Frage: Tretinoin 0,01%

Sehr geehrter Herr Paulus! Ich habe eine Frage an Sie, da ich sehr beunruhigt bin. Am 22. Oktkober war der erste Tag der letzten Regel. Mein Eisprung war in der Vergangenheit immer am 18. Zyklustag (das wäre der 8.11.2015). Zwischen 10. und 17.11. wendete ich eine Creme, welche mir die Hautärztin trotz Kenntnis meines Kinderwunsches verschrieb, abends im Gesicht an mit dem Wirkstoff Tretinoin 0,01%. Dies diente als Vorbereitung für ein Peeling wegen meines Melasmas. Nach dem 17.11 wendete ich sie nie mehr an. Am 18.11 testete ich mit einem Frühtest schwach positiv, noch vor Ausbleiben der Periode welche erst frühestens 3-4 Tage später zu erwarten gewesen wäre. Hat das für mein Kind Auswirkungen? Oder gilt noch das Alles oder nichts Prinzip. Darf ich eine Creme mit BPO 2.5 % auftragen oder sollte ich auch das lieber unterlassen. Ich danke Ihnen vielmals um Voraus. Mit freundlichen Grüßen, Emilia

von Emilia29 am 27.11.2015, 10:56



Antwort auf: Tretinoin 0,01%

Tretinoin und Isotretinoin werden als synthetische Derivate des Vitamin A seit über 20 Jahren erfolgreich zur Therapie der Akne eingesetzt. Unter hochdosierter Therapie mit Retinoiden wurden fruchtschädigende Effekte beobachtet. Dies wurde jedoch bislang nur für die orale Anwendung nachgewiesen. Um auch bei lokaler Applikation von Retinoiden Fehlbildungen sicher auszuschließen, wird von einer dermalen Applikation von Tretinoin und Isotretinoin in der Schwangerschaft abgeraten. Allerdings besteht bislang kein Verdacht, dass die von Ihnen beschriebene äußerliche Anwendung zu einer embryonalen Schädigung führen könnte. Außerdem lag die Behandlung bei Ihnen noch im Zeitraum der Alles-oder-Nichts-Regel: Sofern eine fruchtschädigende Exposition innerhalb von zumindest 14 Tagen nach Empfängnis erfolgt, ist bei schädigenden Einwirkungen entweder ein Abort oder ein Neugeborenes ohne erhöhtes Fehlbildungsrisiko zu erwarten. Die anfangs pluripotenten Zellen können in dieser Zeit noch geschädigte Zellen ersetzen, so dass die weitere Entwicklung ungestört verläuft, sofern der toxische Schaden nicht so groß ist, dass die Frucht mit der nächsten Regelblutung abgeht. Die Weiterentwicklung einer in diesem frühen Stadium geschädigten Frucht ist demnach nicht zu befürchten. Lokal appliziertes Benzoylperoxid wird während des Penetrationsvorgangs in der Haut zu Benzoesäure umgewandelt. Ausschließlich dieser Metabolit durchdringt zu geringem Prozentsatz die Haut und liegt als freie Benzoesäure im Blut vor. Die Benzoesäure wird unverändert über die Nieren ausgeschieden. Die Ausscheidung erfolgt so schnell, dass eine Konjugation mit Glycin zu Hippursäure nicht in nennenswertem Maß erfolgt. Es gibt Fallberichte, wonach bei frühgeborenen Kindern eine Ansammlung von Benzoesäure im Blut beobachtet worden ist, die möglicherweise durch die verminderte metabolische Aktivität der Leber hervorgerufen wurde. In der Folge kann es zu einer Übersäuerung beim Kind kommen. Vor der Geburt und in der Stillzeit sollte Benzoylperoxid daher zurückhaltend eingesetzt werden.

von Dr. Wolfgang Paulus am 01.12.2015