geburt hat er nachts immer 6 Std. am Stück geschlafen und das hat sich dann im Laufe der Monate auf 10-11 Std. ausgedehnt. Er war also von Anfang an ein sehr guter Schläfer. Probleme beim Hinlegen hatte ich auch nie mit ihm. Entweder wollte er nach dem Abendbrei nichts mehr trinken und ist dann wach ins Bett gelegt worden, oder er hat getrunken und ist an der Brust eingeschlafen. So oder so hat er immer durchgeschlafen. Seit dem 9. Monat hat es sich schlagartig geändert. Ich muss dazu sagen, dass er in der Zeit auch etwas krank war. Er hatte eine Bronchitis und musste Salbutamol inhalieren, was laut KA die Herzfrequenz erhöht. Dann hatte er einen schlimmen Windelsoor und schließlich sind auch noch 4 Zähnchen auf einmal durchgebrochen. Das alles ist jetzt aber auch schon ein paar Wochen her und trotzdem hat sich nichts geändert. Ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe schon überlegt abzustillen. Oder trinkt er tagsüber zu wenig, dass er das nachts wieder aufholen muss? Auf jeden Fall beruhigt er sich, wenn er nachts anfängt zu schreien, nur an der Brust. Und dann trinkt er auch richtig, er nuckelt nicht. Ich bin für jeden Ratschlag und jede Erklärung dankbar. Viele Grüße Jojo166

von Jojo166 am 12.04.2012, 14:56



Antwort auf: Kleinkind möchte nachts wieder gestillt werden

Liebe Jojo166, dein Baby war bisher sehr pflegeleicht, Du hattest einfach Glück :-). Jetzt braucht es wohl die Nähe und Geborgenheit an der Brust, um einschlafen zu können. Es ist nicht schlimm, und schon gar nicht ein "Versagen" deinerseits, dass deine Kleine jetzt nicht alleine ein- und durchschlafen mag. Ganz im Gegenteil: DIESES Verhalten ist das normale, will heißen, so hat die Natur es vorgesehen, so entspricht es der Natur eines Menschenjungen. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt. Also: Das Einschlafen an der Brust ist nicht wirklich ein Problem, denn es entspricht der Natur der Kinder, die genau dort die Ruhe, Geborgenheit und Zuversicht finden (mal ganz abgesehen von der wertvollen Muttermilch), die es ihnen ermöglicht, sich dem Schlaf hinzugeben. Kleine Kinder haben es sehr schwer, einzuschlafen, das hängt mit ihrem unreifen Nervensystem zusammen und wird ganz von allein, sobald sie reif genug dafür sind, sich auflösen! Es ist schwer, müde zu sein und jede Nacht x Male aufzuwachen, weil das Kind mich braucht und ich hätte zeitweise sehr viel dafür gegeben nur einmal einfach weiterschlafen zu können und am nächsten Tag nicht vor einem Berg unerledigter (Haus)Arbeit zu stehen. Doch es hat sich gelohnt, den Haushalt zurückzuschrauben, mir Nischen zu suchen, in denen ich auftanken konnte (sowohl körperlich als auch emotional) und zu akzeptieren, dass meine Kinder keine kleinen Roboter sind, die auf das Durchschlafen (o.a.) "programmiert" werden können. Überlege dir einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 12.04.2012



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