Frage im Expertenforum Erziehung an Christiane Schuster:

Elterlicher Twist

Christiane Schuster

 Christiane Schuster
Sozialpädagogin
Frage: Elterlicher Twist

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Sehr geehrte Frau Schuster, Marcel (3,4 Mte.) macht im Moment die alterstypische schlimme Trotzphase durch. Da er erst im September in den Kiga kommt ist er im Moment total unterfordert (geht 2xpro Woche morgens in eine Spielgruppe und 1x pro Woche in Musikschule) und ist permanent müde weil er zu wenig schläft. Dementsprechend ekelhaft ist er. Er fängt morgens mit Gebrüll an und hört abends auf. Wenn man, soweit möglich, im keinen Anlass zum Brüllen gibt, sprich alles nach seinem Willen geht, funktioniert es halbwegs, doch geht es halt nicht immer. Er kann nicht alles haben und manche Dinge wie richten lassen, müssen nun mal gemacht werden. Dafür ernte ich ein einziges Gebrüll. Er lässt mich in der Küche meine Arbeit nicht verrichten, stellt sich mir in den Weg und zieht und zerrt an mir. Ich habe keine Chance Wasser aus dem Wasserhahn zu lassen oder etwas zu schneiden. Dass wir alle dann nichts zu essen oder zu trinken haben interessiert ihn nicht. Auch will er zur Zeit, ob zu Hause oder am Spielplatz, seinen Willen dahingehend durchsetzen, dass er mich ins Gesicht schlägt oder mir Sand ins Gesicht schmeisst. Ich bin der Meinung, dass man auf die eine oder andere Art durchgreifen muss, da sein Verhalten immer schlimmer wird. Auch denke ich, wenn ich ihm seinen Willen lasse, versucht er dann nicht auch im Kiga mit Schlägen bei anderen Kindern seinen Willen durchzusetzen??? Sein Vater ist der Meinung, solange er mich nicht anspringt und auf mich einschlägt solle ich gar nichts machen, dass würde sich von alleine legen und es gibt nichts schlimmeres als bei einem Kleinkind den Willen zu brechen. Er hat während seinem Studium auch Psychologie als Fach gehabt, allerdings bei älteren Kindern. Ich bin der Meinung zw. einem 15-jähigen und einem 3-jährigem besteht ein himmelweiter Unterschied. Hat er recht und ich soll gar nichts machen? Wenn nein, wie verhalte ich mich am besten, ohne bei meinem Sohn einen Schaden anzurichten. Puuh, ist lang geworden. Danke schon vorab für ihre Antwort. Gruss Isabel


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Hallo Isabel Begründen Sie Ihrem Sohn gegenüber stets, warum es ab und an auch mal nicht nach seinem Willen gehen kann und bieten Sie ihm gleichzeitig eine für ihn geeignete, konkrete Beschäftigung an. Lassen Sie sich bei der tägl. anfallenden Hausarbeit helfen und loben Sie verstärkt jedes eigenständige Tun. Schlägt er Sie auf dem Spielplatz ins Gesicht oder wirft er mit Sand nach Ihnen, erklären Sie ihm ganz bestimmt, warum Sie diese Handlungsweise nicht zu lassen werden, regen Sie ihn zu einem geeigneten Spiel an und informieren Sie ihn, dass Sie umgehend mit ihm den Spielplatz o.Ä. verlassen werden, wenn er dort scheinbar nicht spielen sondern "nur" ärgern möchte. Handeln Sie stets möglichst gelassen, aber auch begründet konsequent. Sonntägliche Grüße und: bis bald?


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Hallo Isabel! Marcel schiebt offenbar einfach Langeweile zu Hause und ist gfls. unausgeschlafen, überdreht. Wenn Lars unausstehlich wurde bzw. anfing mit seinem kleinen Bruder zu zanken, oder einfach intoleranter wurde, erlaubte ich ihm Dinge wie eine Flasche Wasser holen o.ä. oder ich schlug ihm Etwas vor wie z.B. Casette hören, ein Spiel oder Fotos ansehen, malen mit Wasserfarben, kleben und ausschneiden...........usw. Puzzlen. Wenn sein kleiner Bruder schläft, machen Lars und ich etwas zusammen und mit der Zeit beschäftigte er sich allein während dieser Zeit damit. Malen, puzzlen, Cassette ließen ihn an einem festen Platz bleiben. Vielleicht wäre es gut Marcel mehr miteinzubeziehen was den Haushalt angeht. Tisch decken, Geschirr anreichen, Müll wegbringen, Wäsche in die Waschmaschine oder die Wäscheklammern anreichen, staubsaugen und darüber hinaus verfliegt der Machtkampfgedanke. Lars habe ich beim Kartoffelschälen helfen lassen. Er schälte mit einem Spargelschäler und erntete ordentlich Lob. Sobald Lars Dinge konnte, er irgendwann iggelig wurde, brauchte ich nur einen Vorschlag machen und er war besänftigt. Immer wieder kommt es vor, daß ich nicht kann, weil ich mit dem kleinen Bruder zugange bin. Lars mußte das lernen. Man kann manchmal eben nicht gleich und sofort. Ich denke, wenn Marcel überrascht wird, weil er neue Dinge versuchen darf, läßt er sich mit der Zeit auch wieder ohne Trotzreaktion leiten. Lars hatte heute auch wieder aufgrund von Reizüberflutung eine geringe Toleranz. Bei Verhaltensweisen, die auf keinen Fall durchgehen dürfen, wie Bruder hauen oder sehr laut werden, frech werden, hilft Auszeit. Ursache war: Ungewohnt brachten wir noch spät gemeinsam den Papa zu einem Treffen. Auf der Rückfahrt verlangte er nach einer Süßigkeitstüte, die ich verneinte, weil schon für heute genug. Zu Hause war er dann aggressiv. Aber richtig. Mir blieb die Auszeit: Ich hob ihn ins Gitterbettchen seines Bruders und er schrie. Ohne Weiteres kann Lars aus diesem Bett klettern. Er war so bockig, daß er dafür keinen Kopf hatte, so überrascht war er. Erst wenn er sich aus eigener Kraft beruhigt hätte, könne er aus dem Bett wieder raus, sagte ich mehrmals ruhig. Und nach kurzer Zeit kam er raus, ruhig. Ich konnte ihn loben dafür. Lars hatte sich reingesteigert und brauchte diese Ausgrenzung. Ich täte ihm keinen Gefallen, würde ich wegen des Gebrülls jedem seiner Wünsche nachgeben. Doch das Gebrüll erster Kajüte kann und will ich nicht dulden. Ich denke, ich helfe ihm indem ich ihn dazu auffordere zu allererst ruhig zu werden, denn dadurch wird sein Handeln bedachter, besonnener. Und das ist ein Lob wert. Wir haben grade die Windpocken hinter uns und ich denke das spielt noch mit rein. Bei jeder Krankheit wächst Lars mit. Noch ein lieber Tip: Ein Buch: Kinder sind vom Himmel oder so ähnlich von John Gray. Lohnt sich. Viel Erfolg, viel Kraft und toi, toi toi, Sonja. P.S. Lars versucht natürlich täglich seine Freiräume zu vergrößern, bzw. seinen Einfluß zu testen. Bei an sich Belanglosem, doch für ihn offenbar wichtigen Dingen, laß ich ihm seinen Wunsch, die da wären: Warte bitte, ich möchte die Tür aufmachen/schließen, etc.. , weil es noch genügend andere strittige Punkte gibt. Und der Kiga an sich ist natürlich prima, doch auch wieder so ein Ding mit Reizüberflutung. Lars mußte ich anfangs mindestens 30 Minuten allein lassen, damit er wieder zu sich fand. Quarantäne nannte ich das.


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