Trotzverhalten mit körperlicher Abwehr

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Trotzverhalten mit körperlicher Abwehr

Sehr geehrte Frau Ubbens, ich wende mich nochmals mit einem Anliegen an Sie. Es geht um die Trotzphasen meines Sohnes (2,5 Jahre alt). Mein Sohn verfällt bei bestimmten wiederkehrenden Abläufen in Trotzverhalten, wo ich einen Rat benötige. Hauptsächlich tritt dieses Problem beim Anziehen und Ausziehen auf. Ich erläutere am besten anhand von Beispielen. Wir müssen die Wohnung verlassen und uns anziehen. Ich sage meinem Sohn ganz klar, was ansteht. „Komm, wir ziehen uns jetzt an. Wir fahren zur Kita“. Mein Sohn tut so, als würde er mich nicht hören. Er spielt weiter oder legt sich einfach aufs Sofa. Ich habe auch schon gewartet und ich habe auch schon kurz so getan, als würde ich ohne ihn gehen. Dann weinte er und lief zur Tür, fiel gleich aber auch wieder in das Verhalten zurück. Ich weiss einfach nicht, wie ich ihn dazu bringen soll, sich anzuziehen (das Verlassen der Wohnung ist nicht das Problem). Wenn ich meinen Sohn dann von der Kita abhole, gehen wir runter zur Garderobe. Auch dort hatte ich schon mehrfach Situationen, wo er sich nicht anziehen liess und auch selbst sich nicht anziehen wollte. Was der Auslöser ist, ist oft verschieden und manchmal von mir gar nicht nachvollziehbar. Letztens hatte ich eine Situation, die mir äusserst unangenehm war. Im Garderobenraum angekommen, fing mein Sohn an zu weinen und wendete sich von mir ab. Wollte sich erst recht nicht anziehen. Da er vorher nach einem Kakao gefragt hatte, den ich dieses mal aber leider nicht dabei hatte (jedoch Alternativen), entfachte die Wut und Enttäuschung bei meinem Sohn. Ich setzte mich also hin und wartete ca. 10 Minuten, aber er kauerte wütend in einer Ecke und liess nicht mit sich reden: Irgendwann kamen Erzieher mit ihren Gruppen, um die Kinder nach der Vesper für das Draussen Spielen anzuziehen. Sie bekamen die Situation mit. Als mein Sohn sich nach weiteren 10 Minuten weiter so verhielt, zusätzlich noch rum schriee, nahm ihn seine Erzieherin hoch und übergab ihn mir. Dann kämpfte mein Sohn körperlich gegen mich, hatte getreten und sich steif gemacht, es war kaum möglich, ihn zu beruhigen oder anzuziehen. Ich war in der Situation sehr überfordert und konnte aber nicht den gesamten Nachmittag in der Garderobe sitzen. Ich möchte auch nicht, dass sich solche Situationen wiederholen. Nur wie kann ich da reagieren? Mit Zureden, Motivieren oder was Anbieten klappt es ja nicht. Ich kann meinen Sohn auch nicht bei Winter Temperaturen ohne Jacke, Mütze raus gehen lassen. Es ist einfach zu kalt und wir leiden eh schon darunter, da er sehr häufig Infekte hat und empfindlich auf Zugluft reagiert (wir fahren auch nicht Auto, sondern müssen zum Bus). Wie erwähnt, zu Hause lassen sich so manche Situationen händeln, weil ich da auch genug Zeit, Raum und Alternativen habe, ihn erstmal abzulenken oder ihn einfach in Ruhe zu lassen. Aber unterwegs ist das manchmal eine Tortour. Oder wenn wir halt die Wohnung verlassen müssen. Da kann ich nicht noch 30 Minuten betteln und hoffen, dass er mal Lust bekommt, weil der Alltag an gewisse Strukturen gebunden ist, die nicht immer den Launen des Kindes angepasst werden können . Ausserdem habe ich manchmal das Gefühl, dass mein Sohn es auskostet, wenn es nach seiner Laune geht und sich dieses Verhalten nur noch verschlimmert. Andererseits möchte ich auch nicht körperlich eingreifen, indem ich das Kind einfach auf meinen Schoss setze und gegen seinen Willen anziehe. Ich bin alleinerziehend und habe nicht die Möglichkeit, diese Abläufe vorübergehend an eine andere Person zu verteilen. Auch hatte ich vor 2 Monaten mal ein Gespräch mit seiner Erzieherin. Diese sagte zu mir, dass mein Sohn sich in der Gruppe nicht so verhält und im grossen und ganzen gut integriert ist. Die Erzieherin haute mir aber auch gleich an den Kopf, dass das Problem nur an der Erziehung liegen könnte. Das hatte mich sehr traurig gemacht, so etwas zu hören und ich fühlte mich schuldig und machtlos. Ich nehme mir viel Zeit für meinen Sohn und stelle meine Bedürfnisse oft hinten an. Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es daran liegt, dass mein Sohn sich vernachlässigt fühlt. Vielleicht ist er im Winter nicht so ausgelastet, weil er sehr oft krank wird und wir entsprechend in solchen Zeiten kein Nachmittags Programm machen können wie Kindersport oder Indoorspielplatz. Aber das kann ich nun auch nicht ändern. Ich habe im Internet schon von ähnlich betroffenen Eltern gelesen. Aber im Alltag beobachte ich das selten, dass ein Kind sich so benimmt und daher komme ich mir sehr einsam vor mit meinem Erleben. Bitte helfen Sie mir, das Verhalten zu verstehen und schlagen Sie mir mit Rat Alternativen vor. Viele Grüße Kathrin

von Amelie1979 am 29.01.2018, 16:26



Antwort auf: Trotzverhalten mit körperlicher Abwehr

Liebe Kathrin, kündigen Sie ein Ende der Spielezeit ein paar Minuten vor dem Anziehen an. "Du kannst die Autos noch einparken, dann ziehen wir uns an und gehen zur Kita." Gehen Sie dann nach kurzer Zeit zu Ihrem Sohn, nehmen ihn an die Hand und gehen gemeinsam zur Garderobe. Mag sich Ihr Sohn partout nicht anziehen lassen, nehmen Sie ihn ohne Jacke mit nach draußen. Womöglich müssen Sie nicht einmal durch die Tür und Ihr Sohn wird wollen, dass Sie ihn anziehen. Kurz vor die Tür ohne Jacke, wird Ihrem Sohn nicht schaden. Ihr Sohn darf erfahren, dass wenn Sie nach Hause wollen (oder zur Kita usw.), Sie es ernst meinen und dem nachkommen. Er darf lernen, dass ihm Protest nicht weiterhilft. Im Gegenzug darf auch er Entscheidungen treffen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 30.01.2018