Mitglied inaktiv
Liebe Frau Welter, ich fühle schon seit einigen Wochen, dass es für mich so langsam an der Zeit ist abzustillen. Jasper ist jetzt etwas über 8 Monate und ein ausgesprochenes Brustkind. Er liebt es einfach gestillt zu werden und ich liebe es auch immer noch. Habe fast 7 Monate voll gestillt. Er bekommt seit einigen Wochen Breie, die er mal mehr, mal weniger begeistert nimmt. Alles in allem ist er sehr proper (11 kg) und gut drauf Es kann noch keine Rede davon sein, dass wir Mahlzeiten "ersetzen". Die Verhältnisse haben sich verändert. Wenn ich da bin, trinkt er Milch nur aus der Brust. Ich arbeite 30 Stunden/Woche an 4 Tagen, von denen ich zwei zu Hause arbeite. Wenn ich nicht da bin, trinkt er inzwischen weder frische abgepumpte, noch aufgetaute Mumi noch Fertigmilch. Das ging bis vor kurzem viel besser. Was ist nun mein Problem? Hm, ich spüre ganz deutlich, so langsam wird es Zeit abzustillen, ich möchte unabhängiger sein, will wieder meine normale Busengröße zurück (mein Busen hat 4 Körbchengrößen zugenommen)und noch x Gründe etc etc. Ich mache mir schon einige Wochen Gedanken, wie ich das Thema denn nun verträglich anstelle. Es liegt mir sogar etwas auf der Seele. Auf der anderen Seite ist mein Sohn ein richtiges Brustkind. Er liebt es einfach und freut sich immer sichtlich auf seine Stillmahlzeiten. Wenn er mal ganz traurig ist, hilft außer der Brust immer noch rein gar nichts. Er schläft fast nur an der Brust ein, das ging vorher auch schon mal ein bißchen besser. Ich habe Fracksausen, wie ich das hinkriegen soll. Ich bin nicht so "hart", dass ich ihm die Brust verweigere, wenn er danach verlangt. Verzögerungstaktiken etc. habe ich bereits ausprobiert. Wie kriege ich das hin, ohne mich einerseits Scheiße zu fühlen und Angst haben zu müssen, dass ich das nicht durchstehe. Ich möchte nichts übers Knie brechen aber auch nicht stillen bis er 1,5 Jahre alt ist oder älter. Frau Welter, ich freue mich auf Ihre Tipps und Erfahrungen. Vielen Dank.
Liebe Elsaroge, viele Frauen erleben zwischendurch eine Phase der Stillmüdigkeit. Sie wünschen sich wieder mehr Freiraum für sich und auch wieder mehr Verfügungsrecht über Ihren Körper. Dieses Gefühl kennt vermutlich jede Frau, die längere Zeit stillt. Doch das ist letztlich nicht wirklich etwas, was sich durch Abstillen erreichen ließe, denn es ist nicht wirklich so, dass das Stillen die Frau "anbindet" und müde macht, sondern es ist die Mutterschaft. Wir alle haben irgendwann oder immer wieder einmal Sehnsucht nach dem Leben v.K. (= vor dem Kind) als "Mama noch eine Frau war". Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Und an dieser Tatsache ändert sich nichts, ob frau nun stillt oder nicht. Selbst wenn eine Mutter ihr Kind vorübergehend in die Betreuung durch Vater, Großmutter oder Babysitter gibt, bleibt sie die Mutter und wird das Kind nicht aus ihren Gedanken streichen können oder die Verantwortung dafür abgeben können. Abstillen gibt keiner Frau das Leben vor dem Kind wirklich zurück. Sie müssen sich bewusst sein, dass sich durch das Abstillen ihr Leben keineswegs auf wundersame Weise positiv verändern wird. Falls Sie diese Vorstellung haben sollten, könnten Sie eine herbe Enttäuschung nach dem Abstillen erleben. Ihr Sohn spürt, dass Sie sich ihm entziehen wollen und das macht ihn unsicher, so dass er noch mehr "klammert", noch stärker Ihre Nähe und die Geborgenheit an der Brust sucht. Das Abstillen jetzt mit aller Macht "durchziehen" zu wollen, wird viel Kraft und Tränen bei allen Beteiligten fordern. Für Ihr Baby ist das Stillen viel viel mehr als nur Nahrung. Vielleicht können Sie sich noch ein wenig gedulden und erst einmal wieder etwas Ruhe einkehren lassen. Ein paar Tage keinerlei Versuche mit der Flasche und einfach nur Stillen nach Bedarf und das Anbieten von Beikost auf der einen Seite und viel Erholung und Entspannung für Sie selbst auf der anderen Seite. Lassen Sie den Stress so gut es geht beiseite und unternehmen Sie etwas, was für Sie, Ihren Partner und Ihr Kind angenehm ist. Ob dies nun ein Ausflug in ein Thermalbad, ein paar gemütliche Stunden auf dem Sofa oder vielleicht auch ein gemeinsamer Ausflug von Vater und Sohn während Sie sich etwas ganz alleine für sich tun ist, können nur Sie wissen. Sobald sich dann die Situation etwas entspannt hat und wenn Sie für sich ehrlich alles Für und Wider des Abstillens abgewogen haben und sich nun sicher sind, dass Sie abstillen wollen (oder vielleicht eben doch nicht: ), überlegen Sie, wie Sie das Abstillen angehen werden. Sie haben verschiedene Möglichkeiten: Sie bieten Ihrem Sohn zunehmend mehr Beikost an und ersetzen so das Stillen immer mehr durch feste Nahrung. Zusätzliche Flüssigkeit bieten Sie aus dem Becher an und im Laufe der nächsten Monate wird Ihr Kind dann allmählich immer mehr feste Nahrung essen und immer seltener gestillt. Auf diese Weise können Sie bis etwa zum ersten Geburtstag abstillen, ohne jemals eine Flasche zu benötigen. Sie wollen schneller abstillen und da ihr Kind noch ein recht hohes Saugbedürfnis haben dürfte, braucht es eine Möglichkeit dieses Saugbedürfnis zu befriedigen. Dann können Sie zunächst genau so vorgehen, wie oben beschrieben, bieten ihrem Kind aber einen Ersatzgegenstand an, der sich zum Saugen eignet. Das kann die Flasche sein, es kann aber auch ein Schnuller oder ein Kuscheltier oder Schmusetuch sein. Sie können auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Sie können Ihr Kind eine kleine Weile anlegen und ihn dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Womöglich wäre "punktuelles Abstillen" eine Lösung für Sie. Es ist eine Alternative zum vollständigen Abstillen. Damit meine ich, dass zu bestimmten Zeiten nicht mehr gestillt wird oder Sie versuchen Ihr Kind davon zu überzeugen, nach einer ausreichend langen Zeit an der Brust, etwas anderes zu tun. Wichtig ist, dass Ihr Kind spürt, dass Sie ihm zwar die Brust entziehen, nicht aber Ihre Liebe. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Außerdem möchte ich Ihnen das Buch "Wir stillen noch über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen. Das Buch ist im Buchhandel oder bei der La Leche Liga und bei jeder LLL Stillberaterin oder im Stillshop auf dieser Seite erhältlich. LLLiebe Grüße Biggi
Mitglied inaktiv
Liebe Frau Welter, ganz vielen herzlichen Dank für Ihren langen Beitrag. Ich fühle immer mehr, dass alles was man ändern möchte, zu allererst im Kopf 100 % entschieden sein muss. Ohne festen Entschluss zu haben geht halt gar nichts. Ich gebe Ihnen völlig recht, wenn Sie schreiben, dass mein SOhn merkt, dass ich mich entziehen möchte und seine Reaktion darauf, sich etwas mehr an mich zu klammern. Das Thema 365Tage im Jahr verantwortlich zu sein, habe ich für mich gut verinnerlicht. Darüber hinaus habe ich riesige Unterstützung von meinem Mann, er gehört zu den 5 % Elternzeitmännern. Wir machen das also beide. Eine Zeit lang hatte ich immer die Befürchtung, mein Sohn könnte verhungern, wenn ich unterwegs bin und evtl. in einen Stau gerate o.ä. Ich denke es hat bei mir auch einiges zu tun damit, dass ich selber zu kurz gekommen bin und das nun wieder "gut" machen will. Außerdem wollte ich ganz lange keine Kinder und kann das jetzt gar nicht mehr verstehen, weil mein Sohn mich zu einer wirklich begeisterten Mutter gemacht hat. Es ist also wie immer eine Kombination aus Kopf und Herz. Ich habe unbewusst schon so reagiert, wie Sie geschrieben haben - erstmal warten. Ich hoffe ja immer, dass er sich selber abstillt - aber ich fürchte, darauf warte ich vergebens. Nochmal ganz liebe Grüße und REspekt für Ihre ausführlichen Antworten Gruß Ellen
:-) Danke für Ihre lieben Zeilen, ich freu mich. LLLiebe Grüße Biggi
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