Frage: Dauerstillen am Abend

Guten Tag, mein kleiner Sohn ist nun drei Wochen alt und bereitet uns viel Freude. Ab dem späten Nachmittag allerdings geht bei uns das Dauerstillen los. Wiederholt stille ich ihn durchweg über Stunden. So gestern von 16h an bis 22h, davor von 18h bis 1h. Lediglich kleine Pausen, die aber nicht der Rede wert sind. Vom Cluster-Feeding habe ich bereits gelesen. Je später es jedoch wird, desto energischer fordert er die Brust. Es endete damit, dass ich ihm eine bereits abgepumpte Muttermilch erwärmte und zufütterte. Er trank sie innerhalb kurzer Momente komplett auf und war erst ab dann ruhiger. Ist Dauerstillen über so lange Stunden hinweg normal? Wie soll man das auf Dauer leisten? Wie kommt es, dass er nur nach dem Zufüttern ruhiger wurde? Liegt es an meiner zu geringen Muttermilchmenge?

von Sophiiie am 30.11.2017, 07:12



Antwort auf: Dauerstillen am Abend

Liebe Sophiiie, das„Marathonstillen“ ist in diesem Alter so weit verbreitet, dass es als „normal“ angesehen werden sollte. Der Fachausdruck dafür lautet „Cluster Feeding“. So kleine Babys wollen häufig, aber vor allem in unregelmäßigen Abständen gestillt werden und fast alle Babys haben eine Tageszeit, zu der sie fast ununterbrochen an der Brust trinken (oder auch nur nuckeln) wollen. Das Nervensystem eines Babys ist ständigen Reizen ausgesetzt und während des Tages sind das viel mehr Reize als in der Nacht. So ist es nicht erstaunlich, dass sich bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend einiges aufgestaut hat und das Kind dann „über" reizt ist und sich wieder abreagieren und beruhigen muss. Dazu kommt, dass auch die Mutter nach einem langen Tag ebenfalls mehr oder weniger stark belastet und gestresst ist und sich die Gefühle und Stimmung der Mutter auf das Kind übertragen. Ein weiterer Punkt ist der Prolaktinspiegel der Mutter. Damit Milch gebildet wird, braucht die Frau (vor allem in den ersten Wochen der Stillzeit) eine gewisse Prolaktionausschüttung, die durch das Saugen des Kindes angeregt wird. Das „Marathonstillen" am Abend sorgt dafür, dass die Prolaktinausschüttung angeregt wird und dem Kind dann im weiteren Verlauf genügend Milch zur Verfügung steht. Das Marathonstillen kann für Sie sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Darum raten wir erst dann zur Gabe von künstlicher Milch, wenn keine andere Maßnahme geholfen hat - oder das Kind deutlich zu wenig zugenommen hat! Ich kann Ihnen gerne empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 30.11.2017



Antwort auf: Dauerstillen am Abend

Danke für Ihre Antwort! Wie oben erwähnt fütterte ich meinem Kleinen abends nach dem Dauerstillen noch bereits abgepumpte Muttermilch zu. Diese Menge habe ich mir - das hatte ich nicht erwähnt - danach selbst abgepumpt bzw versucht die gleiche Menge abzupumpen, um kein Ungleichgewicht in Sachen Angebot und Nachfrage herzustellen. Kann ich dies fortführen oder hat das Pumpen hier einen Nachteil? Vielen Dank!

von Sophiiie am 30.11.2017, 09:13



Antwort auf: Dauerstillen am Abend

Liebe Sophiiie, das Zufüttern mit der Flasche könnte dazu führen, dass das Baby nicht mehr korrekt an der Brust trinkt und es zu einer Saugverwirrung kommen könnte. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Bei den Beruhigungssaugern handelt es sich um künstliche Sauger. Und unabhängig davon, ob sie auf einer Flasche oder als Beruhigungssauger Anwendung finden, können sich künstliche Sauger negativ auf das Stillen auswirken, Dies ist eines der Probleme, die sich aus dem Gebrauch von Beruhigungssaugern beim gestillten Baby ergeben können, insbesondere dann, wenn das Baby noch nicht gelernt hat, korrekt an der Brust zu saugen. Das Saugen an einem künstlichen Sauger unterscheidet sich wie bereits geschrieben grundlegend vom Saugen an der Brust. Der künstliche Sauger ist bereits vorgeformt und relativ steif. Die Brust ist weich und nachgiebig. Ein Schnuller kann in den geschlossenen Mund eines Babys gesteckt werden. Um die Brust zu erfassen, muss das Baby den Mund weit öffnen, die Brustwarze reicht dann weit nach hinten in den Mund, wo die Bewegungen des Kiefers und der Zunge nicht stören. Auch die Bewegungsmuster der Muskeln von Mund, Gesicht und Zunge, sind am künstlichen Sauger ganz anders, als an der Brust. Mit der Saugtechnik, die das Baby beim Trinken an einem Flaschensauger oder beim Nuckeln an einem Beruhigungssauger anwendet, kann es kaum Milch aus der Brust bekommen. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 30.11.2017



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Dauerstillen am Abend ?

Hallo Meine Tochter ist nun 8 Wochen alt, kam allerdings 4 Wochen zu früh auf die Welt. Unser Problem ist der frühe Abend so 18 Uhr. Da will sie ständig fast ununterbrochen an die Brust. Sie schreit und zappelt und sieht richtig frustriert aus als wenn sie zu wenig kriegt. Obwohl die letzte Mahlzeit 3 Stunden zurück lag. Woran kann das liegen, d...


Dauerstillen am Abend - Ich kann nicht mehr!

Hallo, meine kleinste Tochter ist 2 1/2 Monate alt und wird voll gestillt. Sie trinkt tagsüber ca. alle 2 Stunden, vormittags ist meist eine 3 Stündige Pause dazwischen. Zwischen 15.00 und 16.00 Uhr werden die Abstände dann aber weniger (Stündlich) bis ich dann von 18/19-22.00 Uhr am Dauerstillen bin. Sie saugt dann wirklich und nuckelt nicht et...


Jeden Abend 2,5 Stunden dauerstillen

Hallo, bin ein wenig durch den Wind. Meine Tochter (7 Wochen alt) entwickelt sich abends zur Dauertrinkerin. Von 19 Uhr an bis ca. halb 10 will sie pausenlos an die Brust. Nehme ich sie zwischendurch mal von der Brust weg, wird sie gleich wieder knatschig. Dann muss ich sie wieder anlegen und dann trinkt sie weiter. Sie trinkt dann wirklich die ...


Dauerstillen am Abend

Hallo liebes Team, eine Frage beschäftigt mich noch wann hört dieses Dauerstillen am Abend auf bzw. reduziert sich. Mein Baby möchte am ca 17 Uhr ständig trinken. Es sind zwar Pausen von ca 30-60 Minuten dabei, aber ich habe das Gefühl abends nur zu stillen. Wird das irgendwann besser? Mein Baby ist jetzt fast acht Wochen alt. Danke!


Jeden Abend Dauerstillen mit 9 Wochen noch normal?

Hallo liebe Stillberaterinnen, meine Tochter wird am Donnerstag genau 9 Wochen alt und seit ca. 2,3 Wochen haben wir jeden Abend wieder dieses Dauerstillen! Das fängt so gegen 19 Uhr an und geht meist bis 22 Uhr, dann schläft sie meistens bis 4 Uhr durch oder auch schon mal bis 6 Uhr! Ist dieses Dauerstillen mit 9 Wochen noch normal oder muss ic...


21 Monate Dauerstillen und kein Ende

Liebe Biggi. Nun ist meine Maus bereits 21 Monate und an abstillen ist nicht zu denken . Sie ist immer noch eine schlechte Esserin. Mal hat sie gute Tage mit "normalen Essen" und dann gibt es Tage wo sie nur am nuckeln ist. Nachts kommt sie ebenfalls noch sehr häufig. Im Moment zahnt sie wieder, alle Zähne haben wir noch nicht. Ich ...


Kind 15m schreit jeden Abend vor dem einschlafen stundenlang

Guten Abend. Ich brauche dringend einen Rat. Mein Sohn 15m war schon immer ein schlechter Schläfer. Er wurde schon immer in den Schlaf gestillt, die ersten Monate in den Schlaf getragen. Die letzten Monate habe ich mich viel mit dem Thema Altersgerechte wachzeiten, Schläfchen über Tag/ Dauer in der Nacht etc. Beschäftigt/belesen. Er schläft moment...


Ein Fläschen am Abend ? Sonst stillen

Hay 😊 Ich hätte da eine Frage und zwar:  Wir haben eine 4 Monate alte Tochter in  5 Tagen 5 Monate. Ich habe bis jetzt immer voll gestillt. Nun habe ich seid Anfang Februar einen Aushilfsjob Abends ( 1-2 mal die Woche )heißt mein Partner muss die kleine ins Bett bringen. Bis jetzt habe ich immer abgepumpt aber die letzten Tage reicht es nicht ...


Dauerstillen und nächtliches Schwitzen

Liebe Biggi, Ich (fast 40J.) stille meinen Sohn seit seiner Geburt vor zwei Jahren. Mittlerweile stillen wir hauptsächlich noch am Abend und Nachts, am Wochenende auch mal zwischendurch. Seit einigen Monaten schläft er nachts oft (nicht jede Nacht) unruhig und will ständig stillen, ca. 20 Mal oder öfter! Ich vermute, dass es verschiedene Grü...


Dauerstillen&Verdauung

Liebe Biggi,  Unsere Tochter ist jetzt knapp 2 Wochen alt und ich habe bezüglich des Stillrhytmus noch unsicherheiten ob ich es so richtig mache. Sie will momentan ziemlich oft an Brust so das Sie teilweise keine Pause dazwischen hat. Da aber immer wieder was nachgeschoben wird macht Sie natürlich auch ständig in die Windel was ja alles nicht s...