Wie können wir das wieder im Griff bekommen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie können wir das wieder im Griff bekommen?

Guten Morgen! Mein Sohn 9 Jahre ist total schwierig. Er kann nicht mehr normal mit uns sprechen, meckert nur rum. Man traut sich schon gar nicht mehr ihm was zu sagen, weil man Angst hat er flippt gleich aus. Unternehmungen die wir gerne machen würden, will er nicht machen, bestehen wir darauf, wird es keine schöne Unternehmung, weil er nur meckert. Er will nicht mehr laufen, ihm ist langweilig usw. Wenn er Hunger hat, muss es sofort was geben, ansonsten schmeißt er sich auf dem Boden und jammert wie ein 3 jähriger rum. Er schmeißt sich auch auf den Boden, wenn ein Kollege dabei ist, das ist ihm nicht peinlich. Es ist echt nicht mehr schön mit ihm, selten, das man noch viel Spaß mit ihm hat, er hat ständig schlechte Laune. Auch Kollegen gegenüber benimmt er sich so, wenn es nicht nach ihm geht, er will immer der bestimmter sein. Er hat auch mal Liebe Zeiten, da will er u s helfen, sagt wie lieb er uns hat, das wir sein Wunder sind und hübsch. Da will er nur schmusen und sagt tausend mal, wie lieb er uns hat und das wir die besten Eltern sind. Ich hab das Gefühl, in meinem Sohn sind zwei Kinder drin, ein Tyrann und ein herzlicher Liebender Junge. Ich denke das es mein Fehler ist, das er so geworden ist. Ich habe mit ihm, bis zum 5 Lebensjahr, solange wollte er es auch noch, täglich mit ihm was unternommen. Wir waren jeden Tag irgendwo, Spielplatz, Krabbelgruppe, Babyschwimmen, kinderturnen, in einer Indoorhalle usw. Wenn wir nicht weg waren, habe ich mit ihm zuhause gespielt, alles was er wollte. Wollte ihn immer glücklich machen, bin sofort nach jedem Pieper gesprungen wenn er was wollte. Jetzt wo er älter ist, hab ich die Quittung dafür, jetzt möchte er immer noch von vorne bis hinten bedient werden, Frühstück muss ich ihm schmieren, Fleisch klein schneiden, trinken geben. Ich finde, er ist jetzt alt genug um das jetzt alleine zu machen, mach ich das nicht, gibt es mega Theater. Wenn ich was sage, das ich sein Verhalten nicht gut finde, weil ich alles für ihn mache und er sehr undankbar ist, sagt er nur, sei ruhig und lass mich. Wie kann ich das wieder ändern, bekommt man es überhaupt noch geändert? Was wird erst, wenn er in der Pubertät ist, knallt er uns dann eine und hört noch weniger! Bitte helfen Sie mir! Vielen Dank! Mfg

von glücklichemama36 am 29.07.2019, 10:56



Antwort auf: Wie können wir das wieder im Griff bekommen?

Liebe glücklichemama36, ich kann mich der Antwort meiner Vorrednerin nur anschließen. Setzen Sie sich mit dem Papa und Ihrem Sohn gemeinsam hin und besprechen, welche Veränderungen Sie sich wünschen und erklären auch, wie er seinen eigenen Bedürfnissen gerecht werden kann, auch wenn er das eigentlich weiß. Ein Beispiel: "Wenn du Durst hast, kannst du an den Kühlschrank gehen und dir etwas zu trinken nehmen." Wie verhält sich Ihr Sohn in der Schule? Zeigt er entsprechendes Verhalten nur in Ihrer Anwesenheit? Suchen Sie das Gespräch mit der Lehrerin/dem Lehrer Ihres Sohnes und erklären die Situation, so dass die Lehrer Ihren Sohn ggf. auffangen können, falls sich die veränderte Lebenssituation zu Hause auf sein Verhalten in der Schule auswirkt. Die nächsten Wochen werden anstrengend für Ihren Sohn werden. Bleiben Sie konsequent und verständnisvoll. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 29.07.2019



Antwort auf: Wie können wir das wieder im Griff bekommen?

Ich glaube nicht unbedingt, dass deine volle Aufmerksamkeit, viele Unternehmungen etc für dein Kind alleine daran "schuld" ist, dass er so unleidlich geworden ist. ich denke, es ist eher das, was du dann schreibst: du wolltest ihn glücklich machen. Und hattest den Eindruck, um dein Kind glücklich zu, musst du ihm alles recht machen. Zwischen viel unternehmen, zusammen spielen, viel Aufmerksamkeit und "alles recht machen" ist aber ein großer Unterschied. Aber noch ist ja nicht alles verloren :-) Aber ich denke, es wird ein sehr dickes Fell und auch eine Art von Verständnis für euren Sohn verlangen. Ich würde so vorgehen: Überlege dir, was sich konkret ändern soll. Wie zB er soll sich sein Brot ab jetzt selbst schmieren, Getränke selber holen etc. Das besprichst du dann mit eurem Sohn. Erkläre ihm ganz offen, dass du glaubst, ihm zu lange zu viel abgenommen zu haben und das in Zukunft nicht mehr möchtest. Sowohl für dich (du bist nicht sein Diener) als auch, um seine Selbständigkeit zu fördern. Und dann sagst du ihm, was in Zukunft anders laufen soll bzw. was er ab morgen selbst tun soll. Und jetzt kommen wir zum "dicken Fell" und Verständnis für ihn. Verständnis, weil es eben nicht alleine seine "Schuld" ist und er sich jetzt vermutlich ungerecht behandelt fühlt. Aber: da darfst jetzt dennoch nicht einknicken! Leg dir ein dickes Fell über sein Jammern zu. Er wird keinen Schaden dadurch erleiden, sich sein Getränk selbst holen zu müssen! Und deine Liebe für ihn ist nicht daran zu messen, ob du ihn weiterhin bedienst oder eben nicht. Wenn er jammert, dass er aber Durst hat - es liegt in seiner Entscheidung, sich doch selbst an den Kühlschrank zu begeben. Er hat bestimmt nicht Durst, weil du ihn nicht bedienst - sondern weil er zu faul ist, selbst aufzustehen. Ich denke, am besten wäre es, wenn ihr als Eltern das auch gemeinsam so seht und eben durchzieht. Aber das wird nur funktionieren, wenn du für dich selbst ganz klar bist - wenn er merkt, dass du dich schlecht damit fühlst, im über Durst jammern zu lassen, ist das kontraproduktiv. Er muss auch wirklich merken, dass du da mit Rückgrat stehst.

von cube am 29.07.2019, 12:34



Antwort auf: Wie können wir das wieder im Griff bekommen?

Bzgl. Ausflüge: erklärt ihm doch einfach klipp und klar (er ist ja 9 nicht 3), dass ihr euch gerne abwechseln könnt mit Vorschlägen zu Unternehmungen - ihr aber eben auch erwartet, dass er mal etwas macht, wozu ihr Lust habt und euch den Ausflug dann nicht verdirbt. Das hat etwas mit "beruht auf Gegenseitigkeit" (geben und nehmen muss sich die Waage halten) und schlichtweg auch Fairness zu tun. Beim Ausflug selbst wird er sicher nicht sofort ein Lämmchen sein - auch da werdet ihre uch ein dickes Fell zulegen müssen und sein Jammern einfach mal ignorieren. Gebt ihm mit darauf eingehen, sich ärgern lassen auch noch "Futter". Habt Verständnis dafür, dass die Umstellung für ihn jetzt erst mal unverständlich ist - aber lasst euch nicht beirren. Auch da denke ich muss er merken, dass ihr/du es ernst meint. Seinen Unmut versteht - aber auch Menschen mit eigenen Bedürfnissen seid.

von cube am 29.07.2019, 13:09