Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Geduldig bleiben oder abstillen?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Geduldig bleiben oder abstillen?

Emila

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Hallo, ich habe nicht direkt eine Frage, würde mich aber sehr über eine Einschätzung unserer Situation freuen, da mein Mann und ich uns nicht so richtig einig sind. Unser Sohn ist 11 Monate und wird gestillt. Tagsüber und abends zum einschlafen und nachts derzeit auch noch regelmäßig (ca 3-5x). Tagsüber isst er das Familienessen mit, auf Grund der Zähne mag er davon momentan nicht so viel und möchte daher an manchen Tagen noch einmal zusätzlich gestillt werden. Die Nächte sind teils sehr anstrengend, da ein ablegen zum alleine schlafen sehr selten und auch nur für ca 1h möglich ist. Den Rest der Zeit schlafen wir mit direktem körperkontakt. Am Abend noch mal aufzustehen und wegzugehen, daran ist nicht zu denken. Abgesehen davon, dass das Kind wach wird, sobald ich gehe, bin ich abends auch so kaputt, dass ich den Schlaf unbedingt nutzen muss. Mein Gefühl sagt mir, dass er das im Moment einfach braucht. Zum einen um wirklich Nahrung aufzunehmen (er ist ein sehr zartes Kind ohne viele Reserven) und zum anderen um die Nähe und Sicherheit zu haben. Den Tag über düst er viel durch die Gegend, sodass er abends/nachts den Akku mit Mama-Zeit wieder auflädt. Laufen lernen, Zähne bekommen, wachsen und mehr von der Welt verstehen ist einfach eine Menge auf einmal. Mein Mann kommt mit der Situation schwierig zu recht, da in seinen Augen wohl das stillen „schuld“ daran ist, dass ich die Abende und Nächte so gebunden bin, also wenig zeit zu zweit bleibt, dass er das Kind nicht zum schlafen bekommt und der kleine sehr auf mich fixiert ist im allgemeinen. Deshalb wäre es meinem Mann am liebsten, ich würde abstillen. Das Stillen war zu Beginn super schwierig, wir haben und von fast komplett Pre zu fast komplett stillen zurück gekämpft und es war für mich genau die richtige Entscheidung und ich hoffe auch für unser Kind. Die aktuelle Situation ist für mich persönlich zwar anstrengend, aber das ist okay so und stört mich nicht. Ebenso denke ich, dass mit dem Abstillen die Nächte nicht leichter werden, das Kind nicht plötzlich alleine in seinem Bettchen schläft, während ich gemütlich aufm Sofa sitze und nen Film gucken kann. Ich würde einfach geduldig bleiben und ihm die Zeit geben, die er braucht. Ich denke auch, dass es leichter oder anders wird, wenn er mehr versteht und man manches besser erklären kann. Wir sind nicht auf fremdbetreuung angewiesen, sodass auch in der Hinsicht kein Druck da ist. Ich würde mich über eine Einschätzung freuen, ob ich da auf dem richtigen Weg bin oder ob Abstillen doch eine Chance auf Erleichterung bringt. Vielen Dank und viele Grüße Emila


Biggi Welter

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Liebe Emila, du genießt die Stillbeziehung zu deinem Kind und es steht außer Frage, dass auch dein Kleiner das Stillen genießt. Aber dein Mann kann dein Stillen nicht (mehr) unterstützen und mittragen. Setze dich doch einfach einmal mit deinem Mann in einer ruhigen Stunde zusammen. Sprich mit ihm über deine Gefühle dem Stillen gegenüber und frage ihn nach seinen Empfindungen. Vielleicht ist es gar nicht so sehr das Stillen, was deinem Mann Probleme bereitet, sondern das Gefühl der Ausgeschlossenheit, das er möglicherweise verspürt, wenn er die innige Beziehung zwischen dir und Eurem Sohn erlebt. Ganz wichtig dürfte das offene Gespräch mit deinem Partner sein, so dass ihr beide die Sichtweise des anderen nicht nur hören, sondern auch verstehen könnt. Sprich wirklich offen mit deinem Partner über deine und seine Gefühle. Selbst wenn du jetzt komplett abstillen würdest, würde dein Baby wahrscheinlich nicht besser schlafen und du müsstest es auf andere Weise beruhigen, das muss auch deinem Mann bewusst sein. Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. 

 Hast du schon einmal den so genannten Kinn-Trick ausprobiert?
Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen…probiere es mal aus. 

 Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
 In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Sohn weiterentwickelt!

 Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. 

 Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! 

 Ich hoffe, Ihr findet einen gemeinsamen Weg, der für Euch alle passt! Ganz liebe Grüße Biggi


Emila

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Vielen Dank für deine Worte. Ich werde es meinem Mann einmal zum lesen geben, vielleicht ist das noch mal ein anderer Ansatz, um diesbezüglich ins Gespräch zu kommen. Bisherige Versuche sind da leider nicht erfolgreich gewesen. Von meinem Bauchgefühl her, ist es richtig so, wie es gerade ist.


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