Mitglied inaktiv
Sehr geehrte Frau Schuster, mein Mann war heute mit unserem Sohn (6) zur Schultauglichkeitsuntersuchung und rief mich hinterher an. Er war ziemlich aufgeregt und erzählte mir, die Ärztin vom Jugendgesundheitsdienst, die die Untersuchung durchführte, habe ihm eine Empfehlung mitgegeben, dass wir unseren Sohn nach ihrer Auffassung unbedingt einem Kinderpsychologen vorstellen sollten. Wir als Eltern sind aus allen Wolken gefallen! Grund dafür war sein heutiges Verhalten, was er auf dem Nachhauseweg mit Papa in den einen Satz "Ich hatte keine Lust." verpackte. Das äußerte sich dergestalt, dass er sich zur Untersuchung nicht ausziehen wollte, nicht die Formen zeichnen wollte, die die Ärztin ihm vorgab, sondern irgendwas, was ihm gerade einfiel. Außerdem sollte er irgendwelche Kärtchen vergleichen und sie meinte anschließend, er habe nur die schwierigeren gemacht (und das sehr gut), wohingegen er die einfacheren einfach beseite legte. Er zeigte seine Unlust auch deutlich, indem er mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf dastand, woraus die Ärztin noch auf eine Haltungsschwäche schloss. Die Ärztin schickte nach der Untersuchung unseren Sohn vor die Tür und nahm meinen Mann, der sich total überfahren fühlte, gründlich ins Gebet. Sie konnte nicht glauben, dass wir zu Hause nicht permanent Schwierigkeiten mit unserem Sohn haben, es aus dem Kindergarten nicht laufend Beschwerden hagelt und dass er dort überhaupt Freunde hat. Er macht tatsächlich zu Hause nicht immer sofort und widerspruchslos das, was wir gerne von ihm hätten. Oft muss man Dinge zwei- oder mehrmals sagen, ehe er sich dann bequemt, etwas Bestimmtes zutun. Aber ich halte das für eine durchaus normale, wenn auch nicht wünschenswerte Eigenschaft. Ich kenne viele Kinder (und Erwachsene), die sich so verhalten. Aber dieser Eigensinn ist nicht seine hervorstechendste Eigenschaft. Nach unserer Auffassung ist er ein intelligentes Kind, hat eine schnelle Auffassungsgabe, einen wirklich sehr guten Wortschatz und kann sich konzentriert mit Dingen beschäftigen. Er spielt zu Hause gerne mit seinen Lego-Bausteinen, beschäftigt sich ausdauernd im Garten, hilft gerne, geht einmal die Woche auf eigenen Wunsch zum Geigenunterricht und ist uns noch nie als besonders "auffallend" in seinem Verhalten erschienen. Seit gut 4 Jahren besucht er den Kindergarten, hat dort Freunde, wird zu Kindergeburtstagen oder auch mal zum Übernachten eingeladen. Sowohl die Erzieherin als auch die anderen Eltern haben uns immer wieder bestätigt, dass er ein sehr angenehmes, freundliches und unkompliziertes Kind sei. Während des letzten Kindergartenjahres wurde im Kindergarten auch Vorschularbeit mit den Kindern gemacht. Gerade gestern hat er mir noch stolz seinen Hefter gezeigt mit all den Aufgaben, die er sehr ordentlich gelöst hat. Sie können sich also unseren Schreck heute vorstellen! In der Vergangenheit habe ich solche Situationen allerdings mit ihm schon erlebt, wenn auch in großen zeitlichen Abständen. Das erste Mal war während einer Kinderkur. Er war damals 3,5 Jahre alt und sollte sich bei einer ihm fremden Ärztin zur Untersuchung ausziehen. So richtig freiwillig ging das Ausziehen nicht und als er dann ausgezogen war, wollte er sich nicht wieder anziehen. Er saß lieber auf der Erde und schmollte. Auch diese Ärztin war anschließend überzeugt, wir sollten zur psychologischen Beratung. Ich bin dort auch zum Gespräch gewesen, aber ohne Ergebnis. Die Ärztin, die sich so über sein Verhalten geärgert hatte, mussten wir in den Wochen der Kur mehrfach aufsuchen und sie wurde dann, als er sie besser kennen gelernt hatte, seine "beste Freundin". Als er im vergangenen und diesem Jahr einmal krank war und unsere vertraute Kinderärztin Urlaub hatte, war es bei der Vertretungsärztin ähnlich. Er wollte nicht so recht ran, ließ sich nur widerwillig dann doch abhorchen und in die Ohren schauen, und es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass auch diese Ärztin nicht besonders erbaut von seinem Verhalten war. Von seiner Erzieherin im Kindergarten habe ich in den letzten 4 Jahren nicht einmal gehört, dass er sich irgendwie auffällig verhält. Sie hält ihn im Gegenteil für sehr liebenswert. Im letzten Sommer gab es mit einer neuen Erzieherin im Kindergarten kurzzeitig Schwierigkeiten. Er wirkte tagelang bedrückt und rückte dann auf Nachfragen damit heraus, dass er sich von der Erzieherin, die als Vertretung in seiner Gruppe war, ungerecht behandelt fühlte. Sie hätte dann zu ihm gesagt: "Du machst aber auch nichts als Ärger." Ich habe daraufhin das Gespräch mit dieser Erzieherin gesucht. Sie hielt ihn für "aufsässig" und ich schilderte ihr im Gegenzug, wie traurig er in den letzten Tagen gewesen sei. Daraufhin wollte sie sich etwas mehr Zeit für ihn nehmen. Ich habe auch mit meinem Sohn ernst darüber geredet, dass ich mit der Erzieherin gesprochen habe, aber nicht nur sie vielleicht etwas ändern müsse, sondern natürlich auch er sich bemühen müsse. Seitdem klappt es mit den beiden ganz hervorragend. Ehrlich gesagt ärgere ich mich etwas über die Empfehlung der Ärztin vom Jugendgesundheitsdienst. Sie kennt das Kind nicht und beurteilt es anhand dieses erst- und einmaligen Zusammentreffens, das zugegebenermaßen unglücklich verlaufen ist. Andererseits will ich dieses Vorkommnis nicht einfach vom Tisch wischen. Natürlich werde ich auch mit meinem Sohn reden, dass sein Eigensinn ihm überhaupt keine Vorteile bringt, sondern er sich im Gegenteil Schwierigkeiten damit einhandeln kann. Aber wie kann ich solchem Verhalten auf den Grund gehen? Es muss doch irgendwas zu bedeuten haben? Ich kann nicht glauben, dass er irgendwie verhaltensgestört ist. Das hätte in den letzten 6 Jahren ja auch unsere Kinderärztin, die Erzieher im Kindergarten, seine Freunde oder jemand in unserer Familie mal merken müssen? Was macht ein Kinderpsychologe in solch einem Fall? Danke für Ihre Hilfe. Agnetha N. S. Ganz nebenbei: die Schultauglichkeit wurde bescheinigt.
Christiane Schuster
Hallo Agnetha Bitte machen Sie sich keine Sorgen, freuen Sie sich darüber, dass die Schulfähigkeit bestätigt wurde und Ihr Sohn eingeschult werden kann. Auch ich sehe -soweit ich es via Internet beurteilen kann- keine Notwendigkeit, um einen Psychologen aufzusuchen. Vermutlich wurde Ihr Sohn mit dieser für ihn fremden Person jeweils "überrumpelt" sodass er ein durchaus altersgerechtes Verhalten zeigte, indem er sich zurückhaltend verhalten hat. Sollte eine ähnlche Situation erneut gegeben sein, bereiten Sie Ihren Sohn auf Das, was auf ihn zukommt, möglichst umfassend vor. Wecken Sie seinen Ehrgeiz, dass er dem Arzt/der Ärztin oder dem Lehrer usw. nun mal zeigen DARF, was er schon Alles kann und was für ihn ganz "pupsleicht :-)) " ist. Kinder, die sich nicht angepasst und nahezu blind gehorchend verhalten, werden leider nur allzu oft für schwierig, auffällig usw. gehalten. Dabei ist es doch genau Das, was wir für unsere Kinder wollen: Kreativ, individuell, selbstbewußt, kritisch,...- Liebe, hoffentlich tröstende Grüße und: bis bald?
Mitglied inaktiv
Hallo Agnetha, ich kann nur sagen, daß meine Tochter (5) ähnliches Verhalten hatte, als sie von "Fremden" untersucht werden sollte und ich sowas in keinster Weise verhaltensauffällig empfinde, sondern GUT. Ein Kind muß sich ja auch nicht von Fremden untersuchen lassen. Und bei unseren Schultauglichkeitsuntersuchungen findet sowas ohne Eltern statt, was ICH fragwürdig finde, denn beim vertrauten Kinderarzt (den die Kids in der Regel ab der Geburt kennen und bereits ein Vertrauensverhältnis aufbauen konnten) dürfen die Eltern dabei bleiben,... ein Widerspruch in sich, wie ich finde,... aber das ist meine persönliche Meinung dazu. Da Ihr die Schulfähigkeit bescheinigt bekommen habt, würde ich persönlich nicht zum Psychologen gehen. Ich hab mich damals auf einige Besuche breitschlagen lassen und das einzige, was der Herr gemacht hat war: mit meinem Kind gemalt, mit Schleichtieren gespielt und mir gesagt "daß sie ein ganz normales Kind ist, welches halt einfach eine Weile braucht, bis es jemandem vertraut". Der Spaß (3 Besuche) hat mich 385 Euro gekostet,... und nicht jede Kasse übernimmt die Kosten. Des Weiteren sehe ich es in der heutigen Zeit als "gut" an, wenn die Kinder nicht gleich zu jedem Vertrauen haben,... sicher, er sollte mit 6 Jahren "mitmachen", wenn solche Dinge anstehen - in der Schule muß er es auch. ABER: wenn es dort nicht klappt, kann man ja mit dem Lehrer/Lehrerin sprechen und dann wird's schon. Wäre hingegen vom Kindergarten und vom Kinderarzt was verhaltensauffälliges genannt, würd ich natürlich zum Kinderpsychologen gehen,... aber ohne diese Aussagen auf keinen Fall. Im Übrigen denke ich: Euer Kinderarzt, Ihr und die Freund e- kennen den Jungen am Besten. Und nicht ein amtsärztlicher Arzt,... grrrr Mich ärgert sowas schon wieder. Wie die mit unseren Kindern umgehen und vor allem, wie sie dann den Eltern das Wort zum Sonntag erteilen. Kopf hoch! Puw
Mitglied inaktiv
Ach Mensch, deine Antwort (auch wenn ich natürlich auf weitere Meinungen gespannt bin) tut mir jetzt richtig gut. Dankeschön! Agnetha
Mitglied inaktiv
Habe nach dem Nachhausekommen mit meinem Sohn gesprochen. Schon im Kindergarten kam er mir gleich entgegen und meinte, die Untersuchung heute sei blöd gewesen. Er ging dann vor, um seine Sachen zu holen, und eine Erzieherin, die ihn gehört hatte, fragte mich, was denn so blöd heute gewesen sei. Daraufhin habe ich mich mit ihr unterhalten. Sie meinte, sie habe, als sie neu in den Kindergarten kam, sich gewundert, mit wieviel Geduld seine Erzieherin mit ihm umgehe. Als sie selbst dann Vertretung in der Gruppe machen sollte, habe sie sich mal mit seinem Sprachlerntagebuch beschäftigt und war total überrascht, weil sie ihn bis dahin stark unterschätzt hatte. Sie sagte, sie habe sich daraufhin auch etwas mehr Zeit für ihn genommen, ihn so besser kennen gelernt und würde zwar sagen, dass er etwas eigen sei, aber keinesfalls auffällig. Sie meinte, wir sollten noch einmal mit seiner Erzieherin sprechen und ansonsten die Empfehlung der Schuluntersuchungsärztin nicht überbewerten, denn die kenne ihn ja gar nicht und jeder habe mal einen schlechten Tag. Schon im Auto erzählte mir mein Sohn, dass er zu der Untersuchung heute gar keine Lust gehabt habe. Die Sachen, die er machen sollte, hätten ihn gelangweilt und die Ärztin sei ihm unsympathisch gewesen. Als er dann noch auf einer Liege lag und sie seinen Penis begutachtete und die Vorhaut zurückzog, sei ihm das nicht nur sehr peinlich gewesen, sondern habe in dem Moment und noch später am Vormittag im Kindergarten weiterhin weh getan. Na gut, das hat die Begeisterung sicher nicht gesteigert. Soweit kann ich folgen. Wenn die Ärztin dort nun gedacht hat, er verhält sich jeden Tag so, dann hat sie sich mit Recht gewundert. Ich glaube, er hat einen sehr starken Willen, manche würden vielleicht stur sagen, aber ich sehe das eigentlich nicht als negativ an. Er muss lernen, dass er den starken Willen beherrscht und nicht der starke Wille ihn, so wie es jetzt ist. Wir werden mit der Erzieherin im Kiga sprechen und auch mit unserer Kinderärztin, die ihn gut kennt. Dann sehen wir weiter. Trotzdem bin ich an weiteren Meinungen interessiert. Danke fürs Lesen! Agnetha
Mitglied inaktiv
Liebe Frau Schuster, danke für Ihre Antwort. Ja, das hat mich wirklich getröstet, muss ich zugeben. Ich habe mit meinem Sohn geredet und gesagt, er müsse anderen helfen zu erkennen, was für ein kluger und netter Junge er sein kann, denn ansonsten würden die es unter Umständen gar nicht merken. Wir werden da auf jeden Fall verstärkt dran bleiben und ich hoffe, dass seine Lehrerin, wenn er Ende August eingeschult wird, auch erkennt, was in ihm steckt. Mit der Kindergartenerzieherin hat mein MAnn heute noch gesprochen. Sie hat gesagt, sie hielte unseren Sohn in keiner Weise für verhaltensaufffällig; da gäbe es gaaaaanz andere. Er mache schön mit, was sie an Aktionen/Aktivitäten anbiete und höre auch auf sie und wenn er mal nicht so große Lust hätte, dann müsste sie sich ihn ein bisschen "vornehmen" und ihm etwas gut zureden und schon sei er mit Feuereifer bei der Sache. Nochmals Danke und freundliche Grüße Agnetha
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