Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Nachahmen von anderen

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Nachahmen von anderen

Mitglied inaktiv

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Liebe Frau Schuster, Unser Sohn ist vor ein paar Tagen 3 Jahre alt geworden, besucht aber schon seit September den Kindergarten halbtags, wo er sich sehr wohl fühlt und viel dazu lernt. Er war von Baby auf seinem Alter immer ein bisschen voraus, zB beim Sprechen, er spricht sehr gut und schön, und er konnte auch schon mit 10 Monaten laufen. Nun ist es so, dass es in seiner Kiga-gruppe nur insgesamt 6 Jungs gibt ansonsten Mädchen. Vom Alter her passen sind 2 der Jungs 4 Jahre alt (2 sind kleiner als er) wovon er den einen anscheinend bewundert, weil er sich ständig in den Mittelpunkt spielt, auf eine Art und Weise die mir schlicht einfach nicht gefällt. Mein Sohn war immer sehr fröhlich und ausgeglichen und relativ unkompliziert, soweit man das von einem Kind in diesem Alter sagen kann. Aber nun kopiert er diesen Jungen völlig und wenn ich ihn danach frage, bestätigt er es auch. Dieser Junge ist ständig unzufrieden, zieht sich im Kindergarten ständig zurück, sagt, er wolle mit niemanden spielen, findet alles gemein und tut ständig beleidigt und zickig. Mein Sohn tut das zumindest zuhause jetzt auch. Wahrscheinlich nervt es mich so dermaßen, weil ich solche Seiten an ihm überhaupt nicht kenne. Ich hab das Gefühl ich hätte ein fremdes Kind vor mir. Ich versuche es mit Geduld und Gelassenheit und versuche darüber hinwegzusehen und dem ganzen nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn es mir ab und zu zu viel wird, frage ich ihn schon woher er dieses Verhalten hat, ob er nur diesen Jungen nachahmt und er bestätigt es mir dann auch. ich sage ihm dann, dass er ihn nicht nachmachen muss und dass ich gern wieder unser Kind zuhause hätte. Er ist dann ganz nachdenklich und wieder "normal". Das gibt mir das Gefühl, dass das ganze Theater tatsächlich nur Show ist. Verhalte ich mich richtig? Und wie sollte ich am Besten damit umgehen? Herzlichen Dank!


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Hallo Ratsuchende Erhält dieser Junge auf Grund seines doch recht auffälligen Verhaltens evtl. mehr Aufmerksamkeit, die Ihr Sohn nun für sich ebenfalls beanspruchen möchte? Haben Sie ihn einmal direkt gefragt, warum er diesen Jungen "so toll" findet, dass er ihn nachahmen möchte? Informieren Sie ihn dann darüber, dass der Junge bestimmt so unzufrieden ist und ständig mekkert, weil ihm Niemand hilft und bitten Sie Ihren Sohn, dem "Kleinen" doch zu helfen, weil er ja schon größer ist und selbstständig und hilfsbereit.- Hin und wieder können Sie das Nachahmen auch als lustiges Spiel auffassen, sich mit Ihrem Sohn gezielt vor einen Spiegel stellen und ihn bitten, nun einmal zu zeigen, wie dieses andere Kind meckert usw. Bald wird er dann vermutlich das Interesse an diesem Nachahmen verloren haben. Liebe Grüße und: bis bald?


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Hallo, mein Sohn (3) ist auch seit dem Sommer Kindergartenkind. Er selbst hat ein sehr gelassenes und ausgleichend wirkendes Wesen. Er ist freundlich und sensibel, tröstet andere Kinder, wenn diese traurig sind oder sich weh getan haben etc. Er hat sich als Freund nun ausgerechnet den wildesten Rabauken der ganzen Gruppe ausgesucht, einen Jungen, den ich anfangs wirklich fürchterlich und fast verhaltensauffällig (sehr aggressiv) fand. Der Junge biss und schlug, Du kannst Dir denken, dass ich ein bissel entsetzt über diese Wahl meines Kleinen war. Und dann fing mein Sohn auch noch an, diesen Jungen zu kopieren. Und zwar weniger im Verhalten als vielmehr in der Sprechweise: Mein Sohn ist sprachlich schon sehr fit, benutzt den Konjunktiv, verwendet Haupt- und Nebensätze korrekt usw. Auf einmal fing er aber zu Hause an, wie dieser Junge zu sprechen: "Müde bin. Bett will." Ich dachte erst, was ist denn jetzt los - bis ich den anderen Jungen mal sprechen hörte... Ich würde die Nachahmerei bei Deinem Sohn nicht überbewerten, dadurch erhält dieses Verhalten viel zuviel unnötiges Gewicht. Kinder müssen das wohl tun, um sich selbst mal zu erproben. Indem sie ein anderes Verhalten und eine andere Rolle ausprobieren, erfahren sie, wie sich das anfühlt. Auf diese Weise finden sie mit der Zeit umgekehrt auch heraus, wie und wer sie selbst eigentlich sind und sein möchten. Ein Kind ändert garantiert nicht sein Wesen, nur weil es eine Zeitlang ein anderes gelegentlich kopiert. Im Gegenteil, durch den Kontrast erfühlt es eher, wer es SELBST eigentlich ist. Ein Mensch und seine Persönlichkeit sind ja nicht etwas Losgelöstes, das im leeren Raum schwebt. Sondern etwas, das sich über Kontakt mit der Welt, zu anderen und durch Reibungspunkte mit anderen erst definiert und herauskristallisiert. Indem ich merke, wer ich NICHT bin, lerne ich, wer ich bin - das gilt auch schon für Kinder. Ich selbst habe auf das Nachahmen so reagiert, dass ich das nachgeahmte Sprechen nicht "verstanden" habe. Ich habe gesagt, ich versteh' Dich nicht, vielleicht kannst Du mir nochmal richtig sagen, was Du möchtest. Das klappte immer. Beim Verhalten Deines Sohnes würde ich gar nicht groß in ihn dringen und ihn nach den Gründen fragen. Sondern mit dem Prinzip der positiven Verstärkung arbeiten: Wenn er sich wie Dein "richtiger" Sohn verhält, bekommt er viel Aufmerksamkeit. Wenn er den anderen Jungen spielt, gibst Du Dich eher verständnislos und desinteressiert. Er wird das Verhalten mit der Zeit langweilig finden und merken, dass es fremd und nicht er selbst ist. Grüßle, A.


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