Mitglied inaktiv
Guten Tag, Frau Schuster, mir brennt ein Problem auf der Seele, das ich gerne mal vorstellen möchte: Ich habe zwei Kinder im Alter von 5 und 7 Jahren. Mir fällt jetzt seit einiger Zeit besonders bei dem älteren auf, dass die Kinder in dieser Altersgruppe sich überwiegend sehr ungehorsam verhalten. Diese Entwicklung macht mir große Sorgen, zumal ich es leider auch nicht schaffe, meine Jungen anders zu erziehen, sie lassen sich immer mitreißen, sind übermütig, überdreht und verletzen dabei oft Grenzen. Als Beispiel möchte ich die Musikgruppe anführen, die mein Großer besucht: Diese Gruppe wird von ca. 12 Kindern im Alter von 6-8 Jahren besucht. Die Kinder gehen mit Begeisterung dort hin, der Unterricht ist abwechselungsreich und interessant, die Lehrerin freundlich, aber konsequent. Wenn sie sich aber mit der Gitarre zum Musizieren in den Stuhlkreis setzt, fängt der erste schon an, trotz Ermahnung immer wieder in die Seiten zu greifen, der zweite verdreht die Wirbel, mehrfach, trotz einem klaren "Nein, lass das sein". Die Kinder sollen dann die Flöten in die Hand nehmen, aber noch nicht anblasen. Sofort geht ein wildes Gepiefe los. Die Lehrerin kann sich stimmlich kaum noch durchsetzen, obwohl sie sofort reagiert und nach einer Abmahnung auch Flöten einkassiert. Einige Kinder sind frech und geben der Frau ungezogene Antworten ("Ich verzaubere dich gleich in eine häßliche Kröte!"). Der überwiegende Teil des Unterrichts besteht darin, die Kinder zu erziehen und ruhig zu stellen, statt ihnen Musik zu vermitteln. Ich war völlig entsetzt, als ich das gesehen habe. Ich habe auch im Schulunterricht und beim Sport ähnliche Situationen erlebt, und zwar eigentlich regelmäßig. Es handelt sich auch nicht um einzelne Störenfriede, irgendwie reißt immer ein Kind den Rest der Gruppe mit. Man könnte meinen, man hat es mit Schwererziehbaren zu tun. Es werden keine Regeln eingehalten und auf Anweisungen nicht reagiert, selbst, wenn sie schon X-Mal erklärt, begründet und erinnert wurden. Respekt vor Erwachsenen kennen die Kinder generell nicht. Auch meinem Sohn ist es wichtiger, seine Interessen zu verfolgen, als sich an die von mir gesetzten Grenzen zu halten. Wenn ich dann ärgerlich auf sein Verhalten reagiere, ist er unglücklich und versichert mir, er habe es wieder vergessen, dass er das nicht tun sollte. Er werde es auch nie wieder machen. Am nächsten Tag ist es aber wieder vergessen und er klettert wieder über den Zaun am Spielplatz, weil er stolz ist, dass er den Zaun bezwingen kann. Dass ich mir Sorgen mache, dass er dann auf einer viel befahrenen Straße auskommt und ich ihm ja auch nicht mehr vertrauen kann, dass er diese Regel einhält, wenn er mal ohne mich dort hin darf, ist dann nicht mehr wichtig für ihn. Wenn er danach deshalb erst mal nicht mehr auf den Spielplatz gehen darf, meint er noch, es gäbe bessere Mütter als mich... Obwohl ich mir alle Mühe gebe, wirken meine Kinder äußerst schlecht erzogen, weil sie unsere Werte und Regeln einfach nicht mittragen wollen. Zuhause klappt es, aber in der Öffentlichkeit nicht mehr. Erklärungen und Konsequenzen helfen nicht weiter. Was läuft da nur falsch? Ich hoffe, ich habe mein Anliegen verständlich machen können und bin gespannt, welche Meinung Sie zu dem Thema vertreten. Besten Gruß Ina G.
Christiane Schuster
Hallo Ina Auch wenn ich in diesem Forum eigentlich "nur" Tipps zur Erziehung im Kleinkindalter gebe, möchte ich versuchen, als Mutter von zwei eigenen Kindern Ihnen bei der eigenen Meinungsbildung behilflich zu sein: Kinder lernen nun mal besonders gut aus den möglichst logischen Folgen ihres Handelns. Auf diese Folgen gilt es hinzuweisen und sie ggf. auch KONSEQUENT eintreten zu lassen, wobei stets zu beachten ist, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Sie MÜSSEN eigene Erfahrungen in allen Bereichen sammeln! Klettert Ihr Sohn z.B. trotz eines begründeten Verbots Ihrerseits wiederholte Male über den Zaun des Spielplatzes, wird er ohne Aufsicht dort nicht mehr hingehen dürfen. Damit er dennoch seine offenbar erwünschten Klettererfahrungen o.Ä.sammeln kann, darf er z.B. an einer entsprechenden Interessengruppe teilnehmen, bzw. mit Ihnen gemeinsam einen Abenteuerspielplatz usw. besuchen. Ist es überwiegend 1 Störenfried, der das Musizieren in der Gruppe Grenzen testend zu verhindern sucht, werden diesem Jungen konsequent seine Grenzen gesetzt werden müssen, indem er von der Gruppe ausgeschlossen wird! Da auch der Wunsch, mit einer "häßlichen Kröte" zu musizieren, nicht die Absicht der Lehrerin ist, wird dieser Junge wohl besser eine andere Gruppe besuchen, wo er nach Lust und Laune zaubern kann!- Häufig genügt schon dieser Hinweis, sodass der Junge nicht letztendlich die Gruppe -zumindest für diese eine Unterrichts-Einheit- verlassen muß. Um Grenzen testen zu können, müssen erst einmal begründete Grenzen gesetzt werden! Je weniger Grenzen den Kindern innerhalb der Kleingruppe Familie gesetzt werden können, umso schwerer wird es, diese Grenzen in einer größeren Gruppe sinnvoll zu setzen und auch erfahren zu können. Eltern, die ihre Kinder aber ganz bewußt in eine SICHERE Selbständigkeit führen möchten, haben es in unserer Gesellschaft zunehmend schwerer, in Der doch häufig mehr Wert auf Eigenverwirklichung und Konsum gelegt wird. Sie werden oft für "viel zu streng, zu konservativ usw." gehalten, obwohl eine Gesellschaft niemals aus lauter Egoisten bestehen können wird.- Empfehlen möchte ich Ihnen nun noch das "1x1 der Erziehungsfragen" für 6-12 Jährige, das Sie z.B. in unserem Buchshop auf nachfolgender Seite einsehen und ggf. versandkostenfrei bestellen können: http://www.ich-lese-was.de/1-x-1-der-erziehungsfragen-p-59.html Viel Kraft, nachdenkliche Grüße und: bis bald?
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