Sprechen über den Tod

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Sprechen über den Tod

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, wie spricht man mit Kindern im Kindergartenalter altersgerecht darüber, dass ein enges geliebtes Familienmitglied (nicht im Haushalt lebend) gestorben ist? Was ist zumutbar und was sollte man Ihrer Ansicht nach vermeiden (vorheriger Abschied am geschlossenen Sarg, Begräbnis)? Vielen Dank für Ihre Rückantwort.

von aines77 am 11.02.2020, 13:01



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Hallo, das bestimmt in jedem Alter das Gegenüber. Jedes Kind, und jeder Mensch, kann momentan oder grundsätzlich eine andere Haltung dazu haben. Das erfährt man, wenn man nach der Mitteilung ehrlich antwortet und auch sein eigenes Gefühl nicht versteckt. Je selbstverständlicher (und nicht schon mit sorgenvollem Gesicht) man dieses Gespräch beginnt, je weniger man das Thema Tod zu etwas Besonderem macht, desto hilfreicher können Sie bei den Fragen des Kindes sein. Das Zwiegespräch kann dann auch für die Erwachsenen lehrreich und bereichernd sein, da die kindliche Sichtweise uns oft verloren gegangen ist. Sich darauf einzulassen kann eine Erweiterung für den eigenen Umgang mit dem Tod sein. Aus dem Gespräch ergibt sich dann auch, ob und wie das Kind seinen Abschied (und ob überhaupt) konkret gestalten will. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 12.02.2020



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Hallo, sei einfach ehrlich und offen für Fragen des Kindes. Sei für es da und beantworte seine Fragen. Wenn Du etwas nicht weißt, sag das ruhig. Um ein Kind nicht mit "Erwachsenenwissen" zu belasten, ist es meist hilfreich, Gegenfragen zu stellen ("Wie stellst du dir das denn vor?" "Was glaubst du denn?"). Dann weißt Du, auf was das Kind genau hinaus will und kannst "konkret" antworten, so, wie es das Kind gerade braucht. Ich persönlich würde ein Kind auch in diesem Alter mit zum Sarg und zum Begräbnis holen, wenn es nicht ausdrücklich dagegen ist. Ich würde aber eine Vertrauensperson für das Kind mitnehmen, die mit ihm die Beerdigung verlassen kann, wenn es dem Kind zu viel wird. Auch wenn sich das jetzt vielleicht hart anhört: Das Sterben gehört ja zum Leben dazu, und je weniger man dies tabuisiert, desto einfacher macht man für Kinder den Umgang damit. Viele Grüße

von Mamamaike am 11.02.2020, 20:08



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Such mal nach "Lebe wohl lieber Dachs". Das hatte ich als Kind. Vielleicht ist das was für euch.

von Mama-von-Linchen am 12.02.2020, 09:14



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe bitte noch eine Frage: Ich habe immer wieder gelesen, man soll nicht sagen, der Tote ist im Himmel, da der Himmel dann was Negatives für das Kind sein kann oder auch, der Tote sei eingeschlafen oder krank gewesen, da die Kinder dann Ängste entwickelt können, wenn sie schlafen gehen oder krank sind. Das Kind ist sensibel und ich möchte es behutsam "informieren", dass ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Aber mir fehlen leider im Moment einfach die passenden Worte, um es zu erklären. Wo ist der Mensch jetzt und was bedeutet es zu sterben? Für einen altersgerechten Vorschlag wäre ich sehr dankbar.

von aines77 am 12.02.2020, 13:05



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Ich würde dem Kind mitteilen, dass die Person gestorben ist. Und dann würde ich fragen, ob das Kind weiß, was das ist. Und ab dann würde ich nur noch fragen, um die Haltung und Einstellung des Kindes zu verstehen. "Was passiert denn, wenn man gestorben ist " und mich von den Antworten leiten lassen, die Begriffe des Kindes befragen (was ist Himmel, wer ist da, was sind Engel, usw., je nachdem, welche eigenen Begriffe das Kind benutzt). Wenn Sie offen sprechen, nicht ein festes Ziel verfolgen, mitschwingen, wird das schon gut laufen. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 12.02.2020



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Huhu, sag doch einfach die Wahrheit, so wie Su sie verstehst. Ob Du sagen solltest, dass der Tote im Himmel sei, das hängt natürlich davon ab, ob Du das glaubst. Wenn Du das glaubst, dann kannst Du ja auch beschreiben, was Du davon glaubst, und dazusagen, was Du dir darunter vorstellst - und viellleicht, dass man es aber im Endeffekt nicht weiß. Warum sollte der Himmel dann etwas negatives sein? Vielleicht glaubst Du ja auch an etwas ganz anderes, und dann kannst Du doch auch das erläutern. Vielleicht ist derjenige auch da, wo er vor der Geburt war oder wird wieder zu Erde und führt damit den Kreislauf des Lebens fort oder... Ich glaube allerdings tatsächlich, dass man Kindern mit Euphemismen wie "einschlafen" nicht hilft. Das jemand vorher (schlimm) krank war, und die meisten Leute nicht einfach so umfallen und tot sind, das kann allerdings für ein Kind auch hilfreich sein, denn sonst könnte es ja auch passieren, dass eine enge Bezugsperson einfach so stirbt, und das ist wahrscheinlich bedrohlicher, als wenn man sagt, dass jemand vorher die schlimme Krankheit XY hatte und deshalb gestorben ist. Alles Gute!

von zweizwerge am 13.02.2020, 10:01



Antwort auf: Sprechen über den Tod

Hei, unser Sohn war knapp 2,5, als seine kleine Schwester starb. Ist natürlich eine andere Situation als bei euch. Wir haben ihn in alles mit einbezogen. Ich hab ihn mit Hilfe von Kinderbüchern versucht zu erklären, was gerade passiert. Mein Mann und ich haben jeweils vorher erklärt, was passieren wird. Wir waren vorher auf dem Friedhof und haben versucht klar zu machen, dass dort der Körper seiner kleinen Schwester hin gelegt wird, sie selbst aber weiter im Himmel lebt. Wir glauben selbst daran. Die Beerdigung hat er gut überstanden, er durfte im Vorfeld ihr ein Kuscheltier in den Sarg legen und hat dann mit Papa zusammen den Sarg zugemacht. Auf dem Weg zum Friedhof hat er die Verknüpfung zwischen der Beerdigungsszene aus dem Buch, das ich für ihn geschrieben habe, und dem, was er aus unseren Erklärungen, was passieren würde gezogen. Das ganze ist jetzt 16 Monate her. Sie ist immer wieder Thema und er kämpft sich auch mit dem Konzept des Himmels noch durch. Aber er stellt seine Fragen, die wir versuchen sio ehrlich wie möglich zu beantworten und dann ist auch wieder eine Zeitlang gut. Uns hat das Buch “der Himmel ist ein Geschenk des Himmels“ geholfen. Ansonsten gibt es auch bei uns tiergestützte Trauerbegleitung für Kinder, was wir seit Januar 2019 mit ihm machen. Vielleicht gibt es so etwas ja auch bei euch. Je nachdem, wie eng der Verstorbene mit eurem Kind war. Von einer Freundin, die ein ähnliches Schicksal hatte wie wir weiß ich, dass das Thema Tod und seine Schwester regelmäßig wieder auf kamen und er je nach Entwicklungsstand immer wieder neue Fragen gestellt hat. Das kann manchmal verunsichern, aber bietet auch die Chance für tiefe Gespräche. So haben wir das zumindest um den Jahrestag unserer Kleinen erlebt. Er wollte immer wieder die Geschichte hören, was passiert ist und hat dann viele Fragen gestellt. Jetzt gerade ist wieder Ruhe. Es gibt auch ein gutes Sachbuch eure Kinder trauern“, das ich sehr hilfreich fand. Alles Gute euch.

von Cymbeline81 am 24.02.2020, 06:54



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