Liebe Beraterinnen,
mein Sohn Tim ist fünf Monate alt. Von Anfang an hatte er Probleme mit Luft im Bauch und quält sich auch heute noch mit Blähungen. Tagsüber haben sie ihm die ersten drei Lebensmonate wenig ausgemacht, dafür war es nachts so schlimm, dass er unabhängig von den normalen Stillzeiten zusätzlich wach wurde, sich überstreckt und viel geweint hat. Wir haben die ganze Palette an Hilfsmitteln ausprobiert, von Entschäumern über Globuli und Kümmelzäpfchen bis hin zu Fencheltee im Fläschchen. Seit Tim etwa drei Monate alt ist, gebe ich tagsüber abwechselnd Brust und Pre-Nahrung, nachts stille ich ausschließlich. Dieser Ablauf hat Tim nie Probleme bereitet, er hat immer gut getrunken. Manchmal hat er sich überstreckt und geweint, meine Hebamme meinte aber, das sei aufgrund von Blähungen, da er immer sehr offensichtlich gedrückt und auch der eine oder andere Pups rauskam.
Als Tim vier Monate alt war, haben wir den Mittagsbrei (immer noch die fleischlose Variante) eingeführt. Von Anfang an hatte Tim großen Spaß am Essen, mittlerweile würde er ca. 100g schaffen. Seit etwa drei Wochen werden die Probleme bei JEDER Mahlzeit aber immer größer. Egal ob Brust, Flasche oder Brei - nach wenigen Schlucken/Löffeln fängt Tim plötzlich an zu schreien, überstreckt sich, läuft vor Anstrengung hochrot an und schwitzt. Gleichzeitig signalisiert er aber, dass er noch essen möchte. Er reißt den Mund auf, sucht nach Essen, und sobald es kommt, geht wieder nichts mehr. Dieses Verhalten nimmt tagsüber (nachts gibt es diese Probleme nicht, dafür wacht er durch die Blähungen weiterhin auf) immer mehr zu, sodass Tim fast nichts mehr zu sich nimmt. Zum Brei bekommt er übrigens stark verdünnten Apfelsaft, Tee oder Wasser lehnt er ab. Auch von der Schorle trinkt er reichlich, sofern es aufgrund der Schmerzen geht.
Unser Kinderarzt meinte dazu nur, die Verdauungsorgane müssten sich erst an die neue Nahrung gewöhnen und es gäbe einfach Kinder, bei denen Bauchweh und Blähungen nicht nach drei Monaten verschwunden seien. Aber wieso hat Tim die Probleme plötzlich auch bei Milchmahlzeiten? Mit echter, also tagelanger, Verstopfung hatten wir bisher nicht zu tun, aber wir stellen fest, das das große Geschäft Tim viel mehr Mühe kostet. Die erwähnten Beschwerden beim Essen sind nach kurzer Zeit wieder vorbei, aber dann lehnt Tim die weitere Nahrungsaufnahme ab. Er entwickelt sich bisher normal und ist bewegungslustig und neugierig.
Haben Sie eine Idee, wo das Problem liegen und was wir dagegen tun könnten? Die Aussage "Das wird schon irgendwann aufhören" meines Kinderarztes finde ich nämlich nicht hilfreich, wenn mein Kind offensichtlich Schmerzen hat.
Vielen herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabrina
von
bina_bee
am 28.03.2016, 09:33
Antwort auf:
Bauchweh bei sämtlichen Mahlzeiten
Liebe Sabrina,
vielleicht ist Tim noch nicht bereit für Beikost und verträgt diese noch nicht.
Ich würde jetzt mal ein paar Tage ausschließlich wieder Muttermilch geben und abwarten, ob es besser wird.
Außerdem sollte das Saugverhalten des Babys überprüft werden, denn Koliken bekommt ein Baby dann, wenn es zu viel Luft schluckt.
Blähungen sind bei Babys relativ häufig. Für eine Stillberaterin besteht der erste Schritt bei einem Kind mit Bauchproblemen darin, die Stillposition, Anlegetechnik und das Saugverhalten des Kindes zu überprüfen. Ein nicht korrekt angelegtes Kind und/oder ein Kind, das nicht richtig saugt, schluckt an der Brust meist sehr viel Luft und darin kann schon die Ursache für Blähungen begründet sein. Solange diese Ursache nicht beseitigt wird, können alle anderen Maßnahmen allenfalls "Kosmetik" betreiben, aber nicht wirklich helfen.
Es wäre gut, wenn du dich an eine Kollegin vor Ort wenden könntest, denn sie kann euch beim Stillen beobachten und dann zielgerichtete Tipps geben. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Es kommt vor, dass sich keine ersichtliche Ursache für die Blähungen finden lässt. Am ehesten trifft wahrscheinlich in diesen Fällen wohl die Vermutung zu, dass manche Babys ein empfindlicheres Verdauungssystem haben als andere, und dieser Faktor, im Zusammenwirken mit Spannungen und Stress von außen, der wahrscheinlichste Grund für die Blähungen sind.
Ein ruhiger, sanfter Umgang mit deinem Baby ist sehr wichtig. Viele Ärzte sind der Ansicht, dass öfter verabreichte kleine Mahlzeiten, die auf das kleine Verdauungssystem des Babys besser abgestimmt sind, ihm besser bekommen.
Gerade Kolikkinder profitieren vom Getragenwerden und dem dabei zwangsläufig entstehenden Körperkontakt. Hast Du ein Tragetuch? Ein Tragetuch erleichtert nicht nur das Tragen des Kindes, es gibt dir auch die Möglichkeit zumindest eine Hand frei zuhaben. Und keine Sorge: das Getragenwerden führt nicht dazu, dass Du dein Baby verziehst. Im
Gegenteil, Studien belegen, dass Kinder, die als kleines Baby viel getragen wurden, später ausgeglichener und zufriedener sind und weniger Weinen.
Du kannst auch versuchen deinem Baby durch Tragen in der Kolikhaltung (auch Fliegergriff genannt, das Baby liegt mit seinem Bauch auf dem Unterarm des Erwachsenen, mit dem Kopf in der Ellenbeuge ruhend), durch massieren des Bauches und durch Wärmeanwendungen (gut geeignet dazu sind Hot Cold Packs) auf den Bauch Erleichterung zu verschaffen.
Solltest Du Zeit zum Lesen haben, so möchte ich dir das Buch „Das 24 Stunden Baby“ von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears gibt viele Anregungen wie Eltern mit ihrem besonders anstrengenden Baby (er nennt sie Babys mit erhöhten Bedürfnissen) umgehen können. Das Buch ist zwar meines Wissens vergriffen, aber in vielen Stillgruppenbüchereien zum Ausleihen verfügbar.
Ich weiß aus eigener Erfahrung wie sehr ein Baby den Alltag durcheinanderwirbeln kann und auch wie sehr sich die Vorstellungen vom Leben mit einem Baby und die Realität voneinander unterscheiden. Aber Kopf hoch, dein Baby bleibt nicht auf Dauer so klein und anstrengend. Bald schon werdet ihr gelernt haben, miteinander zu leben.
Ich hänge dir noch einen Artikel von Prof. Dr. B. Koletzko zu diesem Thema an, der sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt hat.
LLLiebe Grüße
Biggi
„Milch und Kohl. Schlimm für Babys Bauch?"
Stillende Mütter sollten unbedingt blähende Nahrungsmittel meiden, raten Hebammen seit Generationen, weil Kohl & Co. dem Baby Bauchkrämpfe bescherten. Doch was ist wirklich dran an derartigen Empfehlungen?
Zweifellos können blähende Lebensmittel bei der Konsumentin selbst Meteorismus auslösen, und ein Teil der im mütterlichen Darmtrakt gebildeten Gase findet sich in der Ausatemluft wieder, nicht aber in der Muttermilch zumindest nicht in nennenswerter Menge. "Muttermilch Sprudel" muss das Baby also sicher nicht trinken, stellt Professor Dr. B. Koletzko Abteilung Stoffwechselstörungen und Ernährung, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum Innenstadt, München. Möglicherweise sind es aber Metabolite aus dem mütterlichen Stoffwechsel, die dem Kind Bauchkrämpfe bescheren, z.B. kurzkettige Fettsäuren oder andere organische Säuren. In einer offenen Beobachtungsstudie mit fast 300 Stillenden kam es in der Tat signifikant häufiger zu infantilen Koliken, wenn die Mutter Kohl, Zwiebeln und Kuhmilch zu sich nahm. Allerdings war dieser Effekt insgesamt nicht sehr stark ausgeprägt und für Brokkoli und Blumenkohl gar nicht nachweisbar.
Nur was den Genuss von Kuhmilch betrifft, geht die Erklärung für einen möglichen Zusammenhang mit kindlichen Koliken über reine Spekulation hinaus. In diesem Fall handelt es sich wahrscheinlich um eine allergische Reaktion auf Kuhmilcheiweiß. Bei 10 bis 15% der Kolikkinder,
so konnten Studien nachweisen, liegt jedenfalls eine Unverträglichkeit gegen ein in die Muttermilch übergegangenes Fremdeiweiß vor. Bei heftigen infantilen Kolik en rät der Pädiater den Müttern daher, sich versuchsweise eine Woche lang kuhmilchfrei (eigene Anmerkung: zwei
Wochen sind sicherer, da Kuhmilchproteine bis zu 10 Tage im mütterlichen Organismus nachweisbar sind) zu ernähren. Falls sich die Symptome darunter deutlich bessern und erneuter Kuhmilcheiweiß Verzehr wieder kindliche Beschwerden provoziert, kann diese Kost für die Stillzeit
beibehalten werden. Meist ist dann allerdings eine Kalziumsupplementierung erforderlich.
Diät hält vom Stillen ab. Vom etwaigen Verzicht auf Kuhmilchprodukte abgesehen sind nach Prof. Koletzkos Meinung restriktive Ernährungsempfehlungen für stillende Mütter jedoch nicht
wissenschaftlich begründbar. Sie können zu einem Nährstoffmangel führen, verkomplizieren unnötig das Leben während der Stillzeit und sind nicht selten Ursache dafür, dass Frauen frühzeitig abstillen.
(Quelle: AFS Rundbrief 5 6/2001)
von
Biggi Welter
am 28.03.2016
Antwort auf:
Bauchweh bei sämtlichen Mahlzeiten
Liebe Biggi,
herzlichen Dank für deine schnelle und umfangreiche Antwort. Ich habe schon von anderer Seite den Tipp bekommen, wieder kleinere Mahlzeiten zu füttern. Ich werde es einfach mal probieren.
Viele liebe Grüße
Sabrina
von
bina_bee
am 28.03.2016, 12:10