Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Kleiner Kamikaze - nicht zu stoppen - 20 Monate

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Kleiner Kamikaze - nicht zu stoppen - 20 Monate

Mitglied inaktiv

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Hallo Christiane mein 20 Monate alter Sohn ist im Moment ziemlich unberechenbar. Kurz zur Vorgeschichte: Ben war schon früh recht aktiv, konnte mit einem Jahr laufen, hat eine gute Motorik, ist recht angstfrei, geht Treppen alleine rauf und runter (runter auf dem Popo), und eigentlich muß ich mir da keine Sorgen machen. Im Moment ist er aber ziemlich durch den Wind, haut sich dauernd irgendwo den kleinen Dickkopf an, und wenn man ihn festhalten möchte, weil man ihn davon abhalten möchte sich weh zu tun, fängt er an zu schreien und läßt sich da wo er steht fallen wie ein nasser Sack. Inzwischen wissen wir das und halten ihn gut fest - aber dadurch tun wir ihm oft auch weh. Nun haben wir einige Streßfaktoren, er bekommt seine Eckzähne, letzte Woche habe ich ihn abgestillt, worüber wir beide nicht ganz glücklich sind, aber bestimmte Umstände haben dazu geführt, daß ich mich nun doch zum Abstillen entschlossen habe. Eine weitere Veränderung ist, daß sein großer Bruder (3,5) seit einem Monat in die Kita geht. Ben hat nun seit ein paar Tagen eine Phase, die mehr als anstrengend ist. Ganz gezielt probiert er immer und immer wieder aus, wovon er schon lange weiß, daß das ein Do not ist, und es ist ganz egal ob wir daneben stehen oder nicht: Der Tiefkühler wird auf gemacht und ausgeräumt (er legt dabei eine erstaunliche Geschwindigkeit an den Tag), das Klo von innen inspiziert, Motorikschleifen werden die Treppe hinunter geworfen, wenn ihm was nicht passt, fegt er den Frühstückstisch leer, er klettert beim Essen auf den Tisch, schmeißt Wäsche in die Toilette, läuft auf Socken raus in den Schnee, räumt den Mülleimer aus, schmeißt Spielzeug durch die Gegend, haut seinen großen Bruder und beißt mich. Wird er gemaßregelt, ist es wie mit einem Jojo. Man muß ihn nur wieder loslassen, und schon rennt er wieder zum Tatort und legt nochmal nach. Wenn ihm was nicht passt, fängt er sofort an zu brüllen und zu nöhlen, wenn man ihn dabei auf dem Arm hat windet er sich mit aller Kraft und ist kaum zu halten. Das alles liest sich, als sei das Kind schlecht "überwacht" aber dem ist nicht so. Ben nutzt einfach jede ausnahmesweise nicht verschlossene Tür, um zielstrebig das zu tun, was schon lange verboten ist. Seit dem Abstillen kuscheln wir jetzt ohne Busen, aber er zieht sich schneller wieder zurück und steht dann einfach rum und weint oder nöhlt und will nicht angefasst werden. Andererseits hat er nachts nun ein besonders hohes Kuschelbedürfnis und will dicht an dicht schlafen, was normalerweise nie ein Problem war, aber derzeit schläft er sehr unruhig, tritt und haut im Schlaf und wird oft wach. Es gab immer wieder Situationen wo ich sehr mit mir kämpfen mußte, damit ich ihn nicht wieder andocke, denn ich weiß, daß sich das in Zukunft schwierig gestalten wird, da ich tagsüber weg sein werde, und ich denke, daß es besser für uns alle ist, wenn ich ihn nicht weiter stille. Ich würde ihm so gerne diese Abnabelphase erleichtern, aber ich weiß nicht, wie ich ihm da helfen kann - und wie wir auch mal zur Ruhe kommen. Im Moment ist es ganz unmöglich, ihn unbeaufsichtigt zu lassen. Wenn wir dabei sind, spielt er auch sehr schön alleine, wir müssen einfach nur in seiner Nähe sitzen - und dürfen aber nichts tun. Lesen wir dabei selber ein Buch, sitzen am PC oder bügeln, geht er gleich wieder auf Streifzug. Können wir irgendwas tun, um die Situation zu entschärfen? Vielen Dank, Sandra


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Hallo Sandra Ben ist momentan in einem Alter, wo er ganz besonders intensiv seine Grenzen testet, während er sich gleichzeitig damit auseinandesetzt, nun vormittags ein Einzelkind zu sein. Er scheint innerlich verunsichert zu sein und benötigt nun Ihre verstärkte Zuwendung und Aufmerksamkeit, um zu seiner sicheren Orientierung zurückzufinden. Vorstellbar ist, dass die Situation sich ein wenig entschärft, wenn Sie wirklich "richtig" tagsüber weg sind. Nachts schläft er vielleicht ruhiger in seinem eigenen, unmittelbar neben Ihrem stehenden Bett, wenn er gleichzeitig mit einem Kissen oder einem T-Shirt von Ihnen kuscheln kann, das ihm zu jeder Zeit Ihre direkte Nähe zeigt, bzw. fühlen/riechen lässt. Haut er sich aus hilfloser Wut seinen Kopf, um Damit gleichzeitig Ihre helfende Aufmerksamkeit zu erreichen, reagieren Sie, indem Sie ihm mitfühlend ein Kissen o.Ä. reichen, sodass er sich abreagieren kann ohne sich selbst weh zu tun, während er gleichzeitig fühlt, dass Sie ihn trotz seines Verhaltens lieben und akzeptieren. Haben Sie (oder der Babysitter) die Möglichkeit, mit ihm eine Spielgruppe zu besuchen, damit er erste Kontakte zu ca. Gleichaltrigen knüpfen kann und sich ohne seinen Bruder nicht ganz so alleine fühlt? Liebe Grüße und: bis bald?


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