Frage:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Liebe Frau Bader, liebe Forenmitglieder,
ich selbst hatte mich 2018 mit dem neuen MuSchG befasst, um bei einer schwangeren Mitarbeiterin ein betriebliches Beschäftigungsverbot durchzusetzen (was unserem Betrieb auch geglückt ist). Was mir aber seitdem immer im Hinterkopf geblieben ist (und ich immer nur sehr vage Aussagen gelesen habe): Unter welchen Umständen bzw. bei welchen Fällen kann ein Arzt noch ein individuelles Beschäftigungsverbot aussprechen?
Durch das neue Gesetz wurde es ja quasi ausgehebelt, dass man bei Schwangerschaft sofort auf einfache Weise ein Beschäftigungsverbot erhält (oft vom Arzt) ... Jetzt muss man ja dafür sorgen, dass die Schwangere (die an sich ja arbeitsfähig ist) weiterarbeiten kann - am selben Platz oder nach Umsetzung, je nachdem was "schwangerenfreundlich" ist.
Aber welche Umstände gibt es, wo der Arzt trotzdem sagen kann, die werdende Mutter darf nicht mehr da arbeiten? Das ist mir nicht so ganz ersichtlich. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass Vorerkrankungen bzw. Diagnosen, die vor der Schwangerschaft bestanden, und jetzt erst während der Schwangerschaft Probleme auf der Arbeit bereiten, ein Grund für eine AU sind und nicht für ein BV. Es handelt sich hierbei um einen Betrieb, kein Kindergarten, keine Arztpraxis etc. wo fehlende Impfungen/Immunitäten schon mal rausfallen.
Kann mich da jemand aufklären?
Vielen Dank!
LG
von
Nilay26
am 27.08.2019, 14:14
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Hallo,
wenn es sich um medizinische Gründe handelt, die keine Arbeitsunfähigkeit bedingen.
Auf Anhieb fällt mir Mobbing ein.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 29.08.2019
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individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Du fragst als Betrieb/Unternehmen hier an? Auf einer kostenlosen Seite für Eltern?
Hmmm
von
romankowitz
am 27.08.2019, 15:23
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individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Für mich der klassische Fall wäre, eine Köchin welche den Geruch von Essen nicht mehr haben kann. Bei jedem anderen Job hätte sie kein Problem und Arbeit als solche geht auch mit Mutterschutz. Ähnliches gilt für Frauen welche zB mit rohen Fleisch oder Fisch arbeiten. Beides kann arge Probleme mit dem Geruch machen.
von
Felica
am 27.08.2019, 16:06
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Um es klar auszudrücken: der Gesetzgeber möchte das Beschäftigungsverbot als die Ausnahme sehen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind - nicht als die Regel! Die Intention liegt ausdrücklich auf Teilhabe am Erwerbsleben, Weiterbeschäftigung, und nicht auf Rückzug!
So wie du fragst, hört es sich irgendwie danach an, "wie kommt man ans BV?" - kann sein ich täusche mich.
Das ärztliche BV bekommt man dann, wenn kein pathologischer Schwangerschaftsverlauf, keine AU vorliegt, und wenn von der an und für sich unschädlichen Tätigkeit dennoch eine Gefährdung ausgeht, aufgrund von individuellen gesundheitlichen Gegebenheiten.
Klar ist, dass niemand ein ärztliches BV einfordern kann; denn der Arzt entscheidet im eigenen Ermessen darüber. Und er muss diese Entscheidung der Patientin gegenüber nicht rechtfertigen.
Mitglied inaktiv - 27.08.2019, 18:37
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Manch eine Mitarbeiterin nimmt es sich vielleicht sehr zu Herzen, wenn sie schlechte Nachrichten überbringen muss (z.B. Lieferverzug) - kann dann nicht abschalten, kann nicht schlafen.
von
Tini_79
am 27.08.2019, 19:51
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Der Punkt gehört in die korrekte Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber, und der kann ihr auch stressarme Tätigkeiten zuweisen. Das ist weniger die Aufgabe des Arztes, das zu beurteilen.
Mitglied inaktiv - 27.08.2019, 20:43
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
@romankowitz
Ich frage nicht als Unternehmen an. Das sollte nur als Hintergrundinfo dienen, dass ich, was das betriebliche BV angeht, nicht komplett ahnungslos bin und diesbezüglich Erfahrungen gemacht habe/machen musste. Damals musste ich mich in die Marterie einlesen, verstehen wieso der FA für die Mitarbeiten kein BV ausstellen wollte etc. Und ich wollte betonen, dass die Diskussion nicht ins betriebliche BV abschweift. Das war ein echter Kampf, da die Betriebsregierung es erst einmal nicht eingesehen hat .. aber das ist eine andere Geschichte.
@uriah
Danke für die Infos. Heißt das also, dass gesundheitliche Gegebenheiten VOR der Schwangerschaft ein Grund für ein individuelles BV gewesen wären??
Ich habe hierbei die Mitarbeiterin von uns im Hinterkopf, ich möchte Ihre gesundheitliche Situation nicht ausführen, aber versuche immer noch zu verstehen, ob nicht doch ein individuelles BV möglich gewesen wäre ...
von
Nilay26
am 28.08.2019, 09:36
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Aber eigentlich ist das doch grundsätzlich klar geregelt. Wenn der AG den Arbeitsplatz oder die Tätigkeiten nicht gemäß MuSchu anpassen kann, muss er ein BV ausstellen. Tut er das nicht (Arbeitsplatz/Tätigkeit anpassen oder BV ausstellen), ist erst mal die Gewerbeaufsicht oder der Betriebsrat einzuschalten.
Wenn der Arzt eine Gefahr für Mutter oder Kind durch die Tätigkeit während der Schwangerschaft sieht, kann er ein individuelles BV ausstellen. Das kann eine Verringerung der Arbeitsstunden sein oder eben die komplette Untersagung der Tätigkeit.
Bspl mit den Gerüchen einer Küche, die vorher kein Problem waren, nun aber zu extremer Übelkeit führen. Oder eine Risikoschwangerschaft. Da kann der AG eben selbst meist nichts dran ändern.
Leidet die Schwangere unter der typischen Morgenübelkeit in den ersten Wochen ist das kein Grund für ein BV, sondern für eine AU. Hat die Schwangere schon vor der Schwangerschaft Rückenschmerzen gehabt und diese werden nun schlimmer, ist das auch eher ein Grund für eine AU.
Der AG kann ein BV durch den Arzt übrigens anfechten/anzweifeln - wenn er zB gar keine Möglichkeit hatte, den Arbeitsplatz anzupassen/Ersatztätigkeiten zu finden.
Die Kassiererin, die mit Bekanntgabe der Schwangerschaft sofort auch ein BV einreicht, hat ihrem AG zB nicht die Möglichkeit gegeben, ihr entsprechende Pausen einzuräumen oder ihr eine ganz andere Tätigkeit zu geben oder eben selbst das BV auszusprechen.
Die Ärztin, die nun nicht mehr am Patienten arbeiten darf und deshalb Akten sortieren soll und dann ein BV einreicht - da würde ich als AG das BV anzweifeln, weil es eben den Eindruck macht, diese Frau will gar nicht arbeiten. Was sollte am Aktensortieren gefährdend sein?
Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, du eierst ein bisschen rum. Schildere doch einfach den konkreten Fall, um den es dir geht.
Letztendlich ist ein indiv. BV eine Einzelfallentscheidung - du wirst hier keine Antwort bekommen, die für jeden Fall auch zwingend gültig ist.
Meiner Meinung nach zumindest.
von
cube
am 28.08.2019, 10:52
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Hallo,
ich kann dir nur aus eigener Erfahrung berichten. Ich hatte die ersten 18 Wochen ein vollständiges „individuelles beschäftigungsverbot aus medizinischen Gründen“ aufgrund hyperemesis gravidarum.
Danach arbeitete ich noch einige Wochen und wurde dann aufgrund zervixinsuffizienz in ein beschränktes individuelles beschäftigungsverbot geschickt, welches meine Arbeitszeit auf 50%, d.h. 4h pro Tag, beschränkte.
Das sind nur konkrete Beispiele, die gesetzliche Grundlage bzw Definition vermag ich nicht zu nennen. Liebe Grüße
Simone
von
Simone89
am 28.08.2019, 11:19
Antwort auf:
individuelles Beschäftigungsverbot - unter welchen Umständen vom Arzt machbar?
Ich weiß genau wie du dich fühlst. Bei mir war die psychische Belastung bei Kinderwunsch einfach riesig und noch konnte ich nicht ertragen, wenn meine Freunde, Familie und Bekannte gesagt hatten, dass alle gut wird und dazu noch irgendeine Ratschläge gegeben… Manchmal bereue ich mich dass ich über meine Problemen überhaupt jemandem erzählt habe… Es ist ganz schlimm. Ich erkenne mich auch selbst nicht mehr wieder. Ich war früher immer sehr positiv und habe brav gekämpft aber jetzt innerhalb von einem Jahr ist davon nix mehr übrig. Einige sagen mir manchmal, ich muss mich entspannen oder besser in Urlaub fahren bla bla bla und das nervt mich am meistens. Anfangs hab ich noch versucht zu erklären warum das Problem bei uns ein ganz anderes ist (nur noch ein verschlossener Eileiter und schlechter AMH Wert), mittlerweile sag ich gar nichts mehr dazu. Die meisten Leute wissen ja nicht mal wie der weibliche Zyklus funktioniert oder welche Funktion Eileiter/Eierstöcke etc. haben und schon gar nicht was ein niedriger AMH ist.
Ich versuche mir unsere Zukunft ohne Kinder vorzustellen oder mich komplett auf andere Dinge zu konzentrieren aber das klappt sehr schlecht. Was ich im Moment wirklich nicht ertragen kann sind Schwangere oder Frauen mit Babys. Ich denke, dass eine psychologische Beratung gut tun könnte. Habe zwar noch keine Erfahrung damit aber habe auch schon überlegt hinzugehen. Vielleicht tut es gut einfach mit jemandem zu reden der einem nur zuhört ohne die ganzen gut gemeinten Ratschläge. Alles Gute
von
Chicaa
am 25.04.2020, 13:54