Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

Wie die Situation entspannen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

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Frage: Wie die Situation entspannen?

Nana151085

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Hallo Frau Ubbens! Ich schreibe, weil ich manchmal einfach nicht mehr weiter weiß. Mein Sohn ist 22 Monate alt und strebt aktuell stark nach Autonomie. Er ist seit Geburt sehr willenstark und schreit sich "blau" seit er zwei Wochen alt ist. Er ist ein aktiver und kluger kleiner Junge und ich liebe ihn mehr als mein Leben. Trotzdem bringt er mich aktuell massiv an meine (und die meines Mannes) Grenzen, sodass ich ihn schon angeschrien habe. Ich "hasse" mich jedes mal danach und fühle mich wie die schlechteste Mutter aller Zeiten. Er beißt, haut und kratzt. Er haut sich selbst vor lauter Wut gegen den Kopf, manchmal auch mit Gegenständen), und wenn das nicht genügt haut er sein Köpfchen auch auf den Boden. Kissen u.ä. darunter legen haben wir probiert. Er krabbelt dann weiter, bis er eine ausreichend harte Fläche gefunden hat. Er läuft nur noch mit Beule auf der Stirn herum. Ich habe auch schon seine Händchen sanft festhalten wollen oder ihn in den Arm nehmen, aber dann schreit und haut er sich noch mehr. Dieses Verhalten tritt z.T. ohne Vorkommnis auf. Wir sitzen beim Frühstück, unterhalten uns, er lacht und auf einmal schlägt er sich den Kopf. Was kann ich tun? Er tut mir in seiner Not und Wut leid, wenn er sich aber einfach nicht beruhigen lässt, werde auch ich immer nervöser. In meiner Verzweiflung weine ich dann und "schreie", damit er aufhört. Auch sein Essen wird immer schwieriger. Seit er 1 Jahr alt ist, bekommt er unser Essen. Er ist sehr wählerisch, was mich tendenziell nicht stört, mittlerweile isst er aber nur noch Nutellabrot, püriertes Obst, Kuchen und pürierte Suppen. Hin und wieder Milchbrei. Dafür wacht er Nachts 3-4mal auf und möchte seine Flasche haben. Verweigern wir ihm diese, dann schreit er lange und laut, klettert aus dem Bett und haut sich und uns. Auch in der Krippe isst er nichts von dem dort angebotenen Essen. Nur seine Brotdose. Ich lasse ihn beim Kochen zuschauen, er rührt mit im Topf, mit Unterstützung schnibbeln wir zusammen Gemüse, er darf alles anfassen, probieren wenn er mag etc. Ich koche jeden Tag frisch und ausgewogen. Ich versuche das Essen zu keinem zu großen Thema werden zu lassen, aber es fällt langsam sehr schwer. Seit knapp 2 Jahren haben wir nicht mehr durchgeschlafen. Wir waren mal bei einer Milchflasche Nachts, jetzt sind es wieder 3-4 im 3-Stunden-Rhythmus. Er ist ein guter Junge und ich möchte alles richtig machen, dass ist vielleicht das Problem. Können Sie mir einen Rat geben?


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

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Liebe Nana151085, Ihr Sohn braucht ein Ventil, um seine Wut, seinen Frust loszuwerden. Er hat für sich das Schlagen von sich selbst incl. Kopf auf den Boden schlagen entdeckt. Auch wenn es manchmal schwer fällt, dem tatenlos zuzusehen, sollten Sie nicht versuchen, ihn aufzuhalten. Er muss sich in dem Moment selbst spüren. Bleiben Sie in seiner Nähe, damit er jederzeit Trost bei Ihnen suchen kann. Bei den Mahlzeiten stellen Sie die Optionen auf den Tisch und Ihr Sohn kann sich aussuchen, ob er beispielsweise nur Kartoffeln, nur Möhren, nur die Gurke oder mehrere Dinge essen möchte. Mittags darf das Essen gerne fein gepratscht werden, wenn er es gerne weich mag. Da er Brot isst, zeigt er ja, dass er härtere Sachen essen kann und mag und die Hauptmahlzeit nicht püriert werden muss. Möchte er nichts nehmen, dann darf er bis zur nächsten Mahlzeit warten. Gerne dürfen Sie für ihn, er muss es ja nicht wissen, die nächste Mahlzeit etwas vorziehen. Gerne darf er die gleichen Dinge noch einmal angeboten bekommen. Oft müssen Kinder "neue" Lebensmittel mindestens 10 Mal angeboten bekommen, bevor sie sie probieren. Seien Sie das gute Vorbild und essen mit Ihrem Sohn zusammen. Reden Sie nicht auf ihn ein. Irgendwann wird er zu den angebotenen Speisen greifen. Hat er mittags nichts gegessen, können Sie ihm das Mittagessen (Kartoffeln und Gemüse gerne mit etwas Brühe vermengt) zu einer Suppe pürieren. So bekommt er auch die "guten" Lebensmittel und das ohne Druck. Mag Ihr Sohn so gar nichts annehmen, so halten Sie durch. Wenn Ihr Sohn genügend trinkt, darf er auch mal einen Tag nichts essen. Nachts ist ebenso Konsequenz gefragt. Erklären Sie Ihrem Sohn vor dem Schlafengehen, dass es nun keine Flasche mehr gibt. "Die Milch ist alle und Mama kauft keine neue mehr." Er darf noch einmal etwas anderes zu essen angeboten bekommen und sich dann entscheiden. Sicherlich wird Ihr Sohn trotzdem wach werden und nach einer Milchflasche verlangen. Erklären Sie ihm noch einmal, dass es keine Flasche mehr gibt. Sie werden sehen, nach nicht einmal einer Woche wird Ihr Sohn nachts vermutlich nicht mehr nach einer Flasche fragen. Er wird sich an die neue Regelung gewöhnt haben. Wichtig ist, dass Sie selbst durchhalten. Sei es das Essen am Tag und die Flasche in der Nacht. Denken Sie daran, Sie sind bei ihm. Er muss in der Nacht nicht alleine wütend sein. Viele Grüße Sylvia


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