Tochter 2 Jahre, 8 Monate ist noch immer nicht sie selbst

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Tochter 2 Jahre, 8 Monate ist noch immer nicht sie selbst

Liebe Frau Ubbens, vor 5 Monaten hatte ich bereits wegen der starken Phantasie meiner Tochter bei Ihnen angefragt (https://www.rund-ums-baby.de/erziehung/beitrag.htm?id=127667&suche=Rollen&seite=1). Sie schlüpfte immer in die Rollen anderer Kinder/Figuren und wollte gar nicht sie selbst sein. Besonders der Eintritt in den Kindergarten verunsicherte mich diesbezüglich. Leider hat sich das Verhalten in den letzten 5 Monaten nicht verändert, im Gegenteil habe ich eher den Eindruck, dass es sich weiter zuspitzt. Im Kindergarten akzeptiert sie, dass sie mit ihrem Namen angesprochen wird. Solange ich noch dabei bin, korrigiert sie zwar die Erzieherinnen und die Kinder "Ich bin nicht die XY!!" und wird sehr ärgerlich. Bin ich weg, reagiert sie bei den Erzieherinnen auf ihren richtigen Namen, bei den Kindern wird sie wütend und korrigiert weiterhin (manche Kinder ziehen sie damit schon auf...). Zu Hause beschwert sie sich immer darüber, dass sie im Kindergarten XY sein muss. Zu Hause ist sie weiterhin nie sie selbst, mittlerweile spielt sie jedoch, dass wir XY in Holland vergessen haben oder XY mal zu Besuch kommt, manchmal bin auch ich XY. XY wird dann immer herumkommandiert. Sie selbst ist meist irgendein großes Kind aus dem Kindergarten (besonders ein großer Junge im KiGa hat es ihr von Anfang an angetan), manchmal auch Pippi Langstrumpf oder Karla Kolumna (Bücher) und manchmal (für mich schwer zu ertragen) ein Baby aus dem Freundeskreis und dann muss ich sie ewig tragen, auch beim Stillen (morgens) ist sie dieses Baby. Mittlerweile regt sie sich auch auf, dass sie nicht "Du" oder "Sie" ist, wenn man mit ihr oder über sie spricht. Aber ich kann ja nicht immer in der dritten Person und anderem Namen mit ihr sprechen. Wenn Fremde nach ihrem Namen fragen, ist sie immer ein anderes Kind, manche Leute im entfernten Umkreis sind schon ganz verwirrt, ein paar dachten schon, wir hätten mehrere Kinder! Weiterhin sagt sie uns mittlerweile, was wir zu ihr zu sagen haben, meist sollen wir sie in den Rollen loben, z.B. "Das hast du so toll gemacht, Karla!", "Pippi, du bist ja stark!" oder "Lukas, ist schon gut, Mama kommt ja". Ich rede den ganzen Tag mit ihr, wenn wir zusammen sind, sie geht ca. 3 Stunden am Tag in den Kindergarten. Es kann also nicht daran liegen, dass sie nicht genug Aufmerksamkeit bekommt. Wann hört denn diese Phase endlich auf? Seit 9 Monaten mache ich den Spaß schon mit, ich habe langsam die Sorge, dass sie bald gar nicht mehr weiß, wer sie wirklich ist, weil wir sie immer nur mit anderen Namen ansprechen müssen. Es ist ja schön, dass sie so viel Phantasie hat, aber ich habe den Eindruck, dass sie gar nicht mehr da herausfindet. Beim Kinderarzt waren wir schon, der erzählte dann nur, dass seine Tochter ein Jahr lang einen imaginären Freund hatte, der immer mit am Tisch sitzen musste. Soll heißen, ich soll einfach mitspielen und es geht von allein vorbei. Wenn es nur ein imaginärer Freund wär, für den ich den Tisch mit decken muss, könnte ich echt damit leben, aber sie hat ca. 40 Persönlichkeiten, die manchmal im Minutentakt wechseln. Nur sie selbst ist sie nie! Ist das echt noch normal?? Verzweifelte Grüße!

von Jahne am 29.01.2018, 11:12



Antwort auf: Tochter 2 Jahre, 8 Monate ist noch immer nicht sie selbst

Liebe Jahne, ja, das Verhalten Ihrer Tochter kann noch ganz normal sein. Dennoch, und da stimme ich meinen beiden Vorrednerinnen zu, wenn Sie es nicht mehr möchten, setzen Sie Grenzen. Ich werde nicht ausführlicher darauf eingehen, da meine Vorrednerinnen schon so toll geantwortet haben. Nur soviel, dass es sinnvoll ist, feste Zeiten festzulegen, wann Ihre Tochter akzeptieren muss, dass sie sie ist, z.B. bei den Mahlzeiten, sie aber festlegen kann, wer sie sein möchte, während der Spielphasen. Besprechen Sie dies in einem ruhigen Moment mit ihr und halten anschließend den Protest aus. Trösten Sie sie aber gerne. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 30.01.2018



Antwort auf: Tochter 2 Jahre, 8 Monate ist noch immer nicht sie selbst

Hi! Ich bin sehr gespannt, was Frau Ubbens antwortet, denn das hört sich anstrengend an. Ich glaube allerdings nicht, dass sie nicht mehr weiß, wer sie ist - denn sie reagiert ja bei den Erzieherinnen auf ihren Namen bzw. akzeptiert, so angesprochen zu werden, sobald du nicht mehr da bist. Ich persönlich würde ehrlich gesagt mit ihr reden und erklären, dass DU das so nicht mehr willst und DU sie jetzt nur noch mit ihrem Namen ansprechen wirst bzw. DU auch nicht mehr darauf reagieren wirst, wenn sie einen anderen Namen verlangt. Du kannst ja gerne einräumen, dass ihr jeden Tag eine gewisse Zeit lang nach ihren Regeln (also andere Namen) spielen könnt - jedoch eben nur diese gewisse Zeit lang. Das wäre ja ein Kompromiss. Ich habe schon den Eindruck, sie will einfach ihre Regeln aufzwingen und das musst du nicht den ganzen Tag mitmachen. Wir hatten das mit Stofftieren - ständig sollte ich eines der Tiere sprechen - jeden Tag ein anderes und dann wirklich dauernd. Es ging mir irgendwann so auf die Nerven... Habe auch Frau Ubbens um Rat gefragt und habe es ähnlich gemacht: klar gesagt, dass ich gerne hin und wieder ein Tier seiner Wahl spreche/spiele - aber eben nicht den ganzen Tag, weil ich eben auch ich bin und nicht irgendein Tier. Ich habe es wie gesagt nicht völlig abgelehnt, aber eben verlangt, daß auch meine Regeln oder Bedürfnisse berücksichtigt werden.

von cube am 29.01.2018, 11:34



Antwort auf: Tochter 2 Jahre, 8 Monate ist noch immer nicht sie selbst

Hallo, Das ist durchaus noch normal. Mein Kind ist ganz genauso, sie wechselt quasi auch im Minutentakt durch wer sie ist, will in der dritten Person benannt werden und der oder das sein, was sie sich vorstellt. Derzeit ist sie meistens ein Baby von Freunden. Haben dann dasselbe Spiel: füttern mit Brei, robben lernen, den halben Tag "dadadada digigu...". Ich spiele nur so weit mit wie ich Zeit habe und es annehmbar finde (recht lang und viel übrigens). Habe ich keine Lust mehr sage ich das klar und nehmen ihren Frust hin. Tröste sie wenn es deshalb Tränen gibt und dann ist gut. Ob andere das seltsam finden schert mich nicht wirklich, sie findet es gut und wird rausfinden inwieweit andere Menschen das mitmachen. Ich würde dir raten klar deine Grenze zu markieren bis wohin du es tolerierst und mitspielst und dann trösten wenn sie das aufregt. Und klar ihr Problem benennen. " du bist wütend/ traurig weil du unbedingt xyz sein willst. Dir macht das Spaß und ich soll mitspielen. Du findest es doof wenn ich nicht mitmache. Das kann ich verstehen aber ich mache jetzt trotzdem eine Spielpause weil..." Nach ein paar Anläufen akzeptiert sie es immer besser. Lg

von Avraa am 29.01.2018, 15:47