Liebe Frau Welter,
nun möchte ich Sie auch mal um Rat fragen. Unser Kleiner wird nun 8 Monate alt. Da ich seit 2 Monaten wieder zu 70% arbeite und er mich nachts sehr beansprucht, möchte ich ihn jetzt gerne langsam abstillen. Allerdings scheitert es bisher daran, dass er sich absolut weigert, ein Kunstmilchprodukt, sei es Premilch, Folgemilch oder auch nur Milchbrei, Griesbrei aus der Flasche, Tasse, Glas oder vom Löffel zu nehmen. Auch bei meinem Mann macht er ein absolutes Dauergeschrei und nimmt nichts. Ansonsten trinkt er gut Wasser aus der Flasche, aber auch aus dem Schnabelbecher und mit Kleckern auch liebend gern aus der Tasse/Glas. Beikost ist er morgens Brothäppchen mit Fruchtmus oder mal etwas Joghurt oder Getreidebrei, mittags den übl. Gemüse-Fleischbrei und abends variabel so wie morgens. Gestillt wird er vor der Arbeit um 6.30, dann um 14.30; vor dem zubettgehen um ca. 21.00 und noch mal nachts. Er will noch sehr gern an die Brust, aber allmählich schlaucht es mich doch sehr und ich würde mir gern mal von meinem Mann helfen lassen. Wie kann ich ihn überlisten, dass er die altersentsprechende Menge an Milchprodukten bzw. Milch zu sich nehmen lernt? Wie es im buch steht, "es kann mal 2-3 Tage Tränen geben" und man soll es eine andere Person anbieten lassen, das klappt bei uns nicht, zumal er so ein wahnsinniges Theater macht.Er ist ein sehr energisches und durchsetzungsfreudiges Kind, dass schon krabbelt und sitzt.
Lieben Dank im Voraus
Bina
Mitglied inaktiv - 20.08.2007, 20:14
Antwort auf:
Abstillen
Liebe Bina,
selbst wenn Sie jetzt abstillen würden, würde Ihr Baby nicht besser schlafen.
Es ist ein nämlich ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys in diesem Alter nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe.
Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können.
Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wenn Du also bald abstillen möchtest, braucht dein Kind noch eine Alternative für die Stillmahlzeiten. Du kannst versuchen, verschiedene Säuglingsnahrungen anzubieten, leider habe ich aber keinen Tipp, wie es sicher klappen kann :-).
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 20.08.2007