Kein Kitaplatz – wie Eltern jetzt vorgehen sollten
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Eben noch ein Neugeborenes im Arm – und plötzlich naht schon der erste Geburtstag des Sohnes oder der Tochter. Aber eine Zusage für einen Kitaplatz gab es bislang nicht. Bei berufstätigen Eltern macht sich da Panik breit. |
Ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben Eltern Anspruch auf Betreuung ihres Kindes. Theoretisch. Praktisch gibt es aber nicht genügend freie Kitaplätze. Eltern können, wenn sie keinen Kitaplatz bekommen, den Rechtsweg gehen. Hier sind bestimmte Vorgaben einzuhalten.
Schritt für Schritt zum Kitaplatz
1. Die Eltern müssen die Kindertagesstätten der Umgebung im Umkreis von zehn Kilometern persönlich besuchen und selbst nach einem freien Platz fragen. „Aber nur herumtelefonieren reicht nicht, in einer Kita müssen Eltern ihr Kind förmlich anmelden und es notfalls auf eine Warteliste setzen lassen", sagt Prof. Ronald Richter, Rechtsanwalt und Vorsitzende des gesetzgebenden Ausschusses Sozialrecht des Deutschen Anwaltsvereins. Für eine spätere Klage sind Anfragen bei möglichst vielen Kitas hilfreich.
2. Sehr zeitnah und möglichst frühzeitig sollten die Eltern dann das Jugendamt über den Betreuungsbedarf informieren. Kann das Jugendamt den Rechtsanspruch nach der Bedarfsanmeldung nicht erfüllen, wird ein Ablehnungsbescheid verschickt, manchmal per Brief, manchmal per E-Mail.
3. Die Eltern müssen dagegen schriftlich Widerspruch einlegen innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids. Dazu sollte ein förmliches Schreiben aufgesetzt werden, dieses kann aber als Anhang per E-Mail versendet werden. In manchen Bundesländern, etwa in Bayern, ist das Widerspruchsverfahren aber nicht vorgesehen.
4. Das fruchtet alles nichts, immer noch kein Kitaplatz? Jetzt erst können Eltern klagen. Wenn der Anwalt oder die Anwältin dazu ein Eilverfahren einleitet, fördert das meist innerhalb weniger Tage einen freien Betreuungsplatz zutage. Bei einer Klage dagegen kann es bis zu diesem Ergebnis ein bis zwei Jahre dauern. Für das Eilverfahren muss aber glaubhaft dargelegt werden, dass das Anliegen tatsächlich eilbedürftig ist, beispielsweise weil beide Eltern berufstätig sind.
5. Die Rechnung für die Gerichtskosten und die Arbeit der Anwälte geht an die unterlegene Partei, in den meisten Fällen ist das die Kommune. Sie zahlt auch, wenn der juristische Weg nicht erfolgreich war und die Eltern schlussendlich selbst eine Betreuung organisieren mussten.
Kinder haben Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Einrichtung
Grundsätzliches zur Rechtslage: Ein Kind hat ab dem ersten bis zum dritten Geburtstag Anspruch auf ganztägige Betreuung von bis zu 45 Wochenstunden, wenn Vater und Mutter Vollzeit arbeiten. Ist ein Elternteil nur in Teilzeit berufstätig, besteht kein Anspruch auf Ganztagsbetreuung.
Selbst wenn ein Elternteil nicht berufstätig ist, hat ein Kind bis zur Einschulung generell einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Aber der Anspruch ist begrenzt: Wenn die Eltern eines dreijährigen Kindes Teilzeit arbeiten, hat es Anspruch auf 30 Stunden Betreuung pro Woche. Die Details sind in Paragraf 24 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII geregelt.
Der Anspruch besteht –die Kommune muss ihn erfüllen
Fehlende Kapazitäten entbinden die Kommune übrigens nicht von der gesetzlichen Pflicht, einen Betreuungsplatz anzubieten. Das zeigt auch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: OVG 6 S 6.18). Die Kommune ist in der Pflicht. Sie muss den bestehenden Anspruch erfüllen und die Betreuung bereitzustellen. Jedoch muss die Kita nicht in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Zumutbar ist eine Fahrtzeit von 30 Minuten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln für eine Strecke.
Der Rechtsanspruch nutzt jedoch in manchen Regionen Deutschlands wenig, die Kitas sind voll und trotz Klage kann die zuständige Kommune keinen freien Kitaplatz zur Verfügung stellen. Was nun? In diesem Fall muss die Kommune die Kosten für eine Alternativbetreuung tragen.
Die Eltern können jetzt eine private Kindertagesstätte oder eine Tagesmutter bzw. einen Tagesvater mit der Betreuung ihres Kindes beauftragen. Die Rechnung muss von der Kommune gezahlt werden.
Auch für Zusatzkosten muss die Kommune aufkommen. Möchten Eltern, die beide Vollzeit berufstätig sind, dass beispielsweise die Oma des Kindes auf ihren Enkel bzw. ihre Enkelin aufpasst, betrifft das ihre Anreise und ihre Unterbringung. „Die Kommune muss nun Anreise und Unterbringungskosten der Schwiegermutter bezahlen", erklärt Prof. Richter. Die Kosten für das Hotel müssten sich dabei am "normalen Standard" orientieren, für eine Luxusherberge zahlt die Kommune nicht, so der Jurist
In manchen Fällen haben berufstätige Mütter und Väter vielleicht alle Möglichkeiten ausgelotet - aber alles blieb ohne Erfolg. Sind Eltern dann gezwungen, ihren Nachwuchs selbst zu betreuen und können deswegen nicht arbeiten, kann unter Umständen ein Verdienstausfall als Schaden bei der Kommune geltend gemacht werden. Jedoch sollten Betroffene hier zuerst immer juristische Beratung in Anspruch nehmen, um die Erfolgsaussichten zu prüfen. Am Oberlandesgericht (OLG) Dresden wurde eine Klage auf Schadenersatz für einen Verdienstausfall abgewiesen. Hier hatten drei Mütter aus Leipzig in zweiter Instanz geklagt, die keinen Betreuungsplatz für ihre Kleinkinder gefunden hatten und deshalb nicht wie geplant arbeiten konnten. (Az.: 1 U 319/15, 1 U 320/15, 1 U 321/15). In der Urteilsbegründung hieß es, die Stadt habe ihre Amtspflicht zur Bereitstellung von Kita-Plätzen verletzt, jedoch sei nicht der Wunsch der Eltern nach Berufstätigkeit geschützt, sondern der Anspruch der Kinder auf frühkindliche Förderung.
Quelle:
Klugo: Kita-Platz einklagen: Anspruch vor Gericht durchsetzen
GMX: Kita gesucht? Wie man einen Betreuungsplatz zur Not einklagt
von Sandra Wright, Journalistin
Zuletzt überarbeitet: Februar 2023