bilalja
Liebe Frau Bukowsky, Ich bin aktuell in der 21.Woche schwanger und mein Partner und ich freuen uns beide sehr auf das Baby. Wir wohnen nicht zusammen , was für uns beide auch gut passt,aber perspektivisch geändert werden soll. Er verdient sehr gut, ich studiere in Teilzeit nach längerer Berufstätigkeit, arbeite nebenbei als Werkstudentin und muss mit ALG aufstocken, da ich sonst nicht über die Runden komme. Zu Beginn der Schwangerschaft war es so wenig,dass ich zur Tafel gehen musste . Ich habe ihm erzählt wie unangenehm es für mich ist und ich mir auch Sorgen mache, ob ich abgelaufene Lebensmittel essen kann. Er hat darauf kaum reagiert und von seinem Tag erzählt. Seitdem haben wir viel über Geld gestritten. Mittlerweile unterstützt er mich finanziell, aber ich hatte das Gefühl ich muss darum kämpfen und bitten . Ich bekomme gerade diese Situation am Anfang nicht aus dem Kopf, obwohl es jetzt praktisch besser ist. Ich bin wütend, gereizt und traurig. Wenn ich versuche mit ihm darüber zu reden, sagt er,dass er mich ja auch mal zum Essen eingeladen oder einen Einkauf bezahlt hat. Da wir nicht zusammen wohnen , war ich aber quasi auf seine Anwesenheit und Gunst angewiesen. Auch sonst muss ich jede Unterstützung gerade einfordern, er sagt man müsste eben sagen was man will. Damit hat er zwar recht, aber ich finde er macht es sich damit auch bequem . Ich habe das Gefühl er denkt nicht darüber nach wie es mir geht. Ich fühle mich nicht gesehen. Er versteht das nicht und rechtfertigt sich. Übertreibe Ich gerade? Was kann ich tun? Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass er mir ungefragt unter die Arme greift. Wie schaffe ich es darüber weg zu kommen ?
Hallo Bilalja, vielen Dank für deine offenen Worte und dass du deine schwierige Situation mit uns teilst. Du befindest dich in einer sehr herausfordernden Zeit - schwanger, studierend, finanziell unter Druck und dann auch noch das Gefühl, um grundlegende Unterstützung kämpfen zu müssen. Deine Gefühle von Wut, Traurigkeit und Enttäuschung sind vollkommen verständlich und berechtigt. Es ist besonders schmerzhaft, wenn du dich in einer vulnerablen Situation befindest und das Gefühl hast, dein Partner erkennt die Situation nicht von allein oder reagiert nicht angemessen darauf. Zur Tafel gehen zu müssen, während der werdende Vater des Kindes finanziell gut gestellt ist, ist eine Situation, die niemand erleben sollte. Dass er in diesem Moment nicht sofort gehandelt hat, sondern du um Hilfe bitten musstest, hat dich nachvollziehbar erschüttert. Dein Wunsch nach proaktiver Fürsorge ist nicht übertrieben und in einer Beziehung, besonders während einer Schwangerschaft, völlig angemessen. Wenn dein Partner sagt "man muss eben sagen, was man will", macht er es sich tatsächlich zu einfach. Leider werden in solchen Situationen gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und Stereotype besonders deutlich, denn Frauen übernehmen den Großteil der emotionalen Beziehungsarbeit, während Männer die Verantwortung oftmals abschieben. In einer liebevollen Beziehung gehört es dazu, aufmerksam zu sein und die Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen, ohne dass diese explizit formuliert werden müssen. Gleichzeitig ist es aber auch okay, wenn du deine Bedürfnisse offen äußerst und mehr einforderst. Das Gefühl, nicht gesehen zu werden, ist schmerzhaft. Es geht nicht nur um die praktische Hilfe, sondern um Empathie, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, Verantwortung für das gemeinsame Leben und euer werdendes Kind zu übernehmen. Dass das zu Verunsicherungen und Sorgen führt, ist verständlich. Andere Vertrauenspersonen sind in dieser Zeit auch besonders wichtig. Hast du Personen, an du dich vertrauensvoll wenden kannst, die dich auch etwas entlasten können? Für den Weg nach vorn könnte es hilfreich sein, ein strukturiertes Gespräch zu führen, in dem du nicht nur die Versorgungssituation ansprichst, sondern vor allem deine emotionalen Bedürfnisse benennst. Wichtig wäre auch, konkret zu formulieren, was "gesehen werden" für dich bedeutet und wie sich proaktive Unterstützung zeigen könnte. Darüber hinaus solltet ihr gemeinsame Vereinbarungen für die Zukunft treffen, besonders im Hinblick darauf, dass bald euer Baby da sein wird. Bei anhaltenden Kommunikationsproblemen könnt ihr auch professionelle Unterstützung durch eine Paarberatung in Erwägung ziehen. Du bist momentan in einer anstrengenden Lebenssituation. Vielleicht kann es entlasten sein und Sicherheit geben, wenn du zu einer Sozialberatung gehst. Dort kannst du dir Informationen darüber einholen, welche Art der finanziellen Unterstützung du erhalten kannst. Manchmal gibt es die Möglichkeit, eine Erstausstattung für das Baby oder einen Wohngeldzuschuss zu beantragen. Da ihr ein gemeinsames Kind erwartet und perspektivisch zusammenwohnen möchtet, ist es wichtig, dass ihr offen miteinander sprechen könnt. Dein Partner muss lernen, Verantwortung nicht nur für den Alltag, sondern auch für das emotionale Wohlbefinden seiner Familie zu übernehmen. Du verdienst es, dich in deiner Beziehung sicher und unterstützt zu fühlen. Lass dir deine Gefühle nicht kleinreden - sie sind der Ausgangspunkt für wichtige Gespräche über eure gemeinsame Zukunft. Alles Gute für dich, dein Baby und die kommende Zeit! Liebe Grüße Leonie und Xenia
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