Hallo,
mein großer Sohn war ein Nuckelkind - der Beruhigungssauger brachte ihn sicher in den Schlaf und ich konnte ihn auch gut nachts "ziehen" und bald schon schlief er durch.
Mein Kleiner ist nun fünf Monate alt. Er verweigert den Nuckel und lässt sich nur beim Stillen beruhigen - nichts anderes hilft: weder tragen, schaukeln, singen, Kuscheltuch usw. Das bedeutet, dass ich ihn so lange stillen muss, bis er einschläft und nachts, wenn er aufwacht, muss ich ihn auch stillen, obwohl ich manchmal das Gefühl habe, dass er gar keinen Hunger hat. Stille ich ihn nicht bis in den Schlaf, steigert er sich fürchterlich in einen Schreikrampf hinein und ist dann eine Stunde und länger untröstlich. Also wähle ich bisher das "kleinere Übel". So kann es ja aber nicht ewig weitergehen. Nachts wacht er viermal auf und tagsüber stille ich ihn auch oft, weil er müde ist und schlafen will, aber gar keinen Hunger hat. So komme ich auf viel zu viele Mahlzeiten am Tag. Ein Essensrhythmus ist nicht in Sicht.
Haben Sie noch einen Tipp für mich - ich wäre Ihnen sehr dankbar.
Viele Grüße.
von
koja
am 09.03.2011, 07:45
Antwort auf:
Einschlafen nur durch Stillen
Liebe koja,
es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe.
Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 09.03.2011