Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Langsames Abstillen in der Nacht

Frage: Langsames Abstillen in der Nacht

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Hallo Biggi, wie kann ich denn erreichen, daß mein 8 Monate alter Sohn nachts nicht mehr so oft, bzw. gar nicht mehr an die Brust möchte. Ich hätte doch ganz gerne, daß er so langsam lernt durchzuschlafen. Mein Problem dabei ist, daß ich nicht weiß, ob er während der Nacht Hunger oder Durst hat. Denn er ißt abends nicht so viel. Ich erzähle Dir mal kurz was er zu essen bekommt. Morgens gebe ich ihm die Brust, wobei er dabei unersättlich ist, er will dann alle halbe bzw. volle stunde an die Brust, ist das denn normal, es nervt mich irgendwie. Im laufe des Vormittags bekommt er etwas Obst, mittags sein Mittagsessen, zwischendurch stille ich ihn und nachmittags nochmal etwas Obst. Vor dem Schlafgehen hatte ich ihm eine zeitlang versucht Milchbrei zu geben, aber er mag es nicht so besonders. Alternativ habe ich ihm Milchreis aus dem Gläschen angeboten, das schmeckte ihm wohl besser. Wenn er davon dann soviel gegessen hat, bis er keine Lust mehr darauf hat, kann ich dann davon ausgehen, daß er bis zum morgen genug hat? Ich habe ihm auch schonmal versucht die Milchflasche zu geben, das lehnt er aber kategorisch ab. Wenn ich Wasser zu trinken gebe, ist es dann besser ihm stilles Wasser zu geben, oder kann es auch etwas Kohlensäure haben? Im voraus schon mal vielen Dank für Deine Hilfe. LG Susan


Biggi Welter

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Liebe Susan, es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Baby in diesem Alter nachts oft aufwacht und dann Trost, Ruhe und Geborgenheit an der Brust sucht. Dies ist keine „schlechte Angewohnheit" sondern ein Bedürfnis des Menschenbabys (und auch noch des Kleinkindes). Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft und auch das Durchschlafen ist nicht vorgesehen. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Ein Kind schläft „durch", wenn es reif genug dazu ist. Gerade im Alter von acht Monaten gibt es unzählige Gründe, warum ein Kind NICHT durchschläft. Das liegt jedoch nicht unbedingt an der Ernährung, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Ein Kind „muss" überhaupt nicht durchschlafen, ob gestillt oder nicht. Das klingt jetzt sehr provozierend, doch inzwischen bekomme ich schon manchmal die Krise, wenn es immer wieder so dargestellt wird, als ob Eltern oder Kinder „das Klassenziel nicht erreicht haben" weil das Kind ab einem bestimmten Alter nicht durchschläft. Jedes Kind hat seinen eigenen Zeitplan und wenn das Kind so weit ist, dass es durchschlafen kann, dann wird es das auch tun, genau so wie es zu dem für es richtigen Zeitpunkt laufen, sprechen und auf einem Bein stehen können wird. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Hab ein wenig Geduld mit dir und deinem Kind und lass dein Baby Baby sein. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin bekommen kannst. Wasser ohne Kohlensäure ist für Babys meist bekömmlicher. Ich hoffe, Du bist nicht enttäuscht von meiner Antwort. LLLiebe Grüße Biggi


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