Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Lange Stilldauer und nicht sattes Kind

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Lange Stilldauer und nicht sattes Kind

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Hallo, die ersten sechs Wochen nach der Geburt wurde mein Sohn voll gestillt; leider war dabei die Gewichtszunahme sehr gering (in sieben Wochen nur von 2.840 Entlassungsgewicht auf 3.300 Gramm). Gleichzeitig schien er z.T. nach langen Stillmahlzeiten (1 Stunde) inkl. z.T. mehrmaligem Wechsel der Brust nicht wirklich satt (quengelte). Stillen erfolgte nach Bedarf, die Abstände sind zT kürzer, zT länger (je nach Effizienz der vorhergehenden Mahlzeit). Da unser Sohn stark an Blähungen und Verdauungsproblemen leidet, habe ich nur versucht, einen Mindestabstand zwischen den Mahlzeiten einzuhalten (auf Raten meiner Hebamme, damit nicht neue Milch auf halb verdaute Milch trifft). Seit zwei Wochen füttere ich auf Anraten der Hebamme zu, sofern Vincent nach den Mahlzeiten nicht satt und zufrieden erscheint (meist in Summe 200 ml pro Tag). Auch direkt nach dem Stillen kann mein Sohn problemlos 80ml aus der Flasche trinken. Seit dem Zufüttern nimmt er gut zu (ca. 200 - 250 Gramm pro Woche). Ich habe das Gefühl, dass bei mir zumindest bei manchen Mahlzeiten kein wirklicher Milchspendereflex einsetzt, d.h. dass jeder Tropfen mühsam "erobert" werden muss. Auch wenn das Zufüttern zu einer besseren Gewichtszunahme und erst einmal zu mehr Zufriedenheit führt, bin ich nicht ganz glücklich damit, da ich Angst habe, dass damit das Stillen bald ganz ein Ende finden wird. Was kann ich tun, um während der Mahlzeiten dafür zu sorgen, dass Vincent mehr Milch bekommt? Die lange Stilldauer, ohne danach ein sattes und glückliches Baby zu haben, ist für beide (Mutter wie Kind) eher frustrierend. Viele Grüße und danke vorab Monika


Biggi Welter

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Liebe Monika, Blähungen entstehen auch nicht von zu häufigem Stillen (was immer auch unter diesem Begriff "zu häufig" verstanden werden soll). Es ist ein Ammenmärchen, dass zwischen zwei Stillzeiten ein bestimmter Mindestabstand eingehalten werden müsste. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Eine Kollegin von mir hat einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht, den ich hier anhänge. Ich befürchte, dass Ihr Baby saugverwirrt ist und nicht mehr effektiv an der Brust trinken kann. Eine Saugverwirrung entsteht, wenn ein Kind mit dem Wechsel zwischen den Trinktechniken an Brust und künstlichem Sauger (dazu gehören Flaschensauger, Schnuller und Stillhütchen) nicht zurecht kommt und dann die Brust schlussendlich sogar verweigern kann. Das ist ein ernsthaftes Stillproblem, das schon viele Sorgen und Tränen bei Müttern und Kindern verursacht hat. So eine lange Stilldauer in Zusammenhang mit einer geringen Gewichtszunahme sind leider auch ein sehr deutlicher Hinweis auf ein Saug und/oder Anlegeproblem. Deshalb ist hier dringend angesagt, dass das Saugverhalten des Kindes kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert wird. Sinnvoll wäre evtl. auch ein Brusternährungsset. Mit dem Brusternährungsset ist es möglich, das Baby zuzufüttern, während es an der Brust der Mutter trinkt, so dass es die gesamte von ihr produzierte Milch erhält. Das Brusternährungsset regt zu gutem Saugen an der Brust an, stimuliert die Milchproduktion und vermeidet den Einsatz von Flaschen. Das Brusternährungsset besteht aus einem Behälter für die zugefütterte Flüssigkeit (einem Plastikbeutel oder einer Flasche), der an einer Kordel um den Hals der Mutter hängt und zwischen ihren Brüsten ruht. Eine dünne Schlauchverbindung geht von dem Behälter zur Brust der Mutter, wo der Schlauch so befestigt wird, dass sein Ende etwa sechs Millimeter über die Brustwarze hinausragt. Bei einigen Modellen besteht die Möglichkeit, den Schlauch im Deckel abzuklemmen, um zu verhindern, dass die Milch bereits fließt, bevor das Baby saugt. Es gibt über verschieden dicke Schläuche je dicker der Schlauch, umso schneller fließt die Milch. Welcher Schlauch zum Einsatz kommt, hängt davon ab, wie wirkungsvoll das Baby saugt und welche Zufütterung es benötigt. Ein Brusternährungsset kann in der Apotheke bestellt werden oder über eine Stillberaterin oder die La Leche Liga bezogen werden. In Deutschland wird nur das Brusternährungsset der Firma Medela vertrieben. Am besten besprechen Sie mit einer kompetenten Stillberaterin in Ihrer Nähe, wie Sie vorgehen können. Die Kollegin kann Ihnen dann im persönlichen Kontakt gezielte Tipps und Hinweise geben, auch zum Thema Steigerung der Milchmenge und Wachstumsschübe. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi Woher kommt der Mythos vom "Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC \\plain"Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." \\plain"Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" \\plain"Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten "damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 - 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung "Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch "Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde - wie so oft - einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.


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