Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

nächtliches Stillen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: nächtliches Stillen

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Hallo, seit ein paar Wochen schläft unser Sohn Jonathan (5 Monate) nicht mehr gut. Er wacht nach dem Schlafengehen (ca. 23 Uhr, er schläft beim letzten Stillen ein) nach ca. 1-2 Stunden wieder auf, dann wieder nach ca. 2 Stunden etc. bis er dann morgens um 6 Uhr für ca. 1-2 Stunden wach ist. Danach schläft er dann wieder etwas. Wenn er nachts aufwacht, stille ich ihn, damit er wieder einschläft. Er trinkt dann auch ganz ordentlich, ich glaube aber nicht, dass er aus Hunger aufwacht, sondern eben wach wird und nicht wieder einschlafen kann. Ich habe das Gefühl, dass ich ihn lieber nicht stillen sollte, weil er das ja eigentlich nicht unbedingt braucht. Und ich will ihn auch nicht "voll-füllen", denn dann fühlt er sich vielleicht auch unwohl und wacht erst recht wieder auf, weil der Bauch drückt oder so. Ich bin auch unsicher, ob ich ihntagsüber lieber öfter stillen soll (zur Zeit stille ich ihn ca. 5-6 Mal tagsüber, insgeasmt 7-8 Mal in 24 Stunden), damit er auf jeden Fall "genug für die Nacht hat" oder ob er sich dadurch angewöhnt, dass die Mahlzeiten in kurzen Abständen kommen udn das dann nachts ebenso erwartet. Wie verhalte ich mich richtig - tagsüber und nachts? Wie kann ich durch das "Stillverhalten" dazu beitragen, dass er besser (also länger am Stück) schläft? Vielen Dank!!! (bin schon ziemlich gefrustet...) Natalia


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? Liebe Natalia, wenn Sie mir nicht geschrieben hätten, wie alt Ihr Kind ist, hätte ich auf etwa vier bis fünf Monate getippt, denn Ihr Sohn verhält sich ganz typisch für dieses Alter. Es ist geradezu klassisch, dass ein Baby in diesem Alter anfängt nachts (wieder) häufiger aufzuwachen und auch wieder häufiger nach der Brust zu verlangen. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Milch nicht mehr ausreicht, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen „Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn dein Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass ein Baby am Abend oder aus über den Tag verteilt nur ausreichend „abgefüllt" werden müsse, um ruhigere Nächte zu erreichen. Die Fähigkeit länger zu schlafen, hängt nicht von der Art der Nahrung und auch nicht von der Menge der Nahrung ab. Das wurde inzwischen in Studien hinlänglich festgestellt und haben auch schon viele Eltern erkennen und erleben müssen. Es ist ein Reifungsprozess beim Kind, der von Kind zu Kind unterschiedlich schnell verläuft. Selbst wenn Sie jetzt am Abend eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung oder Beikost geben würden, dann wäre das keine Garantie für ruhigere Nächte. So anstrengend es auch sein kann: es ist nicht unnormal, dass ein so kleines Baby nachts mehrfach - auch im Zweistundenrhythmus - aufwacht. In der Frage, ob ein Baby ab einem gewissen Alter nachts noch etwas zu essen (oder zu trinken) braucht, scheiden sich die Geister ganz gewaltig. Aber auch ältere Kinder haben nachts Hunger. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Und auch eine Flasche oder ein Brei am Abend sind keine Garantie für lange Schlafphasen in der Nacht. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Außerdem ist das Stillen ja nicht nur reine Nahrungsaufnahme sondern viel mehr, so dass es sich keineswegs mit einer nächtlichen Flasche gleichsetzen lässt. Die Kunst besteht nun darin, einen Weg zu finden, dass sich Mutter und Kind wohl fühlen können. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Auch tagsüber können Sie versuchen, sich selbst Nischen zu schaffen, die Sie ganz gezielt für Ihre Erholung nutzen. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens „Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin (auch bei uns) erhältlich ist. Dr. Sears ist nicht nur Kinderarzt, sondern auch achtfacher Vater und aus seinen Büchern spricht nicht die graue Theorie, sondern auch eine ganze Menge Lebenserfahrung im Zusammenleben mit Kindern. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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