Hallo Biggi und Kristina,
ich hatte schon mal geschrieben, dass meine Tochter (8 Monate) keine Beikost möchte. Mal isst sie ein paar Tage paar Löffel Brei, dann wieder nicht. Also stille ich fast noch voll. Eure Antwort, Ruhe zu bewahren und keinen Druck aufzubauen hat mich beruhigt. Ich lasse sie essen, was sie möchte und wenn sie eben den Kopf weg dreht, dann höre ich auf. Zu jeder Mahlzeit oder zu jedem Breiversuch stille ich dann.
Jetzt hatte mein Kinderarzt folgendes geäußert und irgendwie bin ich unsicher, ob das so richtig sein kann. Er sagte, es kann ein Eisenmangel entstehen und ich soll den Brei geben, wenn sie den nicht möchte, soll ich dazu nicht stillen (O-Ton: Sie lernt ja dann, dass es sonst noch etwas anderes gibt) und dann soll ich als nächste Mahlzeit wieder Brei geben. Ich soll auch lange probieren, und wenn ich 1 h sitze. Ich muss sagen, wenn sie nach 10 min nicht mehr möchte, hörte ich bisher auch auf.
Das ist doch aber Druck, den ich aufbaue, wenn ich d. Rat des Arztes folge, und das Prinzip der "Beikost" und nicht "Anstattkost" stimmt doch dann auch nicht mehr.
Er meinte noch, wenn es in 1 Woche nicht besser wird, soll ich nochmals einen Termin machen. Das klingt ja schon "ernster". Dabei ist meine Tochter propper und wirkt auch gesund.
Ich würde mich nochmals über eurer Feedback freuen.
Danke, lg Ankup
von
Ankup
am 21.05.2012, 13:53
Antwort auf:
Beikost
Liebe Ankup,
gut, dass du dir keine Sorge machst, und natürlich ist es auch gut, dass euer Kinderarzt auf das Wohlergehen deiner Maus achtet.
Wenn er jedoch empfiehlt, nicht zu stillen, könnte es sein, dass er nicht weiß, wie gerade das Stillen helfen kann, einem Eisenmangel vorzubeugen.
Ich antworte dir jetzt sehr sehr umfangreich, und vielleicht ist das ja auch für euren Kinderartz interessant zu erfahren, was ich dir hier schreibe.
Ich zitiere dir zunächst einmal aus einem Artikel, den Denise Both, IBCLC, geschrieben hat:
"Das am heißesten gehandelte Thema, wenn es um Mangelerscheinungen bei gestillten Kindern ist das Eisen. Stillende Frauen dürfen sich immer wieder anhören, dass Muttermilch ja nur wenig Eisen enthält und dass die Eisenspeicher des Kindes nur bis etwa sechs Monate ausreichen und dann sei es unabdingbar Beikost einzuführen, um einen Eisenmangel abzuwenden. Es stimmt, dass Muttermilch im Verhältnis zu Kuhmilch oder künstlicher Säuglingsnahrung nur wenig Eisen enthält, demgegenüber steht jedoch die bessere Bioverfügbarkeit des Muttermilcheisens für das Kind. Dennoch kann es zu einem Eisenmangel bei gestillten Kindern kommen. Besonders gefährdet dafür sind Frühgeborene, Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft einen Eisenmangel hatten und Kinder, deutlich länger als sechs Monate jegliche feste Nahrung ablehnen.
Man muss zwischen Eisenmangel und einer Eisenmangelanämie unterscheiden. Eisenmangel lässt sich nicht unbedingt an einem niedrigen Hämoglobinwert (Hb) erkennen. Es reicht also nicht, beim Kind regelmäßig den Hb zu bestimmen, um einen Eisenmangel auszuschließen, sondern es muss zusätzlich auch noch der Serum Ferritin Wert bestimmt werden. Ein Eisenmangel im Kindesalter kann wirklich schwer wiegende und vor allem nicht immer wieder behebbare Folgen für die geistige und körperliche Entwicklung haben und sollte deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dazu kommt, dass sich ein unguter Kreislauf entwickeln kann, wenn das Kind erst mal in eine Mangelsituation geraten ist: Der Eisenmangel macht das Kind appetitlos, das Kind mag erst recht keine Beikost essen, der Eisenmangel verschärft sich. Deshalb ist es sinnvoll, dass bei einem Kind, das lange jegliche Beikost verweigert, Hämoglobin und Ferritin bestimmt werden, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls sich ein Mangel bestätigt. Der Pieks für die Blutuntersuchung ist weniger traumatisch für das Kind, als ein unentdeckter Eisenmangel.
Eine vegetarische Ernährung ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einer zu geringen Eisenzufuhr. Vegetarisch lebende Familien sollten jedoch unbedingt auf eine bewusste Zusammenstellung ihrer Ernährung achten, denn das Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln wird nur zu 3 bis 8 Prozent verwertet, also deutlich weniger als das hämgebundene Eisen aus Fleisch, dessen Verwertbarkeit bei etwa 23 % liegt."
Also, nicht bei jedem Säugling sind die Eisenreserven nach 6 Monaten aufgebraucht.
Ja, Muttermilch enthält Eisen, weniger als andere Milch, aber am Ende kommt mehr davon beim Säugling an, und nur das zählt ja.
Und doch: Du kannst IMMER stillen, und das Stillen wird NICHT bewirken, dass Eisen NICHT aufgenommen würde...
Eine Eisenmangelanämie erkennst du daran, dass das Kind sich schlecht entwickelt, sehr schlapp und schläfrig ist.
Diese Infos sind sicher auch noch interessant für dich:
Eisenmangel ist bei gestillten Kindern eher selten. Muttermilch enthält zwar weniger Eisen als zum Beispiel künstliche Säuglingsnahrung oder Kuhmilch, doch die Verfügbarkeit des Eisens in der Muttermilch ist um ein Vielfaches höher als die des in der künstlichen Säuglingsnahrung enthaltene Eisen und da bei voll gestillten Babys kleine Darmblutungen sehr viel seltener sind als bei mit künstlicher Säuglingsnahrung ernährten Kindern, verlieren Stillkinder auf diese Weise auch kein Blut.
Die Eisenreserven, die ein Baby bei der Geburt hat und das leicht zu verwertende Eisen aus der Muttermilch reichen zusammen gewöhnlich aus, um den Hämoglobinwert auch noch ins zweite Lebenshalbjahr des Babys hinein innerhalb des normalen Bereiches (10,2 bis 15 gm/dl) zu halten (McMillan 1976; Siimes 1984; Duncan 1985). Eine Untersuchung an gestillten Babys, die weder Eisenpräparate noch mit Eisen angereicherte Getreideprodukte erhalten hatten, ergab, dass die Babys, die sieben Monate und länger ausschließlich gestillt wurden, im Alter von einem Jahr deutlich höhere Hämoglobinwerte aufwiesen, als diejenigen Babys, die mit weniger als sieben Monaten bereits feste Nahrung bekommen hatten (Pisacane 1995). Die Forscher fanden bei den Babys, die sieben Monate lang voll gestillt worden waren, keinen Fall von Anämie während des ersten Lebensjahres und folgerten daraus, dass ausschließliches Stillen während der ersten sieben Lebensmonate das Risiko einer Anämie senkt.
Eine finnische Studie ergab, dass bei neun Monate alten Kindern, die immer noch ausschließlich gestillt werden, ein Eisenmangel in weniger als 25 % der Fälle auftritt. Ohnehin ist der Zeitpunkt, wann ein Baby Beikost erhalten muss recht willkürlich gewählt und hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, ohne dass es einen echten Beweis für die absolute Richtigkeit des jeweiligen Zeitpunktes gibt.
Hier auch noch ein Auszug aus einem Artikel von Dr. Alfredo Pisacane anlässlich der 15.internationalen LLL-Konferenz in Washington:
„Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein gesunder vollgestillter Säugling seinen Zeitpunkt des ersten Zufütterns selbst bestimmen kann, ohne Bedenken dadurch einem Eisenmangel ausgesetzt zu werden. Selbst bei Kindern, die sich dem ersten Geburtstag nähern, hat der Autor keine Bedenken, wenn sie einen fitten Eindruck machen. Niedriger Eisengehalt im Blut des Kindes ist nur behandlungswürdig bei gleichzeitigen anderen Krankheitsanzeichen. Seiner Meinung nach sind die festgelegten Grenzwerte (auch in der Schwangerschaft) überholungsbedürftig und wenig gesichert. Tatsächlich erhöht sich die Gefahr einer Anämie bei zu früher Beikost, wenn sie nicht sehr eisenhaltig ist, da die optimale Eisenaufnahme der Muttermilch durch Beikost behindert wird. Es wird 50% des Muttermilcheisens resorbiert, aber nur 5% bei Flaschennahrung! Zuviel Eisen erhöht evtl. eine mögliche Erkrankung wie z.B. Malaria und ist gefährlicher als ein Eisenmangel. Bei sechs Monaten ausschließlich muttermilchernährten Kindern liegt die Gefahr einer Anämie bei 4%. Bei den jetzt noch gültigen Grenzwerten ändern wir das, was sich seit einer halben Millionenjahre bewährt hat."
Sollte jedoch tatsächlich einmal ein Eisenmangel vorkommen, so ist dies mit Sicherheit etwas, was ernst genommen werden muss. Eisenmangel bedeutet nicht nur, dass ein Kind blass sein kann und blasse Schleimhäute hat, sondern dass es insgesamt in seinem Wohlbefinden beeinträchtigt ist und seine Entwicklung gefährdet sein kann.
Der Eisengehalt der Muttermilch lässt sich übrigens nicht über die Ernährung der Frau beeinflussen. Es ist daher auch sinnlos einer gesunden, nicht unter Eisenmangel leidenden Frau ein Eisenpräparat zu geben, das sowohl bei der Frau als auch beim gestillten Kind dann zu Verdauungsproblemen führen kann und keinen Nutzen hat.
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 21.05.2012
Antwort auf:
Beikost
...ach so: Fingerfood möchte sie auch nicht. Eure Buchempfehlung war super und hatte mich auch beruhigt, dabei zu bleiben, keinen Druck aufzubauen.
lg
von
Ankup
am 21.05.2012, 13:57
Antwort auf:
Beikost
Hallo Ankup,
ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich dir schreibe.
Für mich klingt das nach nem Kinderarzt der alten Schule, der der Meinung ist, ein Kind hat in diesem Alter Brei zu essen. Sollst du deiner Tochter mit Gewalt das Essen eintrichtern? Ihm sollte schon bewusst sein, dass dann die Gefahr einer Essstörung umso größer ist.
Unsere Ärztin meinte im Feb bei der Untersuchung, Yasmin war 68 cm groß und wog 8,2 kg, wurde ausschließlich gestillt, mittags schaffte sie damals ein halbes Gläschen, ich solle doch überflüssige Kalorien vermeiden, sie würde über dem Durchschnitt liegen. Als ich noch erklärte, ich würde nach Bedarf und einschlafstillen, schlug sie die Hände zusammen und meinte, ich solle einen strengen Rhythmus einhalten und nachts nimmer so oft stillen.... Fazit, ich stille weitern nach Bedarf und wir sind bei nem anderen Arzt.
Hör auf deinen Bauch und lass dich nicht stressen. Übe keinen Druck beim Essen auf deine Tochter aus. Solange sie munter, interessiert ist, gut gedeiht, passt doch alles. Was meint denn deine Hebamme?
Lg von Steffi
von
SteffiStich
am 21.05.2012, 19:45
Antwort auf:
Beikost
Liebe Steffi,
danke dir für deine Antwort. Das ist wirklich lieb & beruhigend, auch von anderen zu hören, wie es bei Ihnen ist. Kristina´s Quellenangaben waren auch super.
Daher nochmals lieben Dank.
Ach so: Meine Hebamme meinte auch, ich kann stillen, aber zu der Aussage vom Arzt konnte ich sie nicht erreichen. Daher freue ich mich, dass ich hier im Forum so schnell hilfreiche Antworten bekommen habe.
lg
von
Stepi
am 21.05.2012, 21:10
Antwort auf:
Beikost
Lieben Dank Kristina! Du hast mich sehr beruhigt.
lg
von
Stepi
am 21.05.2012, 21:10
Antwort auf:
Beikost
PS: Bin grad bei ner Freundin und habe schnell von Ihrem Account geantwortet und vergessen, dass ich mich hätte einloggen müssen. Sie hat mir grad gesagt, dass ich nun ja "in Ihrem Namen" geschrieben habe :-( Daher der andere Name. Ich bin es aber, Ankup :-) lg
von
Stepi
am 21.05.2012, 21:15
Antwort auf:
Beikost
Hab mich schon gewundert :-)
von
Kristina Wrede
am 22.05.2012