Mitglied inaktiv
Liebe Frau Höfel, mich würde interessieren, was Sie tun würden, wenn eine Schwangere zu Ihnen kommt mit dem Wunsch, nach 3 KS spontan zu entbinden. Kurzer Hintergrund: Es wurde bereits 4 mal spontan ohne Komplikationen geboren, dann folgten 3 KS: wegen Wachstumsretardierung, ein quasi überredeter KS und der letzte wegen Geburtsstillstands nach 18 Std. Der letzte KS wäre am erneuten ET 2 Jahre und 2 Monate her. Würden Sie einen erneuten spontanen Entbindungsversuch wagen oder generell davon abraten ? Kann die Klinik auch gegen meinen Willen einen KS durchführen ? Was würde passieren, wenn ich mich weigere einen KS durchführen zu lassen ? Müssen die Hebammen dann helfen oder können sie sich auch dagegen verwehren? Liebe Grüße Nine
Liebe Nine, kurz auf den Punkt gebracht: Sie müssen in einen Kaiserschnitt einwilligen - ansonsten ist es Körperverletzung. Aber: im Notfall (z.B. es gibt eine Uterusruptur und Sie drohen zu verbluten) wird man davon ausgehen, dass Sie nicht sterben wollen und operieren. Es sei denn Sie hätten schriftlich erklärt, dass Sie das nicht wollen! Und dann ist da immernoch das Kind - auch das hat ein Recht auf Leben.......). Eine sehr schwierige Sachlage.....! Was Sie meinen ist sicherlich, dass der Arzt sagt: "Sie dürfen nicht spontan entbinden - Sie werden nächste Woche operiert!" Nein, das darf er nicht. Er darf aber ablehnen (weil er das Risiko nicht tragen will oder kann) und Sie bitten (wenn Sie keinen Kaiserschnitt wollen) in ein anderes KH zu gehen. Das darf er. Wir Hebammen helfen natürlich - dazu verpflichtet uns unsere Ethik. Wir lassen keine Frau liegen, nur weil sie anders will als wir! Nur das sind ja alles Extremfälle ...... und es sollte doch möglich sein, mit einem sachlichen Blick auf die Dinge eine für alle zufrieden stellende Lösung zu finden. Schauen wir doch mal drauf: - das achte Kind (die Gebärmutter oft sehr müde und Wehenunterstützung nötig) - Zustand nach vier mal spontan geboren (gut) - Zustand nach drei Kaiserschnitten (Spontangeburt durchaus möglich, aber schwierig eine Klinik zu finden) - Die Gründe für die Sectios: Wachstumsretardierung (wie viel?); überredet?, 18 Stunden (!) Wehen und Geburtsstillstand! - Zustand nach 3 Kaiserschnitten und damit die Gefahr einer Narbenruptur!Das muss ich erklären: normalerweise liegt das Rupturrisiko unter 1%. Es gibt zwei Arten von Rupturen - Narbenrupturen (z.B. nach OP oder Curettage) und Rupturen, weil die Gebärmutter das Kind nicht in den Geburtskanal schieben kann. D.h. bei Wehen zieht sioch das Gewebe der Gebärmutter im Fundus über dem Kind zusammen. Normalerweise weicht das Kind durch den Druck und den verkleinerten Innenraum der Gebärmutter Richtung Geburtskanal aus. Bei einem verengten Beckeneingang ist das aber nicht möglich. Die Wehen gehen weiter und immer mehr Gewebe wird oben im Fundus gesammelt. Da die Gebärmutter aber unten mit Bändern festgehalten wird, wird das Gewebe im unteren Drittel immer dünner und reißt irgendwann. Und da liegt die Crux: bei Ihnen kommen viele Dinge zusammen, nämlich die Narbe UND das achte Kind und der Geburtsstillstand beim letzten! Ein neuer Versuch ist bei kleinem (!!!!) Kind sicher möglich, wenn Sectiobereitschaft gegeben ist. Andererseits steht in solch einem Fall mit einer primären Sectio in der 38./39. SSW eine adäquate und vielleicht angstfreiere Methode zur Verfügung. Liebe Grüße Martina Höfel
Mitglied inaktiv
Liebe Frau Höfel, vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Sie lässt mich natürlich weiter darüber nachdenken, wie ich schlussendlich verfahren möchte. Unsere Kinder hatten immer ein geringes Geburtsgewicht. Keines war schwerer als 2480g. Ich weiß natürlich, das mir keiner die Entscheidung abnehmen kann und natürlich bin ich vernünftig genug, um nicht das Leben des Kindes und meines aufs Spiel zu setzen. Denn schließlich habe ich nicht nur Verantwortung dem Baby gegenüber sondern auch den anderen Kindern, die natürlich auch ihre Mutter brauchen. Ich hoffe, das ich eine adäquate Lösung finden kann, wo alle Seiten gut mit Leben können. Leider kann ich mich derzeit noch so gar nicht mit einem geplanten KS anfreunden. Ich wünsche Ihnen ein schönes Restwochenende. Liebe Grüße Nine
Mitglied inaktiv
Der erste KS erfolgte nachdem das Kind über eine Zeitraum von 6 Wochen nicht mehr wachsen wollte. Es kam dann trotzdem mit mehr Gewicht auf die Welt als geschätzt. (2420 g statt 1800 g) Beim zweiten KS wurde ich quasi überumpelt. Mein damaliger FA, gleichzeitig Belegarzt, war der Meinung das Kind rutscht nicht mehr ins Becken ( 3 Wochen vor ET) und zwei Stunden später lag ich auf dem Op-Tisch. Der dritte KS erfolgte, nachdem 18 Stunden Wehen den Muttermund nicht weiter öffneten. Bei 4 cm war Schluß. Globulis und sämtliche andere Mittelchen aus der Homöopathie halfen nicht.
Liebe Nine, sicher spielt das "Ich kann es doch" eine Rolle bei Ihren Überlegungen - und das ist ja auch ganz wichtig. Im Moment bleibt nichts, als die weitere Entwicklung abzuwarten. Und zu fragen, ob die Klinik bereit ist, mit Ihnen in eine Spontangeburt zu gehen. Wenn ja, dann heißt es: gute Vorbereitungen treffen: alles für einen Kaiserschnitt vorbereiten, Abklären wie weit der Versuch der Spontangeburt geht und wann es keinen weiteren Aufschub gibt. Die Grenzen werden da wahrsheinlich ziemlich eng gesteckt sein (verständlicherweise). Und deshalb ist eine Abwägung zwischen Spontangeburt (mit engen Rahmenbedingungen) und einer geplanten Sectio ohne Notsituation vielleicht am Ende doch nicht so schwer! Liebe Grüße Martina Höfel