Die Bedeutung der Brust für das Baby

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Die Bedeutung der Brust für das Baby

Guten Abend Frau Welter, Jacob ist nun fast 16 Wochen alt und wird noch immer voll gestillt. Das Stillen klappt mittlerweile auch sehr gut und er gedeiht auch sehr gut: niedrigstes Gewicht waren 3650g und nun wiegt er knapp 7000g. Soweit so gut. NUR: er schläft ausschließlich an der Brust und mit der Brust ein. Tagsüber stört mich das weniger aber nachts habe ich bemerkt, dass er sehr unruhig ist immer wieder die Brust sucht, nicht etwa zum trinken sondern einfach so. Wir sind letztens bei 1,5 Stunden Rhythmus nachts angekommen. Vor einigen Tagen habe ich daher begonnen die Abendsituation zu verändern: ich gehe mit ihm ins Bad, mache ihn bettfertig, gehe dann ins Schlafzimmer und stille ihn. ABER ich stille ihn nicht mehr im liegen sondern im sitzen UND ich lege ihn dann in sein Bettchen (ist direkt an unseres abgeschlossen). Er weint dann natürlich und er steigert sich richtig rein. Ich liege neben ihm und halte meine Hand auf seinen Bauch, summe leise. Nach 10-15 Minuten wird er dann ruhig, seine Händchen entspannen sich, er schaut mich mit seinen Augen an bis sie immer schwerer werden und er schleißlich einschläft. Ich beobachte, dass der seither sehr viel ruhiger und besser schläft nachts. Die 1,5 Stunden haben sich verlängert auf 2-3 Mal. Aber: es tut mir jeden Abend weh wenn er weint und das obwohl ich weiss, es ist begrenzt uns ich ja bei ihm bin und er mich spüren kann. Ist dieses Vorgehen sehr bedenklich? Ich will ihm auf keinen Fall einen seelischen Schmerz zufügen. Wieso ist er so auf die Brust fixiert? Genüge ich ihm denn anderweitig gar nicht? Ich bin doch da für ihh, ganz körperlich, nur eben die Brust nicht. Wäre dankbar für Ihre Einschätzung. Liebe Grüße

von FrauvonWunderfitz am 28.02.2014, 19:26



Antwort auf: Die Bedeutung der Brust für das Baby

Liebe FrauvonWunderfitz, Ihr Baby ist erst 16 Wochen alt und ich persönlich halte in diesem Alter nichts von Einschlafprogrammen. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt! Hast Du es schon einmal mit dem Kinn-Trick" probiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-). Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist. Damit kannst du deinem Mann vielleicht nahebringen, warum Schreienlassen NICHT der richtige Ansatz ist... http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 28.02.2014



Antwort auf: Die Bedeutung der Brust für das Baby

Vielen Dank für die Info und auch für die Literaturhinweise! Ist mir gaaaaanz wichtig dem kleinen Spatz nicht zu schaden und offensichtlich wäre es das ja, selbst wenn ich körperlich anwesend bin? Aber: mein Mann hat sie noch gar nie über ein weinendes Baby beschwert :-) LG Lucy

von FrauvonWunderfitz am 01.03.2014, 12:34



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