Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Kommunikation und mangelnde Wertschätzung

Xenia Bukowsky

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Mediatorin/Konfliktberaterin

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Frage: Kommunikation und mangelnde Wertschätzung

ClauPhil84

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Liebes Expertenteam, mein Mann und ich haben zwei Kinder (4 Jahre und 11 Monate). Ich bin seit einem Jahr in Mutterschutz/Elternzeit und auch noch dieses Jahr komplett zu Hause. Mein Mann arbeitet Vollzeit, davon 2x die Woche im Home Office. Er ist ein Mensch, der es von Haus aus nicht gewohnt ist, über Probleme oder Gefühle zu sprechen, das wird, wenn überhaupt, mit sich selbst ausgemacht oder nicht angegangen, bis es eskaliert. Wenn etwas im Argen liegt, muss immer ich das Gespräch suchen und Lösungsvorschläge machen, von sich aus geht er die Sachen nicht an. Er ist eher der "Macher" und zieht sein Ding auch immer durch, wann er es gerade möchte, häufig ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer, weder die der Kinder noch meine. Das bezieht sich auf kleinere, kurzfristige Dinge, die den Alltag unterbrechen, Zeitaufwändiges wie joggen o.ä. spricht er schon ab. Ich fühle mich aber dadurch sehr wenig wertgeschätzt in dem, was ich mache, da ich häufig Sachen unterbrechen muss oder gar nicht erst anfangen kann. Zudem muss ich Vieles für mich explizit einfordern, teilweise auch die Erfüllung von Grundbedürfnissen. Er sieht mich häufig einfach nicht mehr als Person und wenn ich funktioniere, ist alles in Ordnung. Schwächle ich, was wegen Schlafmangel und fehlender Unterstützung von der Familie (sie wohnen zu weit entfernt) momentan häufiger vorkommt, kommt es irgendwann zum Streit, weil er sich unangemessen verhält. Wenn ich dann das Gespräch suche, zeigt er zwar teilweise Verständnis und bemüht sich auch eine zeitlang, aber irgendwann sind wir wieder an dem gleichen Punkt. Durch die äußeren Umstände haben wir seit der Geburt des zweiten Kindes eigentlich keine Paarzeit mehr, mein Mann bringt den Großen ins Bett, schläft durch die Doppelbelastung häufig mit ein, der Kleine ist dann bei mir und da ich noch stille, auch die ganze Nacht. Schlafen ausnahmsweise Mal beide Kinder zeitgleich, sind wir häufig zu müde, um noch qualitativ Zeit miteinander zu verbringen oder es müssen noch andere Dinge erledigt werden, die liegen geblieben sind. Mein Mann hilft im Haushalt und macht viel mit den Kindern, insbesondere mit dem Großen, der ihn sich seit der Geburt des Geschwisters als Hauptbezugsperson rausgesucht hat, ich habe dann aber immer noch den Kleinen und bin weiterhin eingeschränkt. Dass er mal beide Kinder mit zum Einkaufen oder Spazieren genommen hat, kann ich an einer Hand abzählen. Ich habe mir zu Weihnachten einen Gutschein von ihm gewünscht für ein paar Stunden kinderfrei alleine zu Hause. Ich habe 5 bekommen. Ich finde es traurig, dass ich mir Zeit als Geschenk explizit wünschen muss, es häufig Diskussionen gibt, wenn ich Termine habe, zu denen er die Kinder betreuen muss (das kommt maximal durchschnittlich alle 2 Wochen 1x vor und dann vielleicht für eine, maximal 2 Stunden) und er sich keine Gedanken mehr darüber macht, dass es mich als Person ja auch noch gibt. Haben Sie Tips für mich, wie sich die Kommunikation verbessern kann und was sich ändern sollte, dass ich wieder mehr Wertschätzung erfahren kann? Ich bedanke mich herzlich, ClauPhil84


Xenia Bukowsky

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ClauPhil84,  vielen Dank für deine Nachricht und dass du deine Sorgen mit uns teilst.   Du trägst sehr viel Verantwortung und kümmerst dich um zwei kleine Kinder, den Haushalt und deine Partnerschaft. Das Familiensystem, so wie ihr es vorher kanntet, wird durch ein Baby neu geordnet. Neue Aufgaben kommen in dieser intensiven Zeit hinzu, es gibt viel Stress und wenig Schlaf. Häufig ändert sich damit verbunden auch die partnerschaftliche Beziehungsdynamik. Manchmal kommen auch in dieser Zeit einige Probleme zum Vorschein wie zum Beispiel eine unausgewogene Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit. Anstatt an einem Strang zu ziehen, entzieht sich dein Partner der gemeinsamen Verantwortung. Dein Mann weicht Gesprächen aus, ohne Alternativen anzubieten. Gerade in einer Situation wie eurer, in der sich vieles neu einpendeln muss, ist es besonders wichtig, sich gut miteinander und aufeinander abzustimmen und immer wieder zu schauen, wie es allen geht. Das kann man auch als Beziehungsarbeit bezeichnen. Wenn nur eine Person aktiv an der Beziehung arbeitet, entsteht ein Ungleichgewicht, das auf Dauer die Partnerschaft gefährdet. Dein Partner leistet Lohnarbeit, das bedeutet aber nicht, dass er keine Verantwortung für die Kinderbetreuung oder den Haushalt trägt. Jeder Mensch benötigt auch mal Zeit für sich und Erholung – insbesondere Mütter. Deine Frustration und Verzweiflung sind demnach sehr nachvollziehbar und berechtigt.  Ein Gespräch mit dem Vater, in dem du um mehr Unterstützung bittest und konkrete Vereinbarungen getroffen werden, ist wichtig. Es ist schön zu lesen, dass du diese Unterstützung auch einforderst und es teilweise auch kurze Phasen der Besserung gibt.  Die Frage ist, warum dein Partner diese Unterstützung nach kurzer Zeit einstellt. Liegt es daran, dass er nicht anerkennt, wie viel du leistest und dass er Sorgearbeit nicht als Arbeit anerkennt oder diese als “Frauensache” abtut?   Du könntest beispielsweise deinem Partner mal aufzeigen, wie viel Arbeit an einem Haushalt hängt, wie viele Stunden du täglich investierst, um das Familiensystem am Laufen zu halten (Einkäufe, Fahrten, Kinderbetreuung, Stillen, Kochen, usw.). Einige Eltern legen sich eine Art Wochenplan fest, in der verbindliche Zeiträume für Erholung und Freizeit festgeschrieben sind, die allein verbracht werden können oder auch einen festen Termin für euch gemeinsam.  Du beschreibst, dass es manchmal zwischen euch eskaliert und sich dein Partner unangemessen verhält. Du schilderst auch, dass es zum Streit kommt, wenn du “schwächelst”. Das klingt für uns, als hätten sich bei euch komplizierte Dynamiken eingeschlichen. Dein Mann verhält sich hier nicht fair und stellt seine Bedürfnisse über deine. Du hast klar benannt, dass du dir von ihm freie Zeit wünscht und er hat dir fünf Stunden geschenkt. Wir können gut verstehen, dass sich das nicht nach Wertschätzung anfühlt. Schließlich geht es bei euch um ein ganzes System, das ihr auf Dauer anders organisieren müsst und nicht um eine einmalige Erholungspause.   Manchmal sind Beziehungsdynamiken festgefahren, sodass externe Unterstützung für euch als Paar hilfreich sein kann. Für derartige Gespräche gibt es Angebote. Du kannst hier nach Familien- und Paarberatungen suchen: https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/ . Unterstützung anzunehmen, ist keinesfalls ein Zeichen, dass etwas in der Beziehung oder Erziehung nicht stimmt, sondern dass ihr gemeinsam nach Lösungen sucht und Verantwortung übernehmt. Wenn es sich für dich gerade eher so anfühlt, als würdest du Unterstützung darin brauchen, wie du unfaire Verhaltensweisen deines Mannes gut rückmelden kannst, kannst du dich auch immer an Frauenberatungsstellen wenden: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-vor-ort.html Die Beraterinnen dort kennen sich gut mit Konflikten aus, die aus traditionellen Rollenvorstellungen entstehen und können gerade bei unfairen Situationen gut helfen.   Wir wünschen dir viel Erfolg für die kommende Zeit und dass du zwischendurch Ruhe findest. Du musst das nicht allein schaffen!  Xenia und Leonie 


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