Wie mit "überdrehtheit" umgehen und vorbeugen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie mit "überdrehtheit" umgehen und vorbeugen?

Liebes Expertenteam, Ich mache mir Sorgen um meinen Sohn (im Januar 3). Ich habe vor drei Monaten eine Tochter bekommen, kann aber gar nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Verhaktensauffälligkeiten meines Sohnes parallel begannen. Eigentlich glaube ich eher das dies schon länger so war, mir aber jetzt verstärkt auffällt - auch weil ich natürlich mehr von ihm erwarte, seit dem er nun größer ist (natürlich ist er mit der Geburt meiner Tochter nicht größer geworden, aber seit dem er sich dem Kiga-Alter annährt, erwarte ich natürlich anderes als vom 2-jährigen). Er geht seit 1,5 Jahren zur Tagesmutter, drei Tage jeweils für sechs Stunden. Die Eingewöhnung verlief sanft, trotzdem hat er immer Probleme mit dem Abschied. Er weint schon morgens, wenn er seine Frühstücksdosen sieht etc. Wir gehen einmal wöchentlich zum Spielkreis in einen Waldorfkiga, zu dem er im nächsten Jahr gehen wird. Ich begleite ihn dort, trotzdem weint er, wenn er weiß das wir dort hin gehen. Dort fällt er immer auf. Er ist sehr lebhaft - aber an Bewegung und frischer Luft mangelt es ihm nicht! Ich habe eher das Gefühl je müder er wird, desto überdrehter wird er. Er läuft vor mir weg, hört nicht, schmeißt Sachen durch die Gegend. Ich möchte aber eigentlich weiter zur Spielgruppe gehen, da ich ihn ja auch nicht abschirmen kann. Ich habe allerdings nicht das Gefühl das es die typische autonomiephase ist, sondern überforderung. Denn zu Hause ist er meistens ein - zwar lebhafter - aber ausgeglichener junge. Er guckt auch mit mir gemeinsam 40min Bücher an und spielt sehr ausgiebig und konzentriert mit seiner briobahn oder seinen autos. Puzzles und rollenspiele sind (noch?) Nicht so seins. Wenn aber Besuch hier ist, läuft es ähnlich. Er rennt durch die Wohnung, hüpft, ist laut. Ich komme wirklich an meine Grenzen und weiß nicht wie ich angemessen reagiere und wahrscheinlich reagiere ich oft ganz verkehrt und verschlimmere die Situation. Z.b waren wir gestern Laternelaufen mit der Spielgruppe. Seine Laterne ist runtergefallen, weil sie nicht richtig am Draht befestigt war. Das fand er lustig und machte es dann immer extra. ich sagte das ich nun die Laterne nehmen würde, wenn er sie nochmal runter wirft. Tat er und ich nahm sie weg. Es interessierte ihn aber nicht. Dann lief er überhaupt nicht auf dem (Wald)weg, sondern sprang in Pfützen, schmiss sich auf den Boden, lief im Gebüsch. Ich erklärte ihm das alle Kinder gerne Laterne laufen wollen und auf ihn warten und er Bitte auch an der Hand gehen sollte. Er reagiert aber gar nicht. Dann gehe ich einfach weiter und sage ihm er soll bitte mitkommen, sonst gehen wir ohne ihn (ich weiß genau das dies gemein ist und Ängste hervorruft, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen). Mir war sein Verhalten so peinlich das mir Tränen in den Augen standen. Schlussendlich habe ich ihn mit einem Fruchtriegel bestochen, worauf ich ebenfalls nicht stolz bin. Immer wenn er ein Stück ordentlich an der Hand lief, bekam er ein Stück Riegel. Das funktionierte und ich lobte ihn. Abends sagte ich ihm das ich den Laternenlauf nicht so schön fand, weil er so viel gestänkert hat und wie er es fand. Er sagte mir dann das er stänkert, weil er nicht zur Spielgruppe möchte. Ich fühle mich wirklich hilflos. Positiv bestärken tue ich ihn schon. Er ist ja auch ein toller junge ;) er ist sehr lieb zu seiner Schwester und bekommt weiterhin viel Mamazeit, schläft im Familienbett. Ich gebe aber mit schlechtem Gewissen zu, dass ich in letzter zeit öfter laut geworden bin. Ist es einfach nur Trotz, Überforderung? Sollen wir weiter zur Spielgruppe, obwohl es so ein Stress für alle Partien ist? Denn mir ist sein Verhalten und meine Hilflosigkeit natürlich auch peinlich und nebenbei habe ich ja noch ein Säugling auf dem Arm. Vielen Dank für Ihren Rat und Ihre Arbeit im Rahmen des Forums

von marie90 am 10.11.2016, 13:08



Antwort auf: Wie mit "überdrehtheit" umgehen und vorbeugen?

Liebe marie90, Ihr Sohn weiß noch nicht, wie er sich in ungewohnten Situationen verhalten soll. Er ist verunsichert und überspielt dieses. Da er an drei Tagen zur Tagesmutter geht, hat er Kontakt zu anderen Kindern und bräuchte die Spielgruppe nicht. Sie müssen entscheiden, wieviel Streß es für Sie als Mama bedeutet. Sie fürchten, dass Ihr Sohn "unruhig" wird und das spürt er sofort und verhält sich entsprechend. Pausieren Sie gerne ein wenig. Manchmal genügen ein paar Wochen und die Kinder haben im Zuge der Entwicklung einen weiteren Schritt gemacht und können entsprechende Situationen besser einschätzen und sich entsprechend verhalten. Bestechungen, wie Früchteriegel, wird er sich merken. Besser wäre es dann tatsächlich, den Laternenumzug abzubrechen. Auch das wird er sich merken und sich für´s nächste Mal überlegen, ob er nicht doch an der Hand geht. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 12.11.2016