Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Langzeitstillen beeinträchtigt psychische Entwicklung?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Langzeitstillen beeinträchtigt psychische Entwicklung?

Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi, vielen Dank für deine Hilfe am Sonntag am Telefon. Ich versuch es hier aber erst mal weiter mit der nächsten Frag eim Forum: Ich habe nochmal angefangen das Buch von der Pantley zu lesen. Drei Nächte lang hat unser Sohn zufällig auch 7-8 Std. am Stück geschlafen. Letzten Abend war das Einschlafen dann schon wieder sehr langwierig und in der Nach habe ich auch 2 Mal gestillt. WIr müssen wohl nach meinem KH aufenthalt noch einiges an Zeit einplanen bis wieder alles in guten Bahnen läuft. Gestern hat mich dann meine Heilpraktikerin aus der Bahn geworfen, bzw. habe mich werfen lassen. Sie stellte fest - vor dem Hintergrund eigene kritische Erfahrungen mit ihrem Erstegeborenen gemacht zu haben- das Stillen in diesem Alter nicht mehr gut sei, weil ich eine zu feste symbiotische Beziehung zu ihm aufrecht erhalten würde und ihn und mich damit beschränke. Das würde sich in der Pupertät durch starke Auseinandersetzungen rächen. Zudem hätte mein Sohn bestimmt kein Bedürfnis mehr in dieser Richtung, er würde nur intuitiv spüren, dass ich das brauche und sich deshalb so verhalten. Die WHO bestätigt doch das Gegenteil, oder hab ich das faslch im Kopf? Verunsichert hat sie mich trozdem, denn ich stille unseren Sohn ja nicht nur zum ins Bett gehen, sondern auch noch mittags und da biete ich es ihm an und warte nicht ab ob er es von alleine einfordert. Verärgert hat sie mich aber auch mit ihrem Halbwissen. Was ist denn an stillen im driten Jahr normal und wie siehts mit seiner Psyche aus? Alles nach wie vor sehr verworren. Liebe Grüße, montibaer


Biggi Welter

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Liebe montibaer, der Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs bewiesen. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Diese Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase. Die WHO empfiehlt nicht umsonst ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Die Ernährungsempfehlungen der WHO sind (in englisch) nachzulesen unter www.who.int/chd/publications/newslet/diaglog/9/feeding_young_children.htm . Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Die neueste Verlautbarung der American Academy of Pediatrics ist übrigens seh eindeutig. Dort steht nämlich „There is no upper limit to the duration of breastfeeding and no evidence of psychologic or developmental harm from breastfeeding into the third year of life or longer“. (Es gibt keine Obergrenze für die Stilldauer und keinen Beleb für Schädigungen hinsichtlich der Psyche oder der Entwicklung, wenn bis in das dritte Lebensjahr oder länger gestillt wird). Es wird immer wieder behauptet, dass Stillen nach Bedarf und auch Langzeitstillen zu Abhängigkeiten führe oder gar der Sucht Vorschub leiste. Es ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. Durch die Befriedigung der Bedürfnisse muss das Kind keinen Ersatz suchen und somit verringert sich die Suchtgefahr. Sucht bedeutet ja, dass ein Ersatz gesucht und verwendet wird, weil ein Bedürfnis nicht gestillt wurde. Der Gedanke, einem Kind die direkte Zuwendung denn Stillen ist ja nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern viel mehr zu entziehen und es dazu zu erziehen, sich an einem Objekt (z.B. Schnuller) die Ersatzbefriedigung zu suchen, führt dazu, dass das Kind auch später nach einem solchen Ersatzobjekt suchen wird. Wenn Du dich darüber näher informieren willst, wende dich an die Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen (um Frau Dr. Evelin Kirkilionis), Obere Dorfstraße 7 in 79400 Kandern. Unter anderem kannst Du dort Veröffentlichungen wie „Das Original anbieten bevor die Suche nach dem Ersatz beginnt" beziehen. Lass dich nicht verunsichern, dein Kind und Du genießen die Innigkeit beim Stillen und es gibt keinen Grund daran etwas zu ändern solange ihr beide euch damit wohl fühlt. LLLiebe Grüße Biggi


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Hallo montibaer, ich hoffe, ich darf mal was aus "Erfahrung" dazu schreiben, auch wenn ich nicht weiß, wie alt dein Kind ist. Ich habe meine Tochter 1 Jahr gestillt, meinen Sohn aber is er 32 Monate alt war und habe nur abgestillt, weil es wahrscheinlich aufgrund der dritten Schwangerschaft sehr schmerzhaft wurde. Mein Sohn hat sich zum einen völlig problemlos abstillen lassen, obwohl ich ihn zum Einschlafen, mehrmals nachts und mehrmals tagsüber noch gestillt habe. Zum anderen ist er selbstbewußt, ausgeglichen und fröhlich. Wie natürlich die "psychische Entwicklung im Teenageralter" dann aussieht, weiß ich nicht, aber da hat Biggi sicher gute Erfahrungen zu berichten. Unser drittes Kind wird, wenn es klappt, wieder so lange gestillt, bis es nicht mehr will oder ggf eine vierte Schwangerschaft das Stillen nochmals erschwert. Ich glaube absolut NICHT, dass LZ-Stillen negative Auswirkungen haben kann, wenn es von beiden gewollt ist. Sonnige Grüße EstherK


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