So gut können Babys sehen

neugieriges Baby

© Adobe Stock, HaywireMedia

Neben der Stimme der Mutter als akustischer Kontakt ist ihr Gesicht für das Baby der erste wichtige, optische Eindruck. 

Nachdem man lange Zeit angenommen hatte, daß Babys in den ersten Wochen so gut wie gar keine Sehschärfe besitzen, weiß man es heute besser. Die Natur hat schon den jungen Augen eine Sehkraft mitgegeben, die für die Bedürfnisse des Neugeborenen optimal ist.

Was Babyaugen erst mit der Zeit lernen müssen, ist die Einstellung auf unterschiedlich weit entfernte Punkte, um diese in klaren Umrissen erkennen zu können. Deshalb erscheint den Kleinen all das, was sich in der Ferne befindet zunächst einmal verschwommen. Auf eine nahe Distanz sieht das jedoch ganz anders aus. Hier - auf eine Entfernung von ca. 18 bis 30cm - sind Neugeborene bereits in der Lage, ihre Augen auf ein Objekt einzustellen und deutlich wahrzunehmen. Man hat herausgefunden, dass sie auf sich bewegende Dinge stärker reagieren als auf ruhende. Runde Formen werden geraden Formen vorgezogen und auch Muster können schon registriert werden.

Auch ist beim Neugeborenen diejenige Augenmuskulatur noch nicht fertig entwickelt, die die Augenstellung koordiniert, also dafür sorgt, dass beide Augen koordiniert auf entferntere Dinge fixiert werden können. Aus diesem Grunde kann es vorkommen, dass ein Auge in eine andere Richtung schaut, als das andere. Das ist aber erst dann ein Anlass zur Sorge, wenn es länger als sechs Wochen anhält. So lange dauert es nämlich, bis diese Augenmuskeln die notwendige Kraft zum "binokularen" Sehen entwickelt haben und die Augäpfel entsprechend steuern können.

Alles in allem optimal

Betrachtet man das Sehvermögen eines Säuglings als Ganzes, so ist es optimal für den Stand der Entwicklung des gesamten Körpers. Während es dem Baby möglich ist, seine Mutter, die ihm nahe ist, zu erkennen und damit Begriffe wie Beruhigung, Geborgenheit und Nahrung verbinden kann, hält die Unschärfe weiter entfernter Dinge eine Unmenge an Eindrücken von dem kleinen Menschen ab, die ihn ängstigen würden. In Ermangelung der Fähigkeit zur Flucht bleibt den Kleinen also manche "Panik" erspart und das Nervenkostüm wird gerade in dieser sensiblen Phase des Umgewöhnens an eine neue, fremde Welt geschont.

Hilflos wie das Baby ist, würde ihm eine Weitsicht gar nichts nützen, doch erlaubt das gute Sehen auf kurze Distanz ein schnelles Wachsen der Zuneigung zwischen Mutter und Kind. Erwachsene halten Babys ganz instinktiv richtig, wenn sie ihnen ihre Zuneigung zeigen wollen: etwa 18 bis 30 cm von ihrem eigenen Gesicht entfernt.

Babys mögen freundliche Gesichter und deshalb lächeln sie in den ersten Tagen auch alle an, die sie zu sehen bekommen. Die Mütter hören es zwar nicht gerne, aber das Baby kann die Mutter optisch noch nicht von anderen Menschen unterscheiden. Das ändert sich aber schon bald und gipfelt meist in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres im ersten "Fremdeln", wenn zwar der Anblick der Mutter stets freudiges Lächeln und Strampeln auslöst, das wohlmeinende "Ei, ei, wer ist denn da ...?" von Opa zu dessen blanken Entsetzen zur Panik führt. Das ist die Phase, in der das Vertrauen auf die Mutter deutlich zu Tage tritt und alle anderen das Vertrauen des Babys neu gewinnen müssen.

Hatte man bisher angenommen, dass diese Unterscheidungsfähigkeit erst im Alter von drei bis vier Monaten einsetzt, geht man heute davon aus, dass es Babys bereits viel früher möglich ist, Gesichter zu unterscheiden. Manche Wissenschaftler sprechen nach neuen Studien von einem Zeitraum von drei oder vier Wochen und begründen dies mit der Tatsache, dass fast alle Eltern mit ihren Babys schon früh viel "plappern". So hat das Baby also entsprechend früh die Chance, einzelnen Gesichtern entsprechende Stimmen zuzuordnen.

Gegen Ende des ersten Lebensjahres macht die Effizienz des Sehvermögens weiter große Fortschritte, immer mehr Details können erkannt und die Augen auf unterschiedlichste Brennweiten eingestellt werden. Mit einem Jahr sieht ein Kind schon annähernd so gut wie ein Erwachsener und die binokulare Kontrolle funktioniert meist schon hundertprozentig. Obwohl sich im Laufe der folgenden Zeit die Sehschärfe weiterhin optimieren wird, kann man dennoch sagen, dass ein einjähriges Kind im grundsätzlich vollen Besitz der visuellen Fähigkeiten ist.

Kinderaugen passen sich an

Rund drei Lebensjahre vergehen, bis sich mit dem Wachstum der menschlichen Augen die letztlich optimale Sehleistung eingestellt hat. Falls ein Baby kurzsichtig ist, stimmt die Länge seines Augapfels nicht mit der Brennweite der Linse überein. Es sieht alle entfernten Gegenstände unscharf. Das Auge vermag jedoch diesen Fehler bei seinem Wachstum auszugleichen.

Dies zeigten Versuche mit Rhesusäffchen an der Universität Houston. Die Affenbabys bekamen Brillen aufgesetzt. Vor dem einen Auge befand sich flaches Glas, vor dem anderen eine Linse, die einen Sehfehler vortäuschte. Nach etwa hundert Tagen hatte das betroffene Auge den Sehfehler ausgeglichen, indem es sein Längenwachstum anpasste. Nachdem die Linse entfernt wurde, bildete sich der Unterschied zwischen den beiden Augen in weiteren hundert Tagen wieder zurück.

Dieser Befund lässt sich auf den Menschen übertragen, da sich seine Augen auf ähnliche Weise entwickeln. Die zweihundert Affentage entsprechen etwa den ersten zwei bis drei Jahren im Leben eines Menschenkindes. Die Forscher empfehlen, Sehfehler bei Kleinkindern nur nach genauer Prüfung der Notwendigkeit bzw. nur teilweise mit Brillen zu korrigieren, um die natürliche Korrekturleistung des Auges nicht auszuschalten.

Diese "Weitensehfehler" sind aber nicht mit dem Schielen zu verwechseln, das sich entgegen aller landläufigen Meinung nicht "von selbst auswächst" und von einem Augenarzt behandelt werden muss.

Zuletzt überarbeitet: Februar 2019

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