Mitglied inaktiv
Liebe Frau Schuster, mich plagt mal wieder das schlechte Gewissen. Ich könnte mich Ohrfeigen. Meine Tochter ist wirklich ein sehr schüchterner und unsicher wirkender Mensch, und es dauert meistens eine Weile, ja Monate, bis sie im Kiga/Schule, bei ihren Mitmenschen auftaut und frei und laut spricht. Im letzten Kigajahr war sie wie jedes andere Kind, die ersten zwei Jahre aber war sie stumm. Sie ist ja jetzt in die Schule gekommen und alles fängt von vorne an, obwohl sie viele Kinder ja noch vom Kiga kennt. Wir standen mit anderen Müttern und ein paar Kindern zusammen auf dem Schulhof; ich weiß ganz genau, dass meine Tochter halt vor vielen Menschen nicht gerne spricht; wenn sie mit ihren zwei Freundinnen zusammen ist, ist das gar kein Problem, sie ist nur bei Erwachsenen und Kindern so, mit denen sie weniger Kontakt hat. Auf jeden Fall wollte sie mir was sagen, bewegte aber nur ganz leise flüsternd den Mund ohne einen Laut von sich zu geben, und gestikulierte wie in Zeichensprache vor sich hin. Ich verstand aber mal wieder nicht, was sie wollte, und die Mütter schauten auch ganz verdutzt gegenseitig an, weil mein Kind nicht sprach, sondern nur ganz leise piepste. Mir war das peinlich, und bevor irgendein anderer meine Tochter fragt, warum sie denn nicht spricht, sagte ich ihr, dass ich sie nicht verstehen würde und ihr Verhalten so langsam wirklich albern sei, sie könne doch mal langsam anfangen, zu sprechen, es würde sie keiner beißen. Das sagte ich zu ihr vor allen Leuten. Jetzt sitze ich hier und frage mich, ob ich meine Tochter damit gedemütigt habe? Ich habe sie ja in eine peinliche Situation gebracht und irgendwie bloßgestellt, nur weil mir ihr Verhalten selbst peinlich war. Mir tut das jetzt wirklich leid, zumal meine Eltern genauso mit meiner Schüchternheit damals umgegangen sind, anstatt mich so zu aktzeptieren, wie ich bin. Ich weiß nicht, wie ich sonst mit ihr umgehen soll. Irgendwie bin ich dieses in Watte packen vor anderen leid. Es kann doch nicht sein, dass sie unterwegs in einer Art Zeichensprache mit mir spricht? Irgendwann muss doch auch mal Schluß sein. Mich nervt das mittlerweile. Ich meine, wie will sie in der Welt bestehen, wenns sie so Schüchtern und Zurückhaltend ist? Die Kinder ärgern sie deswegen auch mehr, habe ich den Eindruck, weil sie ja genau wissen, dass meine Tochter sich halt nicht wert, sondern nur schüchtern vor sich hin lächelt. Ich war in dem Moment genervt von ihrer Duckmäuschen-Art, dieses rumfüstern. Was meinen Sie? Wie soll ich in solchen Gruppensituationen mit ihr umgehen? Soll ich sie beseite nehmen und von den Leuten weg gehen, damit sie laut sprechen kann, oder soll ich ihr vor allen Leuten sagen, dass sie lauter sprechen soll, weil ich sie nicht verstehe? Ich liebe meine Tochter, ertappe mich aber jedesmal dabei, dass ich sie vor anderen belehre. Ich will ihr Verhalten so auch immer indirekt vor anderen rechtfertigen. Wenn ich sie belehre, merke ich das in dem Moment aber gar nicht, sondern immer im Nachhinein. Ich könnte mich dafür wirklich ohrfeigen. :( Was meinen Sie? Danke für Ihre Meinung!
Christiane Schuster
Hallo Ratsuchende Nehmen Sie Ihre Tochter doch mal in den Arm und sagen Sie ihr, dass Ihnen manchmal der Kragen platzt, wenn sie so unverständlich spricht, da Sie ja genau wissen, wie gut sie eigentlich sprechen kann. In konkreten Situationen können Sie sie ebenfalls in den Arm nehmen, um ihr zu sagen, dass weder Sie noch erst recht die Anderen sie verstehen können, wenn sie so flüstert. Auf diese Weise erkennt Ihre Tochter dann, dass Sie sie auch dann lieben und zu ihr halten, wenn sie sich unsicher fühlt. Ihre Sicherheit vermittelnde Nähe zu spüren läßt sie dann bestimmt mutiger werden. Überlegen Sie aber bitte auch mal gemeinsam mit dem behandelnden Kinderarzt, ob eine gezielte (Ergo-)Therapie Ihrer Tochter nicht zu größerem Selbstwertgefühl verhelfen könnte. Manchmal genügt auch schon die Teilnahme an einer selbst gewählten Interessengruppe. Liebe Grüße und: bis bald?
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