Schlumpfi11
Sehr geehrte Frau Schuster, mein Sohn ist 16 Monate alt, und ich zeigt derzeit zwei unterschiedliche Verhaltensweisen, wenn es um "andere Personen" geht, die mich beide verunsichern (bzgl. der Frage, ob er sicher gebunden ist...): Zunächst einmal ist es so, dass er, wenn wir irgendwo fremd sind, deutlich in meiner Nähe bleibt. Das ist im Moment "schlimmer", als es schon war. Er geht schon mal los und spielt, aber er macht das schon immer zurückhaltender als manch anderes Kind, und derzeit braucht er manchmal einfach recht lange, bis er sich von meinem Schoß "runterwagt". Er wird im Moment auch an zwei Vormittagen die Woche in einer KiTa eingewöhnt, was noch recht holprig läuft. Anfangs war es super, ich war immer dabei, doch er hat sich in diesem Setting total flott gelöst und gespielt - immer wieder zu mir gekommen, klar, aber er hat sich auch früh an eine Erzieherin gewandt - sponate Sympathie, würde ich sagen. So konnte ich schließlich auch ein paar Mal immer etwas länger weggehen. Er spielt dann zwar bislang vorwiegend mit der einen Erzieherin, aber er weinte nicht, war nur ein wenig beunruhigt, als ich ging, und ließ sich gut ablenken. Bei meiner Rückkehr kam er strahlend zu mir. Dann kam der Tag, als es der Lieblingserzieherin nicht gelungen ist, ihn zu beruhigen. Nach 15 Minuten bin ich wieder rein - als er mich sah, war es sofort gut. Aber am nächsten Tag hat er sich sehr an mich geklammert... Bin wieder ein paar Wochen dabei geblieben, und zuletzt klappte es wieder - wobei es bisher aber nur mit dieser einen Erzieherin geht. Hier die Frage: Könnte er unsicher-ambivalent gebunden sein? Ich war in der ersten Zeit nach seiner Geburt extrem erschöpft, vielleicht subdepressiv... habe aber dennoch immer alles gegeben, ihn nie schreien lassen, viel getragen etc. Aber mir sind auch mal selbst die Tränen gekommen (Koliken, oft weinen...). Und er ist über Monate nachts stündlich aufgewacht - da hab ich auch mal genervt reagiert, als er so 7 Monate alt war und ich langsam einfach nimmer konnte. Und so mit ca. 1 Jahr, hatte er eine ganz schwierige Phase, Laufenlernen, erste Wutanfälle, extrem anhänglich, nur tragen... Und manchmal war gar nichts recht... da hab ich ihn auch mal angeschnauzt. Wobei das nur Momente waren und ich mich sofort liebevoll entschuldigt und meine Emotion zu erklären versucht habe. Vielleicht deshalb eine unsicher-ambivalenter Bindung? Er ist halt sehr anhänglich, eher "schüchtern" (bin ich selbst auch)... aber er beruhigt sich bei mir immer sofort, in einer wie oben geschilderten Situation. Und auch früher hat er eigentlich "sicher gebunden" reagiert... Zuhause kann er übrigens, seit er laufen kann, super alleine spielen (allerdings lieber mit mir zusammen, da haben wir dann total viel Spaß, und er ist auch immer wieder echt verschmust), und da kann ich inzwischen auch problemlos mal aus dem Raum gehen, er spielt dann weiter - das ging lange gar nicht. Er war nie ein Kind, das man einfach unter ein Trapez legen konnte, um dann selbst z.B. kochen zu gehen... So, das ist aber noch nicht alles. Wenn wir bei Oma und Opa sind oder diese uns besuchen, ist es plötzlich noch mal ganz anders: Da bin ich abgemeldet. Der Opa ist das ein und alles (natürlich hat mein Sohn auch einen Papa, aber der arbeitet sehr viel, sodass er nicht so viel zur Verfügung steht), er will dann immer lieber zu ihm als zu mir. Mich schickt er sogar regelrecht aus dem Zimmer, wenn er mit dem Opa spielt! Bei ihm bleibt er folglich auch anstandslos, wenn ich wegmuss. Er fragt dann wohl paar Mal "Mama?", aber er spielt fröhlich weiter, und wenn ich zurückkomme, nimmt er das nur kurz zur Kenntnis... Eher scheine ich auch dann zu stören - da denke ich jetzt wieder, ist er unsicher-vermeidend gebunden? Aber irgendwie passt das doch nicht zusammen... Ich hab mich selbst aber auch nie so verhalten, dass es zu diesem Bindungsstil gepasst hätte - war immer präsent, nie weinen lassen, wie gesagt, immer gekümmert, sehr viel Zuwendung (aber eben ab und zu dann leider auch mal mit schlechten Nerven...). Was soll ich tun? Kann ich die Bindung noch verbessern? Soll ich ihn aus der KiTa abmelden, weil es noch zu viel für ihn ist? Ich sollte halt eigentlich wieder arbeiten, aber ich will das nicht auf seine Kosten machen... Entschuldigen Sie die lange Ausführung! Herzlichen Dank vorab und viele Grüße!
Christiane Schuster
Hallo Schlumpfi11 Es kann durchaus sein, dass Ihr Sohn sich gerade in einer Phase des Fremdelns befindet, sodass er wie alle Kinder seines Alters unsicherer, unzufriedener und auch klammernder als gewohnt ist. Diese Phase geht um so schneller wieder vorüber, je mehr Sie auf seinen Wunsch nach Ihrer Sicherheit vermittelnden Nähe eingehen. Auch sein Verhalten in der Kita ist durchaus altersgerecht. Nachdem das für ihn Besondere: veränderter Tagesablauf, Kindergruppe, weitere Bezugsperson,... zum Alltag geworden ist wird ihm bewußt, dass seine vertrauteste Bezugsperson nicht mehr uneingeschränkt helfend zur Verfügung steht, sodass er -wiederum vorübergehend- seine sichere orientierung verliert. Gerade, WEIL er sich bei Ihnen absolut sicher (gebunden) fühlt, verwirrt ihn diese andere Situation nun. Der Opa, bzw. die Großeltern sind Ihrem Sohn ebenfalls vertraut, aber immer noch etwas Besonderes. Außerdem werden sie ihrem Enkel alle Wünsche erfüllen und ihn "auf Händen tragen". Wer liebt Soetwas nicht?- Wenn es machbar ist empfehle ich Ihnen erst dann wieder berufstätig zu werden, wenn Sie beobachten, dass Ihr Sohn sich für einige Zeit auch ohne Ihre unmittelbare Nähe sicher zu orientieren gelernt hat. Liebe Grüße und: bis bald?
Hexhex
Huhu, wenn ich auch etwas dazu sagen darf: Ich glaube, Du neigst vielleicht dazu, Dir unnötige Ängste zu machen. Kinder unter drei Jahren sind noch recht trennungsempfindlich, daher ist es normal, dass nach einer scheinbar problemlosen Eingewöhnung in der Kita nochmal ein oder mehrere Rückfälle kommen. Dein Sohn ist noch so klein - es ist natürlich, dass er sich ab und zu schon etwas weiter in die Welt hinauswagt, um dann in anderen Situationen wieder etwas anhänglicher und ängstlicher zu sein. Das kann ambivalent aussehen, ist aber einfach normal. Ich glaube, Du überschätzt die Fähigkeiten eines 16 Monate alten Kindes vielleicht. Es verhält sich noch nicht kontinuierlich, gleichmäßig fortschreitend oder in seinem Verhalten stabil und vorausberechenbar. Wenn ich ehrlich sein soll: Versuche doch, etwas mehr auf Dich selbst zu schauen, nicht so sehr auf Dein Kind. Du scheinst zum Einen sehr kopflastig und analytisch veranlagt zu sein, neigst aber zugleich zu übertriebenen Ängsten und hast zu wenig Vertrauen in Dich selbst als Mutter und auch in die normale Entwicklung Deines Kindes. Von diesen Ängsten kannst Du Dich durch rationale Analysen nicht befreien, weil sie ihren Ursprung nicht im Verstand, sondern im tieferen seelischen Raum haben. Vielleicht magst Du ja Meditation erlernen. Man wird damit inh. weniger Wochen gelassener, das Angstniveau sinkt messbar. Meditation wirkt heilend und ausgleichend auf die Seele und gibt mehr Vertrauen ins Leben. Es funktioniert wirklich. Dass Du in der Vergangenheit auch mal ungeduldig warst oder die Nerven verloren hast, wenn Dein Sohn anstrengende Phasen hatte, ist wirklich absolut normal. Die meisten anderen Mütter sprechen einfach nur nicht darüber, obwohl es ihnen genauso geht. Meine Tochter kam z. B. als Baby und Kleinkind manchmal 7mal pro Nacht, ich hätte platzen können und hätte sie am liebsten irgendwo in die Erdumlaufbahn geschickt, nur um mal schlafen zu dürfen. Wie alle Kleinkinder hatten auch meine Kinder besonders anhängliche, fordernde und umgekehrt auch besonders "bockige" Phasen. Ich habe über meine Kinder schon oft ein paar sehr unschöne Dinge gedacht, wenn ich übermüdet oder total genervt war, und habe auch hier und da die Fassung verloren, habe sie mal angeschrien oder geweint. Und das, obwohl ich mich jeden Tag an ihnen freue und sie total lieb habe. Es ist einfach ein Mythos und eine Lüge, die nicht totzukriegen ist, dass eine "gute" Mutter mit engelsgleicher Geduld gesegnet ist, nur gute Gefühle und Gedanken zu ihrem Kind hat und niemals die Beherrschung verliert. Falle darauf nicht herein. Bedenke, dass Du - wie jeder andere Mensch - nicht nur helle Seiten hast, sondern 50 % an Dir dunkel sind. Erlaube Dir das und verzeihe Dir das. Nur, wenn Du Dich dafür gnadenlos verurteilst und ewig damit haderst, ist das wirklich schädlich, weil Dein Kind Deine Schuldgefühle spürt und verunsichert ist. Ich empfehle Dir das wunderbare, heitere und doch zugleich sehr ernsthafte Buch "Der Tanz ums Kind" von Harriet Lerner. Es ist unheimlich entlastend und erleichternd. Lerner ist Psychotherapeutin und Mutter - und ebenfalls sehr ängstlich und kopflastig gewesen. Sie beschreibt, wie sie aus dem Mutter-Mythos herauskam und entdeckte, warum es für ein Kind gut ist, NICHT allezeit eine überirdische, geduldige, heitere, glückliche Mutter zu haben. Ich glaube, das wäre gerade eine ideale Lektüre für Dich. Nebenbei: Ich würde vielleicht auch mal ehrlich überdenken, ob Du jetzt schon wieder arbeiten gehen möchtest. Du schreibst "ich SOLLTE eigentlich wieder arbeiten gehen" - wer sagt das? Willst DU das, oder erwartet das jemand Anders von Dir (Dein Chef, Dein Mann, Deine Eltern)? Was willst Du wirklich selbst? Du hast doch offenbar große Zweifel, ob es richtig ist. Und es ist tatsächlich so, dass Kinder ab drei Jahren deutlich stabiler und trennungsunempfindlicher sind, als die noch ganz Kleinen. Wenn Du nicht arbeiten musst und willst, würde ich persönlich warten. Ich habe meine Kinder auch immer erst mit drei in den Kiga geschickt und dafür in Kauf genommen, dass unser Einkommen eben bis dahin etwas niedriger war. Alles Liebe H.
Schlumpfi11
Vielen Dank für beide Antworten, die mich sehr entlasten. Zunächst einmal: Ja, ich denke auch darüber nach, das mit dem Arbeiten und der KiTa wieder ganz zu lassen. Ich wollte zunächst nur für wenige Stunden wieder einsteigen und wenn er zwei gewesen wäre wieder mit 50%, aber ich bin mehr und mehr dabei, die KiTa wieder zu stecken und das dritte Jahr Elternzeit zu nehmen. Ich bin sicherlich ängstlich, vielleicht auch zu kopflastig. Vielleicht kann ich es ein bißchen damit erklären, dass ich lange nicht schwanger werden konnte und dann, vor der Geburt meines Sohnes, die auch noch komplikationsreich war, zwei für mich sehr dramatische Fehlgeburten hatte... Das hat mich sicherlich geprägt...
redangel
AN HEXHEX, das hast du toll geschrieben, hexhex! Das sollten alle Mütter lesen und nicht immer nur an sich zweifeln. Danke dafür, auch wenn ich die Frage nicht gestellt habe.
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