Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Probleme mit Loslösung wegen stillen?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Probleme mit Loslösung wegen stillen?

Annajot84

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Hallo Mein Sohn ist 19 Monate und wird noch zum Abend vor dem Schlafen gehen, zur Nacht zwei drei mal und zum aufwachen gestillt. Er liebt das stillen und meinen Busen über alles . Auch zum einschlafen oder wenn er sich Trost holen will, steckt er seine Hände in mein T-Shirt und knetet meinen Busen. Ich habe bis vor kurzem auch noch liebend gerne gestillt und wünschte jede Mama könnte solch eine wundervolle Erfahrung machen! Mein Sohn ist ein willensstarkes, mutiges und sehr neugieriges Kind, er kuschelt sehr gerne, vor allem mit mir, alles Gut soweit. Er ist allerdings immer schon sehr Mamafixiert. und generell doch sehr anhänglich, will viel von mir getragen werden. Ich darf zB damals wie heute nicht aus dem Raum gehen ohne dass der Kleine mit will uä. Er hat eine gute Bindung zu meinem Partner, aber eben zu mir am meisten. Jetzt wurde mir vor kurzem gesagt, dass das Kind immer noch so sehr anhänglich mit mir sei, da es sich eben die Beruhigung über mich bzw das stillen, den Busen holt und es daher noch keine Selbstberuhigung gelernt hat. Ich bin zwar eh ganz sachte und langsam am, abstillen, weil für mich nun der Zeitpunkt gekommen ist wo ich merke dass es reicht, aber dieser Rat hat mich trotzdem verunsichert. Kann mein Kind sich nicht lösen weil ich ihm zu viel "Busenbindung" gebe? Mir wurde dann auch geraten das ganze in einer Hauruckaktion zu machen. Das fühlt sich für mich allerdings ganz ungut an. Ich habe zB vor ein paar Wochen noch zum einschlafen gestillt, habe ihm erklärt dass ich jetzt weniger stillen mag und mein Busen jetz dann Ruhe will . Er fand es zwar blöd und war sauer, aber hat es die Tage sehr schnell kapiert. Jetzt fragt er zwar Abends immer noch mal danach akzeptiert es aber sofort wenn ich sage ne, wir kuscheln. und schläft dann mit rum tragen ein. Jetzt beginne ich Morgens zu reduzieren und wenn das klappt dann dachte ich Nachts immer etwas weniger, ist das ok so? LG und danken für ihre Zeit.


Biggi Welter

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Liebe Annajot84! Von einer Hauruck-Aktion würde ich dir persönlich abraten, denn das könnte eine traumatische Erfahrung für dein Kind werden. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase, aber dein Kind spürt jetzt deine Unsicherheit und das ist etwas, was Kinder extrem schlecht vertragen. Kinder brauchen Klarheit und Zweifel sowie Unsicherheit der Eltern verwirren sie und beeinflussen ihr Verhalten, so dass sie z.B. besonders klammern oder eben sehr lange und häufig an der Brust trinken. Das Problem ist nicht das Stillen - das in diesem Alter außerdem noch vollkommen normal ist, denn statistisch gesehen findet ein selbstbestimmtes Abstillen meist irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag statt - sondern der Druck, der von außen auf dir lastet.




Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen.

Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. 


Auch ich war damals verunsichert und wurde als Glucke und sonst was bezeichnet ;-). Heute sind meine Kinder meine größten Stützen und ich weiß, dass Achtsamkeit nichts mit Verwöhnen zu tun hat.
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass niemand fragt „Wann muss das Kind selbstständig atmen lernen" oder „Wann muss das Kind frei laufen können"? Beim ersteren geht jeder davon aus, dass dies eine Fähigkeit ist, die ein gesundes Kind selbstverständlich beherrscht und bei zweiten wird eine große Zeitspanne von vorne herein als normal angenommen. Nur beim Stillen, da wird dem Kind nicht die Kompetenz zugestanden, dass es auch diese Fähigkeit selbst und in dem für es passenden Tempo entwickeln wird. Da wird immer wieder behauptet, dass die Eltern das Kind entsprechend „trainieren" müssen.

Lass dir Zeit beim Abstillen, denn die habt ihr! Sprich mit deinem Kind darüber, dass eure Stillzeit nun langsam zu Ende geht und zeige ihm, dass du es selbstverständlich noch genau so lieb hast wie schon immer. Du entziehst ihm die Brust aber nicht dich selbst und deine Liebe.

Vielleicht versuchst du es damit, die Stillzeiten immer weiter zu verkürzen. Damit meine ich, du stillst dein Kind eine bestimmte Zeit und dann nimmst du es sanft von der Brust und streichelst es, kuschelst mit ihm, bietest ihm zusätzlich ein Kuscheltier oder eine Schmusedecke an usw. Im Laufe der Zeit verkürzt du die Zeit an der Brust immer mehr.

Ich möchte dir nun noch ein paar nicht so drastische Methoden ein Kind abzustillen beschreiben. Vielleicht findest du etwas, was dir zusagt. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat, heißt „biete nicht an, lehne nicht ab“. Das bedeutet, dass du deinem Kind die Brust nicht von dir aus anbietest, aber auch nicht ablehnst, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt.
Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, deine Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Du musst die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass ihr viel häufiger Ausflüge zu Orten unternehmt, die deinem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern.
Es kann auch ablenkend wirken, wenn du dein übliches Verhalten in bestimmten Situationen veränderst. Wenn du zum Beispiel sitzen bleibst anstatt dich hinzulegen, wenn du dein Kind zum Einschlafen bringst. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug.
Manchmal bringt es dich auch weiter, wenn du das Stillen immer dann, wenn dein Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebst. Das kannst du flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeitausfallen zu lassen.
Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst deinen Sohn eine kleine Weile anlegen und ihn dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten.

Ihr könnt ein festes Ritual mit Kuscheln und Vorlesen oder Geschichte erzählen einführen. Viele Eltern beginnen auch bereits bei einem wenige Monate alten Baby damit, den Tag am Abend noch einmal Revue passieren zu lassen und so ein Gespräch (das sich im Laufe der Zeit dann entwickeln wird) über die Erlebnisse, Freuden, aber auch Sorgen und Nöte des Kindes zu führen. Durch solch ein Gespräch bleiben Eltern dann auch in engem Kontakt mit ihrem Kind und der leider viel beobachtet Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind kann entgegengewirkt werden.

Wenn dein Partner nicht einspringen kann, bleibt es an dir, euer Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist ein Nachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt, oft hilfreich.

Wichtig ist, dass dein Kind weiterhin deine Liebe und Zuneigung spürt und du nicht gleich die Geduld verlierst, wenn es nicht so schnell klappt mit dem Abstillen. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Probiere es einmal mit immer kürzerem Stillen und viel Kuscheln.

 Liebe Grüße
 Biggi


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