Wie einem sensiblen, lautstärkeempfindlichen 2-Jährigem helfen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie einem sensiblen, lautstärkeempfindlichen 2-Jährigem helfen?

Hallo Frau Ubbens, es gibt regelmäßig Situationen, denen mein von Geburt an stark geräuschempfindlicher mittlerweile 2-jähriger Sohn nicht gewachsen ist, und ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. ZB. War er gestern wie jeden Tag mit mir auf einem Spielplatz, wo er auf ein Klettergerüst kletterte und über eine Wackelbrücke gehen wollte. Zeitgleich liefen 2 ca. 4-5-Jährige spielend mit viel Schwung und lautem Gegröle über die Brücke an meinem Sohn vorbei. Daraufhin fing mein Sohn sofort an zu weinen und war wie gelähmt. Das ist eine ganz typische Situation, die regelmäßig passiert. Ich habe dann Schwierigkeiten ihn zu erreichen, weil er zum einen oben auf diesem Klettergerüst steht und sich zum anderen kaum ansprechen lässt. In solchen Situationen klettere ich dann so schnell wie möglich zu ihm, um ihm beizustehen und ihn zu trösten. Leider lässt er das auch oftmals nicht zu. Er versucht sich dann loszureißend und versteckt sich in einer Ecke und weint und schreit weiter (sucht aber immer den Augenkontakt zu mir) und ist dann oft erst nach 5 Minuten in der Lage, sich von mir umarmen zu lassen. Wenn es gut läuft, kann ich ihn auch direkt umarmen. Dann klammert er sich erschöpft an mich und ist fix und alle. Letzte Woche stand er ca. 5 Meter von mir entfernt auf dem Bürgersteig neben einem Mann, der auf den Fingern laut nach seiner Frau pfiff. Auch hier erschrak mein Sohn so heftig, dass er wieder erstarrte, auf den Boden sackte und laut weinte. Er war schon als Säugling sehr geräuschempfindlich…. Es gibt aber auch andere Situation, die nichts mit Lautstäke zu tun haben, ihn aber trotzdem aus der Fassung bringen. Als er auf einem Spielplatz rutschen wollte, stand direkt hinter ihm ein etwa gleichaltriger anderer Junge, der ebenfalls rutschen wollte. Dieser umklammerte meinen Sohn plötzlich von hinten, lies ihn aber nach ca. 5-10 Sekunden wieder los. Auch hier war mein Sohn komplett von der Rolle und brach regelrecht laut weinend und erstarrt oben an der Rutsche in sich zusammen. Auch hier ließ er mich erst nach ein paar Minuten an sich heran und beruhigt sich auch auf meinem Arm erst nach einer ganzen Weile. Mir zerreißt das natürlich immer das Herz, zumal er meistens meine Hilfe auch erst nach 1 bis 5 Minuten annimmt, was mich mittlerweile zusätzlich verunsichert. Wir gehen zB auch jede Woche zum Kinderturnen in eine Sporthalle. Wir müssen aber immer mit als erste dort sein, so dass die Halle noch mehr oder weniger leer ist und er Zeit hat, sich dort in Ruhe zu akklimatisieren. Dann hat er sehr viel Freude am turnen und ist total ausgelassen. Kommen wir aber erst an, wenn schon alle anderen Kinder und Eltern dort sind, fängt er an zu weinen und will nicht mehr von meinem Arm runter, so dass wir meist nach 20 Minuten wieder gehen oder die ganze Stunde lange am Rand sitzen und nur zuschauen. Es gibt viele, viele ähnliche Beispiele.. Er ist jetzt genau 2 Jahre alt und ein fröhliches, aber auch sehr sensibles Kind, dass sehr viel Zuneigung und Körperkontakt braucht. Was er natürlich auch von mir und meinem Mann bekommt. Da ihn aber diese Angstsituationen, die ja im Grunde keine gefährlichen Situationen darstellen, so dermaßen überwältigen, frage ich mich, ob das noch „normal“ ist oder ob er vielleicht anderweitige Hilfe in Form einer Therapie etc. braucht….? Ich kann das nur ganz schwer einordnen, weil ich solche Situationen von anderen Kindern und Müttern nicht kenne. Eine Entwicklungspsychologin, mit der ich mich einmal unterhalten habe, sagte mir mal, dass es mit der Geburt zusammenhänge. Die Nabelschnur war um seinen Arm und um sein Bein gewickelt, so dass er trotz Wehen nicht rutschen konnte. Mit jeder Wehe, die ich hatte, sackten dann seine Herztöne ab, weil der Druck auf die Nabelschnur so hoch war. 5 bis 6 Stunden lang ging das so, erst dann wurde ein Notkaiserschnitt vorgenommen. Die Psychologin erklärte mir, dass er an diese für ihn lebensbedrohliche Situation immer wieder erinnert würde, wenn er in Situationen gerate, denen er hilflos ausgeliefert sein. So wie er bei der Geburt dem Druck meiner Wehen über mehrere Stunden hilflos ausgeliefert und eben auch in einer lebensbedrohlichen Situation war. Zum Thema Kita: er ist gerade dabei eingewöhnt zu werden (mein Mann übernimmt das). Ich erhoffe mir davon, dass er die Angst vor anderen, älteren Kindern, die laut spielen und rennen, verliert, wenn er in der Kita damit regelmäßigen Kontakt hat. Wie schätzen Sie sein Verhalten ein? Und haben Sie einen Rat, was ich tun kann, um meinen Sohn zu stärken und ihm dabei zu helfen, solche Situationen gelassener zu nehmen? Herzliche Grüße Sandra

von beatpacker am 05.10.2015, 21:11



Antwort auf: Wie einem sensiblen, lautstärkeempfindlichen 2-Jährigem helfen?

Liebe Sandra, Ihrem Sohn könnte eine osteopathische Behandlung gut tun. Viele Empfindlichkeiten im Säuglings- oder Kleinkindalter rühren von der Geburt her. So kann die Einschätzung der Entwicklungspsychologin durchaus auf Ihren Sohn zutreffen. Auf der anderen Seite gibt es Kinder, die ein wenig länger brauchen, um sich in unserer manchmal rauen Welt gänzlich zurecht zu finden. Gehört Ihr Sohn zu dieser Kategorie, dann hat er noch ein wenig Zeit und Sie sollten ihm geduldig beistehen und ihn loben für toll gemeisterte Situation. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 07.10.2015



Antwort auf: Wie einem sensiblen, lautstärkeempfindlichen 2-Jährigem helfen?

Hallo Sandra. Bei meinen Kindern War es so ähnlich. Ich rate dir, dich in das Thema Hochsensibilät einzulesen. Man findet viel im Internet und es gibt auch gute Bücher. Ich bin selbst hochsensibel. Für mich war es eine absolute Erleichterung, über die Zusammenhänge Bescheid zu wissen. So kann ich meinen Kindern auch immer gut helfen. Dein Junge braucht keine Therapie. LG Jana

von JanaSchSch am 08.10.2015, 20:54



Antwort auf: Wie einem sensiblen, lautstärkeempfindlichen 2-Jährigem helfen?

Hallo, bin jetzt erst über Deinen Beitrag gestolpert. Das klingt total nach meinem Sohn. Alles was Du schilderst könnte mein Sohn sein! Auch ich hatte fast einen Notkaiserschnitt. Mit 3 hab ich ihn in die Kita gegeben und mit 3 1/4 ca sprach mich seine Erzieherin auf dieses Thema an. Ich habe ihn bei der Ergotherapie angemeldet. Seine Ergotherapeutin erklärte mir das mein Sohn verschiedene Reize nicht gut verarbeiten kann und er deswegen so reagiert wie eben auch dein Sohn. Mitlerweile ist er 4 1/4 Jahre alt und diese ''Sache'' hat sich durch die Ergotherapie sehr gebessert. Mir wurde gesagt das es wichtig ist , vor der Schule diese Sache in ''Angriff'' zu nehmen. Evtl gehst du nochmal mit ihm zur Kinderärztin und schilderst ihr das. Kinder entwickeln sich aber auch verschieden,-die einen sind etwas wilder,die anderen ruhiger und sensibler. Ich wünsch euch alles Gute! junima

von junima2011 am 10.10.2015, 20:03