Mitglied inaktiv
Liebe Frau Schuster, ich bin zwar seit diesem Monat mit meinem Sohn Nico in Kinderpsychologischer Betreuung, doch leider ist der nächste Termin erst wieder Mitte März und ich fühle mich offengestanden sehr hilf- und ratlos. Nico hat im vergangenen November bei einer Mandel- und Polypen-OP ein Trauma davongetragen. Es kam unter der OP zu Komplikationen, die eine längere Beatmung nötig machten. Zudem kam hinzu, dass Nico bereits seit dem Tot seines Opas vor 2 Jahren panische Angst vor Krankenhäusern hat. Für ihn bedeutet Krankenhaus soviel wie "kommt nicht mehr". Er vegitierte 5 Tage vor sich hin, aß nichts, trank kaum, war teilweise ganz apathisch, obwohl fieberfrei. Zuletzt hatte man ihn lediglich wegen seiner psychischen Situation entlassen. Was den Heilungsprozess anbelangte, wäre ein längerer Aufenthalt nötig gewesen. Leider war das Klima der sog. Kinderstation der HNO-Abteilung mehr als mies. Die Schwestern schienen untereinander ihre Fehden auszutragen, auch in Gegenwart der Patienten. Nico sagten sie zudem häufiger: "Wenn du nicht trinkst, kommst du hier nie raus." Zwar sahen sein Papa und ich die med. Notwendigkeit ein und taten unsererseits unser Bestes, ihn zum Trinken zu bewegen, doch solche Aussagen machten ihn nur noch introvertierter. Seit er zurück ist, leidet er unter Verlustängsten, hat Ein- und manchmal auch Durchschlafprobleme. Was mich aber noch viel mehr erschreckt hat, ist die Faszination, die der Tot auf ihn ausübt. Er spricht fast täglich davon, dass er sich einen 3. Weltkrieg wünscht, damit er die ganze Welt retten kann. Krieg, das hat er (leider) von seiner Uroma, die ihm aus dem Buch "Friedensgeschichten" von Gudrun Pausewang vorlas. Nachdem ich das Buch selbst einmal las, muss ich sagen, ich konnte nicht viel Frieden darin finden, erst recht nicht die Tauglichkeit für einen Fünfjährigen. Vor einigen Tagen meinte er abends vorm Einschlafen zu mir: "Mama, ich wünschte, ich wäre nie geboren. Bitte töte mich." Ich weiß wirklich nicht, wieviel davon noch kindliche Phantasie ist und wo der Hilfeschrei der Seele anfängt. Noch viel weniger weiß ich aber, wie ich darauf reagieren soll. Ich habe versucht, ihm zu erklären, warum ich ihn sicher nicht töten werde und warum ich sehr traurig wäre, wenn er nie geboren wäre. Seine Reaktion war recht kühl und sachlich: "Aber wenn ich nie geboren wäre, dann wüsstest du doch auch gar nicht, wie es mit mir ist. Dann könntest du mich auch nicht vermissen." Jetzt geht es auch noch darum, Nico als Kannkind zum Schuleignungstest anzumelden oder nicht. Sein Papa, von dem ich getrennt lebe, will das unbedingt. Wenn Nico am Wochenende dort ist, hat er keine Geschwister um sich, wie bei uns (er hat noch 3 Geschwister zwischen 8 Monaten und 8 Jahren), der Papa kann sich also uneingeschränkt um ihn kümmern und Nico wird auch weniger abgelenkt, wenn sie z.B. ein Brettspiel spielen. Er ist felsenfest überzeugt, Nico IST schulreif. Mein Herz sagt ganz klar nein dazu. Mein Bauch ist sagt, er könnte es durchaus schaffen, wenn er bis zur Einschulung etwas mehr Geduld gelernt hat, der Verstand ist hin- und hergerissen. Er ist nicht dumm und in vielen Dingen auch interessiert, aber im Grunde ist er noch recht verspielt und - laut der Erzieherinnen - setzt er sich auch nicht durch, wenn ihm z.B. jemand ein Spielzeug fortnimmt. Entweder er schmollt oder er zieht sich in sich zurück und spielt nur noch mit sich allein, bis der Ärger verflogen ist. Dieses Verhalten hat er auch gegenüber seiner Geschwister zu Hause. Sein Papa winkt ab, er sei als Kind auch so gewesen. Nico selbst weiß auch nicht, ob er in die Schule will oder nicht. Einen Tag so, den anderen anders. Schon deshalb denke ich, und auch wegen der Vorgeschichte, die ja jetzt behandelt wird, sollte ihm das Extrajahr gegönnt werden, auch wenn seine ganzen Freunde eingeschult werden. Wie soll ich bloß mit ihm umgehen und auf ihn eingehen? Herzlichst Kerstin Seelig
Christiane Schuster
Hallo Kerstin Auch ich bevorzuge im Zweifelsfall eine spätere Einschulung, da zur Schulfähigkeit nicht nur Wissen und Intelligenz gehört sondern auch ein angemessenes soziales Verhalten und emotionale Stärke, um dem Druck in der Schulzeit auch stand halten zu können. Bedenken Sie bitte, dass Nico dann stets zu den Jüngsten gehören wird, was sich spätestens in der Pubertät besonders bemerkbar machen wird. Damit er in diesem Jahr nicht unterfordert wird, kann er ja evtl. an 1-2 Interessengruppen teilnehmen, die er mit seinem Papa auswählen kann. Um ihn von dem Gedanken des Tot-Sein-Wollens abzubringen, empfehle ich Ihnen, ihm bewußt zu machen, was er dann Alles verpassen würde: Er könnte nicht mehr mit seinen Freunden spielen, kein Eis oder sonstige Leckereien essen, würde seine Geschwister nicht mehr sehen und auch nicht mehr mit Ihnen kuscheln können. Wenn irgendwie machbar, empfehle ich Ihnen, allein mit Nico eine Eltern-Kind-Kur zu beantragen, die Ihnen bestimmt bei seiner psychischen Verfassung und bei Ihrer Belastung genehmigt werden wird. Für diese Zeit steht Ihnen für die übrigen Kinder und den Haushalt an bis zu 8 Std. eine Haushaltshilfe von der Krankenkasse kostenlos zur Verfügung, bzw. können Sie -meines Wissens nach- auch selbst eine Haushaltshilfe suchen, die entsprechend bezahlt wird. Sprechen Sie ggf. doch mal bitte sowohl mit dem Kinder- als auch mit Ihrem Hausarzt. Liebe Grüße und: bis bald?
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