Frage: Ich kann nicht mehr

Liebe Frau Ubbens, ich hoffe, Sie können mir vielleicht einen Rat geben. Vorweg: Wir sind vor ein paar Tagen erneut Eltern einer kleinen Tochter geworden. Das Problem besteht aber nicht erst seit der Geburt, sondern schon mehrere Monate. Unsere Zweijährige bringt mich im normalen Alltag regelmäßig an meine Grenzen, da keine, wirklich keine Aktion einfach läuft. Morgens sage ich komm, wickeln und anziehen, es kümmert sie nicht. Ich muss es wieder und wieder sagen und dauert eine Ewigkeit. Gerne läuft sie halb angezogen davon und beginnt irgendwas anderes. Schuhe / Jacke anziehen genauso. Ins Auto steigen: sie möchte entweder nicht einsteigen und rennt draußen sonstwo hin. Oder sie möchte nicht angeschnallt werden. Abholen von der TaMu : Riesenzirkus bis ich sie endlich im Auto habe, sie läuft hierhin und dorthin und es ist ihr sowas von egal, was ich sage. Vom Spielplatz nachmittags will sie nie nachhause. Ich kündige es ihr immer ein paar Minuten eher an, und bevor ich endgültig losmöchte, sage ich ihr, sie darf noch einmal rutschen/schaukeln was auch immer, das hat früher mal funktioniert. Inzwischen turnt sie einfach weiter herum und man muss sie immer wegtragen. Zuhause Händewaschen macht sie manchmal freiwillig alleine (um dafür gelobt zu werden), in der Regel weigert sie sich aber erstmal konsequent. Bis Anzug, Mütze, Schuhe aus sind und die Hände gewaschen, sind gefühlt Jahre vergangen. Beim Händewaschen dreht sie das Wasser voll auf um damit herumzuspielen, obwohl sie ganz genau weiß, dass sie das nicht soll. Jedes Wickeln ist eine Geduldsprobe, bis wir erstmal die Treppe hoch sind! Oben läuft sie immer erst in andere Zimmer, und macht alles andere, außer sich wickeln zu lassen. Beim Abendessen isst sie mit den Fingern, obwohl sie die Gabel benutzen kann. Schmeißt Sachen vom Tisch. Läuft danach mit dreckigen Fingern davon, Händewaschen wie immer erst ein Kampf. Heute bin ich zweimal ausgerastet. Als wir wieder mal ein Wickelthater hatten, habe ich sie heftig angeschrien. Sie hat gelächelt und angefangen zu singen. Abends beim Händewaschen hat sie statt sich die Hände zu waschen nach meiner Zahnbürste gegriffen, da hat es mir wieder gereicht, ich habe sie angeschrien und sie fing an zu weinen. Mir tat das dann sehr leid. Ich musste aber feststellen, dass das Schlafanzuganziehen im Anschluss recht reibungslos klappte. Nun frage ich mich, ob wir gerade den Preis dafür zahlen, dass wir zu lasch waren, zu inkonsequent. Es kann so wirklich nicht weitergehen. Ist das wirklich "normal" in der Autonomiephase? Sollte ich denn bei jeder Alltagssituation immer mit Konsequenzen drohen? Vor der Geburt des Schwesterchens habe ich sie oft gewarnt, dass ich sie gleich tragen würde, wenn sie nicht käme, und das auch gemacht. War hochschwanger natürlich schon blöd, jetzt aber nach Sectio kann ich das gar nicht. Was können wir konkret tun, um die Situation zu verbessern? Wie soll ich in den nächsten Wochen mit ihr + Säugling rausgehen, wenn sie Null auf mich hört und ich sie körperlich noch nicht mal heben kann? Sie ist übrigens sonst sehr fröhlich, offen, und lieb. Absolutes Mamakind, mein Mann darf oft gar nichts. Was es gerade nicht einfacher macht. Vielen Dank im Voraus!

von Julizweiundzwanzig am 02.03.2023, 04:49



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Liebe Juliazweiundzwanzig, wie meine Vorrednerin schon geschrieben hat, werden konsequenteres Vorgehen Ihrer Tochter helfen, die Regeln und Strukturen zu akzeptieren. Wenn Sie möchten, dass Ihre Tochter gewickelt oder angezogen etc. wird, gehen Sie direkt zu ihr auf Augenhöhe und erklären ihr, was Sie von ihr möchten und nehmen Sie schon da an die Hand, damit sie erst gar nicht weglaufen kann. Von "Weitem" helfen entsprechende Ansagen meist nicht, da das Kind ja lieber weiterspielen möchte. Vielleicht können Sie das Wickeln und Anziehen vorübergehend in die untere Etage verlegen, wenn Sie sich vornehmlich unten aufhalten. So müssen Sie nicht mit Ihrer Tochter an der Hand das Stockwerk wechseln. Bzgl. der Mahlzeiten lassen Sie ggf. Zwischenmahlzeiten weg, damit Ihre Tochter zu den Hauptmahlzeiten auch wirklich Hunger hat und motivierter ist, "vernünftig" zu essen. Geben Sie ihr ggf. nur kleine Mengen auf den Teller, damit das Geschmiere nicht ganz so groß wird. Machen Sie ggf. eine Ansage, dass die Mahlzeit gleich beendet ist und Sie den Teller wegstellen, wenn weiter mit den Fingern gegessen oder gar das Essen runtergeworfen wird und handeln dann auch entsprechend. Und ganz wichtig: Gönnen Sie sich Auszeiten. Vielleicht haben Sie eine Oma / einen Opa oder andere Verwandte in der Nähe wohnen, die gerne mal eine Runde mit dem Baby spazieren gehen, während Ihre größere Tochter bei der Tagesmutter ist oder am Nachmittag, damit Sie sich nur um ein Kind kümmern müssen und dadurch für sich kleine Pausen haben, die Sie auch für sich mit einem Buch auf dem Sofa oder einem kleinen Spaziergang o.ä. nutzen sollten. Auch der Papa kann sich vielleicht nach Feierabend oder am Wochenende zeitweise um beide Kinder kümmern, so dass Sie etwas für sich tun können. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 03.03.2023



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Ja, du bzw. ihr werdet wohl konsequenter sein müssen. Sie läuft immer wieder weg, obwohl sie doch zum wickeln etc mitkommen soll? Dann lass sie gar nicht erst weg - nimm sie sofort an die Hand. Ebenso auf dem Weg zum Auto. Sie kann selbst gehen - läuft sie weg, muss sie leider an der Hand gehen. 1 x ankündigen, dann umsetzen. Händewaschen und Wasser vol aufdrehen - dann geh mit. Du drehst das Wasser auf, nicht sie, wenn es sonst eben nicht anders klappt. Sie will sich nicht ausziehen? Dann kann sie auch nicht weiter spielen. das musst du dann aber natürlich "aussitzen" und sie davon abhalten, noch angezogen wieder weg zu laufen. Du kannst natürlich auch mit Dingen "locken" - Postives in den Fokus rücken. "je schneller das umziehen/wickeln etc geht, umso mehr Zeit haben wir, noch ein Buch zu lesen oä" Sie matscht mit dem Essen nur rum? Dann scheint sie ja keinen Hunger mehr zu haben und das Essen ist beendet. Immer 1 x ankündigen und dann umsetzen. Aber ja, du wirst natürlich dabei ihre Wutanfälle erst mal aushalten müssen bis sie akzeptiert, dass sie nicht mehr machen kann, was sie möchte. Aber nur so am Rande: der Papa wird sich ja mit 2. Baby einbringen müssen. Gib euer Tochter die Gelegenheit, sich mit Papa zu arrangieren. Sie braucht zwar auch Exklusivzeit mit Papa - aber sie wird eben auch akzeptieren müssen, dass du mal keine Zeit hast, dafür aber der Papa sich nur um sie kümmert. Versuch, dich da nicht zu schnell einzumischen und doch "nachzugeben". Evt. geht der Papa dann auch mal raus mit ihr, so dass sie gar nicht erst auf die Idee kommt, dass Mama doch x oder y machen soll.

von suityourself am 02.03.2023, 10:20



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Viel reden und erklären und darauf hoffen/meinen, dass Kind das doch nun verstehen müsste und sich entsprechend verhalten - funktioniert in dem Alter nicht ;-) Man muss auch mit 2 Jahren sehr oft den "Ansagen" auch Handlungen folgen lassen. Wie eben "ich möchte nicht, dass du einfach wegläufst" und sie deswegen an die Hand nimmst.

von suityourself am 02.03.2023, 10:47



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Vielen Dank für deine Antwort! Vermutlich muss man es genauso machen. Ich dachte halt, dass man für vieles einen Kompromiss finden kann, um die eigenen Ideen des Kindes auch zu berücksichtigen. Aber ich merke, dass es so im Alltag einfach nicht funktioniert! Leider bin ich körperlich noch eine ganze Weile nicht so einsatzfähig. Vorhin habe ich sie an der Hand mitgezogen, als sie mal wieder nicht mit ins Haus kommen wollte. Sie hat sich fallenlassen, sodass ich ihr ganzes Gewicht am Arm hatte und ist dann noch vornüber hingefallen und hat sich sogar leicht die Lippe aufgeschlagen. Das ist doch einfach nur blöd! :(((

von Julizweiundzwanzig am 02.03.2023, 14:29



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Ich denke auch ihr müsst konsequenter sein in eurem Verhalten. Es wird auch etwas dauern bevor eure Tochter dies akzeptiert hat ohne sinnlose Kämpfe.

von sunshine59 am 02.03.2023, 15:41