Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Leonie Traub:

Waschzwang

Leonie Traub

 Leonie Traub
Psychologin

zur Vita

Frage: Waschzwang

Pupplie

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Guten Abend Frau Traub! Ich möchte und muss meinen Waschzwang überwinden, da mittlerweile auch meine Ehe darunter leidet. Wir haben einen fast 3jährigen Sohn und auch für ihn möchte ich endlich "normal" sein! Es begann schon in der Schwangerschaft-ich hatte aufgrund eines jahrelangen (10Jahre in denen es nicht klappen wollte) Kinderwunsches ganz viel Angst, mein Baby zu verlieren und fing an, mir sehr oft die Hände zu waschen. Der Psychologe, bei dem ich wegen des unerfüllten Kinderwunsches in Behandlung war, meinte, dass eine Konfrontationstherapie in der Schwangerschaft nicht gut wäre.Ich dachte immer, wenn er auf der Welt ist, würde es sich geben. Leider war dem nicht so und auch bis heute habe ich es nicht im Griff. Da ich beruflich und privat stark eingebunden bin und mir keine Zeit bleibt, zum Psychologen zu gehen, möchte ich es jetzt selbst angehen! Es muss doch zu schaffen sein!  Können Sie mir Tipps geben, wie ich allein da raus komme?  Und noch eine Frage: Ist es notwendig, nach dem Berühren von Dingen, welche von "aussen" kommen(bspw. Briefe, Pakete, Verpackungen von Lebensmitteln etc.) die Hände zu waschen? Ich möchte nach und nach davon weg kommen, benötige aber dazu Hilfe.  Ich möchte auch nicht, dass meine 13jährige Ehe den Bach runtergeht! In der Hoffnung, dass Sie einen Rat und ein paar Antworten für mich haben, freue ich mich sehr über Ihre Nachricht! Vielen herzlichen Dank für Ihre wertvolle Arbeit hier!


Leonie Traub

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Hallo Pupplie,  vielen Dank für deine Frage. Wir können gut verstehen, dass dich deine Zwänge belasten. Wie du schreibst, haben sie auch Auswirkungen auf dein Leben und deine Beziehung.  Wichtig ist, dass du dir nicht zu viele Vorwürfe machst. In Deutschland leiden viele Personen unter Zwängen. Die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens eine Zwangsstörung zu entwickeln, liegt in etwa bei 2-3 Prozent. Das heißt, aus jeder Schulklasse entwickeln 1-2 Personen irgendwann eine Zwangsstörung. Die Wahrscheinlichkeit, Zwänge zu entwickeln, ist in der Schwangerschaft auch nochmal deutlich erhöht. Du bist also nicht allein damit und auch nicht “unnormal”.   Dennoch solltest du dir Hilfe suchen. Eine Zwangsstörung kann meistens nicht gut selbst behandelt werden und geht in der Regel nicht von selbst wieder weg. Hinter Zwängen können manchmal versteckte Gefühle liegen, die wir uns beispielsweise nicht “erlauben”. Du schreibst, dass deine Symptome in der Schwangerschaft begonnen haben. Schwangerschaften sind eine Zeit vieler großer (emotionaler) Veränderungen und gehen bei vielen Personen mit Gefühlen wie Freude, Erleichterung und Stolz einher. Gleichzeitig können aber auch Ängste, Schuldgefühle, Ohnmachtsgefühle, Wut oder Zweifel entstehen. Mutterschaft wird von der Gesellschaft noch immer idealisiert und viele werdende Mütter trauen sich nicht, auch ambivalente oder negative Gefühle zu teilen. Gerade in Situationen, in denen ein langer Kinderwunsch vor der Schwangerschaft bestanden hat, kann dies besonders schwer sein.   Nach deinem langen Weg schwanger zu werden, ist es sehr verständlich, dass du dir in der Schwangerschaft viele Gedanken gemacht hast und dabei auch Ängste entstanden sind. Wahrscheinlich wolltest du besonders gut auf dein Baby aufpassen und es beschützen. Das ist toll! Es kann aber auch sehr herausfordernd sein, alle neu dazugekommen Ansprüche und Anforderungen, die auch von der Gesellschaft verstärkt werden, gut zu erfüllen. Das baut viel Druck auf! In der Schwangerschaft sind vermehrt Hygienemaßnahmen wichtig und viele Dinge gesondert zu beachten. In manchen Fällen entstehen Zwänge zum Beispiel, wenn wir uns für etwas besonders verantwortlich fühlen und mehr Kontrolle herstellen wollen. Vielleicht kannst du mal in dich hineinhören, wie es dir in der Schwangerschaft ging?  Du schreibst, dass du privat und beruflich sehr eingebunden bist. Wir denken, du solltest dir Zeit nehmen, um dich gut um dich kümmern zu können. Zwänge sollten ernst genommen und mit professioneller Unterstützung behandelt werden. Manchmal braucht es ein bisschen Zeit und gedanklichen Raum, um herauszufinden, was der Körper uns mitteilen will. Am besten können Zwänge in einer Psychotherapie behandelt werden.   Du könntest dich zum Beispiel nach einer/einem Therapeut*in mit verhaltenstherapeutischer Ausrichtig umschauen. In einer Verhaltenstherapie würde man sich gezielt zwangsauslösenden Gedanken oder Situationen aussetzen und üben, die Angst ohne “Erleichterung” durch Zwangsrituale auszuhalten. Mit der Zeit lässt die Angst dann immer mehr nach. Du könntest auch nach tiefenpsychologischen Therapeut*innen suchen. Dort läge der Fokus eher darauf, zu schauen, ob in der Schwangerschaft bestimmte Themen oder zurückliegende Konflikte aufgekommen sind, die dich weiter beschäftigen.   Bitte setze dich nicht unter Druck! Du musst das nicht allein in den Griff kriegen. Die meisten Menschen brauchen irgendwann in ihrem Leben Hilfe. Es ist gut, diese auch anzunehmen und gut mit sich umzugehen.   Viele Grüße und dir alles Gute!   Xenia und Leonie 


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