Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

Fenster abschließen?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

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Frage: Fenster abschließen?

Lucilin

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Unsere Tochter (5,5 Jahre) hat uns am Wochenende total geschockt damit, dass sie sich in ihrem Zimmer auf die Lehne des Sofas gestellt und dann das Fenster geöffnet hat. Sie weiß genau, dass sie das nicht soll/darf, weil sie dann hinausstürzten könnte. Sie war alleine in ihrem Zimmer am spielen und wollte einen Wollfaden aus dem Fenster hängen, um zu sehen, wie das vom Garten aus aussieht. An sich ja nichts Schlimmes, aber natürlich super super gefährlich! Wir waren total geschockt - denn das hätte ja schief gehen können (Zimmer im 1. OG). Vor allem aber war ich traurig und schockiert, dass sie es trotz „Verbot“ bzw Wissen um die Gefahr getan hat. Sie ist ansonsten ein total vernünftiges Kind, wir vertrauen ihr, sie hält sich an Regeln und wir erklären immer, warum sie etwas nicht tun soll und sie versteht das meistens und tut das dann auch nicht. So dachten wir auch mit dem Fenster - wir hatten ihr das mehrmals erklärt, zuletzt vor 4 Wochen, als wir das Zimmer etwas umgestellt haben. Sie hat es verstanden (so schien es) und versprochen, dass nie zu machen. Nun wissen wir gar nicht, wie wir reagieren sollen. Erster Impuls: Abschließbare Fenstergriffe besorgen. Sie nicht mehr unbeaufsichtigt in ihrem Zimmer lassen. Aber sie ist doch schon 5,5 - da darf und soll ein Kind doch auch mal unbeaufsichtigt spielen können, oder? Sie macht das auch total bewusst und gerne und bisher hat sie das noch nie etwas Blödes „angestellt“ oder so. Wie gesagt, sie ist eigentlich sehr vernünftig für ihr Alter, das sagen mir auch die Erzieher im KiGa. Sie war selbst natürlich dann ganz traurig und beschämt, als ihr mit ihr darüber gesprochen habe. Sie hat ganz viel geweint und beteuerte, dass sie das nie wieder macht. Ich war nicht wütend und habe nicht geschimpft, habe aber sehr sehr ernst mit ihr drüber gesprochen. Konnte aber nicht rausfinden, ob sie die Situation unterschätzt hat oder bewusst das Verbot missachtet. Sie hat natürlich gemerkt, wie sehr ich von der Rolle war. Es hätte ja wirklich schief gehen können. Wie sollen wir uns nun Verhalten? Ich habe Angst, dass sie nochmal so etwas Gefährliches macht, halte aber grundsätzlich nichts von permanenter Kontrolle/ abgeschlossenen Bereichen und rigorosen Verboten ohne Begründung. Frage mich aber, ob wir ihr bisher „zu viel vertraut / sie überschätzt haben“. Haben Sie einen Rat? Viele Grüße, Lucilin


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

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Liebe Lucilin, Ihre Tochter hat Sie nicht absichtlich "hintergangen". Im Spiel hat sie Ihr Gesagtes für einen Moment vergessen, da sie ja eine Idee hatte, die sie umsetzen wollte. Das ist mit 5 Jahren völlig normal. Grundsätzlich können wir unsere Kinder nicht vor allem Unheil bewahren. Ein anderes Beispiel zum Fenster ist z.B., dass ein Kind mit dem Fahrrad fährt und genau weiß, dass es an der Ampel halten muss. Manchmal passiert es aber doch, dass das rote Ampellicht nicht gesehen wird, weil das Kind mit seinen Gedanken schon am Ziel der Fahrradtour ist. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Wenn Sie ein besseres Gefühl haben, besorgen Sie abschließbare Fenstergriffe. Keinesfalls schaden diese. Viele Grüße Sylvia


Mamamaike

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Hallo, besorgt abschließbare Fenstergriffe. Sie hat das Verbot verstanden, aber sie ist noch nicht in der Lage, es auch in jeder Situation umzusetzen. Der Faden aus dem Fenster war so attraktiv, dass ihr Gehirn nur noch das konnte und das Verbot ausgesetzt war. Das ist aber nicht mit Absicht passiert, sondern ganz normal. Viele Grüße


Ashey

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Ich schließe mich Mamamaike an! So vernünftig kann ein kleines Kind überhaupt noch nicht sein. Manchmal muss man einfach auf die Sicherheit setzen.


GwendolineB

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Die Entwicklung des Gefahrenbewusstseins ist ein langjähriger Prozess. Zwischen ca. 5-6 können Kinder akute Gefahren erkennen, sie können sich aber nicht unbedingt davor schützen. Zb weiss das Kind dann erst beim herauslehnen aus dem Fenster, dass es auch herausfallen kann. Mit ca 8 Jahren können die Kinder schon besser vorausschauen. Da weiss das Kind dann vorab, dass man beim Spielen am offenen Fenster herausfallen kann und überlegt sich dann, ob es das Fenster zB überhaupt öffnet. Wenn es dann noch älter ist (ca. 9 Jahre) können Kinder schon ein bisschen vorbeugender handeln. Zb könnte es sich dann eine Matratze unters Fenster legen, damit es sich beim hinausfallen nicht verletzt. Das sind jetzt nur grobe Beispiele zur Veranschaulichung. Natürlich hoffe ich nie, dass sich ein Kind eine Matratze vors Fenster legt um sanft rauszufallen. Tatsächlich bin ich im Kindergartenalter bei meiner Freundin aus dem Fenster gefallen. Ich kann mich ziemlich schlecht dran erinnern. Wir durften auch alleine in ihrem Zimmer spielen. Wir hatten hartes Brot um die Vögel zu füttern. Ich fand das Brot aber zu hart und wollte mich aus dem Fenster lehnen um das Brot in den Regen zu halten. Schwups - da lag ich auch schon unten. Meine Freundin rief ihre Eltern. Die blieben vorm TV sitzen, weil sie das für einen Scherz hielten. Ich konnte nicht mehr laufen und musste bis zur Haustür kriechen und klopfen. Dann haben sie es geglaubt. Ich habe wirklich Glück gehabt. Ich hatte nur einen Bänderriss und konnte eine lange Zeit nicht laufen. Du kannst mich gerne als Abschreckendes Beispiel für deine Tochter nehmen. Ich glaube, ich würde mir keine abschließbaren Fenstergriffe machen.


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