Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Was unternehmen?

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Was unternehmen?

Mitglied inaktiv

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Hallo und guten Tag! Meine Tochter wird bald 7 Jahre und ist im vergangenen Sommer in die erste Klasse gekommen. Vorab sei gesagt, dass es nie -auch nicht im Kindergarten- Verhaltensauffälligkeiten gab. Sie ist ein sehr lebhaftes Kind und muss immer was zu tun haben, auch ist sie sehr sportlich. Nun sagte mir ihre Lehrerin vor ein paar Wochen, dass sie scheinbar unheimlich unter Druck stehen würde. Sie störe zwar nicht großartig den Unterricht, jedoch fängt sie dann an, wenn ihr etwas mühsam erscheint oder unter Druck zu sein scheint, am Daumen zu nuckeln oder sie fasst sich in den Schoß und reibt dann daran. Diese beide Dinge sind uns schon lange bekannt, jedoch hat sie es sonst nur zu Hause hin und wieder heimlich und nur zeitweise gemacht. Nun scheint sie es öffentlich zu machen und die Lehrerin meinte, dies geschehe auch unbewusst, aber der Wille sei da, es nicht zu tun. Agressiv ist sie in keinster Weise. Die Lehrerin meinte, wir sollten eine Verhaltenstherapie zur Selbstbeherrschung machen, das würde sich wohl nicht "rauswachsen". Die anderen Kinder ließen sich teilweise sogar zeitweise von ihrem Verhalten anstecken und das Ganze sei nicht vertretbar, vor allem die Sache mit dem Schoß reiben. Wir haben schon öfter mit unserer Tochter darüber geredet und nun mit Verboten gedroht, sollte sie es weiterhin machen. Nun werden von der Lehrerin Beobachtungsbögen ausgefüllt, sie wolle nochmal mit den anderen Kollegen reden und wir müssten uns auch nochmal zusammensetzen. Ob sie sich selbst unter Druck setzt oder Druck auf sie ausgeübt wird, wissen wir nicht, wir denken aber ersteres. Wie sollen wir uns nun verhalten? Braucht sie wirklich eine Therapie oder reicht es aus, ihren außerschulischen Tagesablauf voll auszulasten? Handelt es sich vielleicht nur um mangelnde Aufmerksamkeit, die sie braucht? Viele Grüße Mutter-anonym


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Hallo Mutter-anonym Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Tochter sich selbst unter Druck setzt empfehle ich Ihnen keine Verhaltenstherapie sondern eher einen Entspannungskurs wie z.B. Yoga für Kinder. Auch denke ich, dass die Stärkung ihres Selbstwertgefühls wichtiger ist als eine Verhaltenstherapie, damit Ihre Tochter nicht mehr ständig besser werden will und ihr Ehrgeiz dazu führt, dass sie beschriebenes Verhalten zeigt. Ob und welche gezielte Unterstützung notwendig sein wird besprechen Sie vorzugsweise mit dem behandelnden Kinderarzt, der Ihnen und Ihrer Tochter evtl. eine Testung während einiger "Spielstunden" bei einem erfahrenen Kinder-Psychologen empfehlen wird. Liebe Grüße und: bis bald?


Bonnie

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Hallo, mir fiel auf: Bisher werden die Antworten ja nur auf schulischer Seite gesucht. Wenn Du überlegst, ob auf Deine Tochter Druck ausgeübt wird, musst Du aber auch fragen, ob Ihr zu Hause vielleicht zuviel Druck ausübt. Kinderpsychologen betonen immer, dass Kinder zu Hause erzogen werden, nicht in der Schule. Dass man selbst zuviel Druck auf sein Kind ausübt, geschieht ja oft unbewusst und ohne böse Absicht. Zum Beispiel, indem man zuviel Wert legt auf gute Manieren, auf saubere, ordentliche Hausaufgaben, auf Ordnung, darauf, dass das Kind gut hört, dass es seine Gefühle gut kontrolliert, dass es z. B. keine Wutausbrüche ausleben darf usw. Manchmal hilft es schon zu überlegen, ob es da nicht doch auf Seiten des Vaters oder auch der Mutter zuviel unabsichtlichen Druck gibt. Selbstbefriedigung ist ja an sich nichts Schlimmes, sondern auch bei Kindern etwas Normales. Am besten ist es, einem Kind zu sagen, dass es okay ist, solange es im privaten Rahmen und ohne Zuschauer geschieht. Da Deine Tochter es momentan aber kaum schafft, es nicht in der Schule zu tun, muss sie offenbar stärkere innere Anspannungen loswerden. Eine Therapie, die ihr helfen soll bei der "Selbstbeherrschung" ist natürlich Unsinn und hat eher etwas mit laienhaften Ideen der Lehrerin zu tun. Wenn überhaupt, würde eine Kindertherapie (z. B. Spieltherapie) bei den inneren Spannungen ansetzen und deren Ursache aufzuspüren versuchen. Den Eltern würde dabei geholfen, ihre unterschwelligen Erwartungen und Anforderungen ans Kind zu erkennen und möglichst zu reduzieren - und dem Kind, mit inneren Spannungen und schulischem Druck besser umgehen zu lernen, also eigene Strategien zur Bewältigung zu entwickeln. Es gibt z. B. Kurse in Autogenem Training für Kinder. Diese werden von den gesetzl. Krankenkassen weitgehend bezahlt (mind. 70 EUR pro Kurs). Das wäre sicher auch schon eine gute Maßnahme, um Deine Tochter zu mehr Entspannung zu verhelfen. Zugleich ist es aber wichtig, dass Du und Dein Mann Euch überlegt, ob Ihr in manchen Bereichen zuviel erzieherischen Druck ausübt oder schon zu viel Reife, Selbstkontrolle, Fleiß etc. von Eurer Kleinen erwartet. Ihr Verhalten ist auf jeden Fall ein Hinweis darauf, dass Ihr ihr noch mehr Gelassenheit und Vertrauen in sie vermitteln könntet. LG


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