Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Antidepressiva und Schwangerschaft

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Antidepressiva und Schwangerschaft

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Guten Tag Herr Dr. Paulus, Ich bin ungeplant Schwanger geworden und habe leider vor 4 Wochen eine Fehlgeburt gehabt.Da wir uns schon sehr auf das Kind gefreut haben wollen wir nun nochmal einen "geplanten" Versuch wagen. Nun mein Anliegen, ich nehme seit ca.5 Jahren Paroxetin 20mg 1-0-0. Mein FA schickte mich zum Hausarzt um abklären zu lassen ob ich besser auf ein anderes Medikament umsteigen soll. Mein Hausarzt gab zu selber nicht sehr Fit in dem Bereich zu sein hat mir aber das Paroxetin gestrichen und dafür Doxepin 25 verordnet.Als ich den Beibackzettel gelesen habe ist mir aufgefallen das dieser Wirkstoff nicht wirklich für meine Sympthome geeignet ist.Im Internet konnte ich jetzt auch nichts finden das Doxepin für Schwangerschaften besonders geeignet wäre ( ich weiß das es garkein Antidepressiva gibt was besonders geeignet wäre) Am liebsten würde ich natürlich beim paroxetin bleiben weil ich nur 20mg nehme und es mir damit sehr gut geht.Aber für den Kinderwunsch würde ich natürlich auf ein anderes Medikament wechseln wenn es besser ist. Nun habe ich im Internet gestöbert und habe den Wirkstoff Fluoxetin (Fluctin® u. a.) gefunden der meinem Krankheitsbild entspricht und angeblich auch in der Schwangerschaft eingenommen werden darf ?! Kurz Zusammengefasst was ist zu halten von Paroxetin,Doxepin oder Fluoxetin ( in geringer Dosis) und einer Schwangerschaft ? Welches Medikament würden Sie einer Frau mit Kinderwunsch am ehesten "empfehlen"? Ich möchte mich schonmal imVorraus bedanken das Sie sich in Ihrer Freizeit noch die Zeit nehmen uns hier zu helfen/ antworten ! Liebe Grüße Minci


Dr. Wolfgang Paulus

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Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI (z. B. Paroxetin, Sertralin, Citalopram) in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 959 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Paroxetin enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,8% keinen Anlass zur Beunruhigung. Allerdings befanden sich in dem Paroxetin-Kollektiv 20 Kinder mit Herzfehlern, insbesondere Vorhof- und Ventrikelseptumdefekte. Auch wenn der Anteil von 2,1% die Herzfehlerrate von 1,3% in der Normalbevölkerung übertrifft, ist das Risiko für kardiovaskuläre Anomalien unter Paroxetin in absoluten Zahlen gering (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Als Alternative kämen erprobte trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin in Frage. Allerdings erscheint nach den aktuellen Daten das Risiko für angeborene Anomalien unter SSRI allenfalls geringfügig erhöht (Greene 2007). Wenn andere Präparate wie Amitriptylin (evtl. auch die SSRI Citalopram, Sertralin) nicht ausreichend wirken, wäre eine Fortsetzung der Anwendung von Paroxetin in moderater Dosis (z. B. 10 - 20 mg pro Tag) auch in der Schwangerschaft vertretbar. Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation (z. B. Paroxetin) wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden. In einer prospektiv kontrollierten Studie aus unserem Netzwerk ENTIS (European Network of Teratology Information Services) wird in einem Kollektiv von 314 Schwangerschaften unter Medikation mit Fluoxetin eine leicht erhöhte Rate für Herzfehler diskutiert (Diav-Citrin et al 2008). Trizyklische Antidepressiva wie Doxepin gelten als geeignet zur Behandlung von Depressionen oder Panikstörungen in der Schwangerschaft. Aufgrund ihrer hohen Lipidlöslichkeit treten sie rasch diaplazentar über. Zwar liegen Berichte über Extremitätenfehlbildungen, Herzfehler und Hypospadie (Harnröhrenfehlmündung) vor, doch ließ sich der Verdacht auf fruchtschädigende Effekte auch bei den länger gebräuchlichen Präparaten bisher nicht bestätigen (McElhatton et al 1996). Nachuntersuchungen im Vorschulalter nach pränataler Exposition mit trizyklischen Antidepressiva zeigten gegenüber einer Kontrollgruppe keine Abweichungen hinsichtlich Intelligenzentwicklung, Verhalten und Sprachvermögen (Nulman 1997). Bei hochdosierter Therapie vor der Geburt können beim Neugeborenen folgende Symptome auftreten: Tachyarrhythmie (hohe Herzfrequenz), Tachypnoe (schnelle Atmung), Zyanose (bläuliche Hautfarbe), Tremor (Zittern), Trinkschwäche, Konvulsionen (Krämpfe), Harnverhalt.


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