aannilii
Hallo liebe Frau Ubbens, ich freue mich sehr, dass man hier in dem Forum ihren Rat erhalten kann. Momentan bin ich nämlich wirklich am Ende meiner Geduld bzw. mit meinem Wissen um die Wut/Trotzanfälle unseres 3,5 jährigen angelangt. Wir kennen diese Wutausbrüche, oder wie auch immer man sie bezeichnen möchte schon sehr gut. Bereits mit 2 Jahren machten wir damit Bekanntschaft. Nun fallen diese aber wieder sehr extrem aus und mittlerweile sind mein Mann und ich oft ratlos, wie wir richtig reagieren, die Situation sogar verschlimmern, oder unserem Sohn oder der Erziehung mit falschen Handlungen sogar schaden. Bisher haben wir immer versucht die Situation mit viel Verständnis, Liebe und gespendetem Trost zu meistern. Da wir mittlerweile aber ein zweites Baby haben und wir dadurch vermutlich auch strapazierter sind, haben wir kaum noch Geduld und geraten oft an den Rand unserer Grenzen, da wir einfach wütend werden. Der Grund dafür ist, dass die Anfälle so absurd sind. Als das baby neu zu uns kam, war es anfangs etwas schwierig für unseren Sohn und auch da häuften sich die Wutanfälle. Mittlerweile ist der große Sohn aber sehr liebevoll zum Baby und er liebt ihn sehr. Ich möchte ein Beispiel für einen Wutanfall nennen: Unser Sohn hatte einen tollen Tag, aber ist schon etwas müde. Beim Abendbrot lege ich den Käse fasch auf sein Brot. Er stellt dies mit entsetzen fest und das Schauspiel nimmt seinen Lauf. Von nun an kann man nichts mehr richtig machen. Wenn ich den „Fehler“ korrigieren will, bringt es nichts. Ebenso sind Kompromisse keine Option. Irgendwann wird mein Sohn ganz „schwach“ und stürzt vom Stuhl. Dann kann er nicht mehr aufstehen. Er wütet und plärrt, dass er nicht mehr aufstehen/laufen/sich bewegen kann, liegt und wälzt sich am Boden….er fordert ein Kuscheltier. Bringt man eines, ist es das Falsche. In den Arm will er eigentlich nicht. Er hat immer ein „Aber“ oder es gefällt ihm alles nicht. Er schreit und jammert sehr lautstark, die Tränen fließen und es ist eigentlich kein Ausweg zu finden. Wenn man mit Unverständnis reagiert wird es nur noch lauter. Nicht zum Aushalten… Daher reißt bei mir der Geduldsfaden und ich werde lauter und wütend. Dabei gebe ich mit so viel Mühe, die Situation ruhig und liebevoll zu lösen. Eigentlich kommandiert uns unser Sohn dann schon rum, weil das gebrachte Kuscheltier ja das Falsche ist und er ein neues fordert. Bringen wir es nicht, gerät die Situation noch weiter außer Kontrolle. Fragen wir, wie wir ihm helfen können dann weiß er es nicht. Es ist wirklich zum Verzweifeln. Wie verhalten wir uns außerdem, wenn der Wutanfall passiert, weil unser Sohn nicht auf uns gehört hat? Wir wollen dann ja konsequent bleiben und sind es auch. Ich frage mich nur, wie wir uns dann verhalten sollen. Wenn unser Sohn dann außer Kontrolle gerät, tobt, haut und rumbockt, sollen wir ihn dann trotzdem in den Arm nehmen? Er hat sich ja falsch verhalten…..z.B. wenn er seine Spielsachen nicht wieder weggeräumt hat. Manchmal versucht unser Sohn uns auszutesten, wo sind die Grenzen. Aber die meisten Anfälle passieren tatsächlich aufgrund solcher Absurditäten, wie oben beschreiben. Dieses Verhalten „ich kann nicht mehr aufstehen, ich kann den Löffel nicht mehr halten, ich komme nicht an die Butter ran“ nerven mich einfach extrem. Wie verhalten wir uns also richtig? Sollen wir unserem Sohn eine Auszeit in seinem Zimmer geben und ihn dort absetzen? Bisher hätte ich das immer für das Falsche gehalten. Sollen wir ihn in den Arm nehmen? Manchmal fängt er an zu hauen oder sich selbst den Kopf anzustoßen etc. Sollen wir ihn ignorieren? Oder alles machen, was er fordert? Das kann doch eigentlich nur schlecht sein. Wir sind einfach ratlos….Oft rede ich nachträglich mit meinem Sohn darüber und frage, was ihm helfen würde. Das ist beim nächsten Mal aber ohne hin wieder das Falsche…. Eine weitere Schwierigkeit ist die, dass unser Sohn nie alleine spielen will, sobald ich mit ihm alleine zuhause bin. Ich denke, da habe ich in der früheren Erziehung wohl etwas verpass. Mir war es aber immer sehr wichtig, mich viel mit ihm zu beschäftigen und ihn zu fördern. Nun bittet er mich quasi ständig mit ihm zu spielen, auch wenn ich mal was im Haushalt kümmern muss, kurz eine Pause brauche, oder mich um das Baby kümmern muss. Er kann prima und sehr kreativ alleine spielen. Wenn mehrere Leute anwesend und ich keine Zeit für ihn alleine habe, ist es kein Problem für ihn sich zu beschäftigen. Ich hoffe, wir haben in unserer Erziehung noch nicht vollkommen versagt und können noch korrigieren. Momentan sind wir wirklich se hangstrengt. Ich bedanke mich schon jetzt für ihren Rat und dass sie sich so viel Zeit für meine lange Nachricht nehmen. Danke.
Liebe aannilii, in Situationen, bei denen es regelmäßig zu Wutanfällen kommt, überlegen Sie sich im Vorfeld, wie Sie grundsätzlich damit umgehen wollen. Zu Ihrem Beispiel "Käse": Legen Sie erst gar keinen Käse auf das Brot, reichen Sie Ihrem Sohn vielmehr den Käseteller und er kann sich selbst bedienen. Ähnlich in anderen Situationen. Achten Sie gerne darauf, dass Sie Ihrem Sohn mehr abverlangen können, wenn er ausgeruht ist als zu Zeiten, in denen er schon müde ist. Bleiben Sie bei einem Wutanfall in der Nähe Ihres Sohnes, ohne zu viel auf Ihren Sohn einzugehen. Er kann sich Trost holen, wenn er mag, wird aber nicht ausgeschlossen (Bringen ins Zimmer). Die meisten Kinder mögen nicht, wenn Eltern sie in ihrer Wut zu trösten versuchen und sie werden noch wütender. Aus dem Grund ist es völlig in Ordnung, "nur" in der Nähe zu bleiben. Genau so wenig mögen Kinder, wenn auf sie eingeredet wird. Kuscheltier: Bieten Sie an, dass Sie mit ihm zusammen ein Kuscheltier holen gehen. Mag er nicht, dann nicht. Sie müssen nicht zwischen absurden Wutanfällen und Wutanfällen, weil er etwas nicht tun möchte, unterscheiden. Reagieren Sie bei allen Wutanfällen ähnlich, das gibt Ihrem Sohn Sicherheit. Auch ein Nichtreagieren, aber in der Nähe bleiben, gibt Sicherheit, da er absehen kann, was passieren wird. Es gibt Kinder, die sich schwer damit tun, sich längere Zeit allein zu beschäftigen. Das hat nichts damit zu tun, ob sich in der Kleinkindzeit viel mit dem Kind oder weniger mit dem Kind beschäftigt wurde. Es ist vor allem Charaktersache. Möchten oder können Sie gerade nicht mit Ihrem Sohn spielen, dann erklären Sie ihm, dass Sie jetzt ... machen und dann wieder Zeit für ihn haben. Ggf. kann auch eingeführt werden, dass Sie ihm eine CD anstellen und Sie nach einem bestimmten Musikstück wieder Zeit für ihn haben. Fangen Sie mit kurzen Sequenzen an und verlängern die Zeiten langsam. Viele Grüße Sylvia
cube
Euer Sohn sieht einerseits, dass euer Baby alles "gemacht" bekommt - andererseits ist er in einem Alter, wo er a) selbst entscheiden/bestimmen möchte und b) sich noch schwer tut, Entscheidungen zu treffen und damit zu leben. Entscheide ich mich für Vanilleeis. kann ich Schoko aber nicht haben. Ich nehme lieber Schoko -. verdammt, dann kann ich aber Vanille nicht haben. usw Oder: Falscher Löffel - aber welchen ich statt dessen will, weiß ich nicht/kann mich nicht entscheiden. Ich würde dazu über gehen, ihn erst zu fragen, welchen Löffel er möchte oder aber ihn gleich selbst los schicken, sich den gewünschten aussuchen. Keks liegt falsch - er kann ihn sich selbst richtig hinlegen (oder gleich helfen, den Tisch zu decken und sich den Keks "richtig" hin zu legen) oder aber, ihr ignoriert seinen Anfall dann einfach. Gerne kurz sagen "huch, ehrlich? Na, dann leg ihn dir gerne selbst richtig hin" und im Weiteren ihn darauf hinweisen, dass es seine Entscheidung ist, ob er den Keks nun essen will oder eben nicht. Er lässt sich auf den Boden fallen? Kann den Löffel nicht mehr halten? Dann kann der Hunger nicht so groß sein ;-) Ehrlich, nehmt euch das nicht so an - wie du selbst festgestellt hast: ihr könnt es ihm eh nicht Recht machen - er kann das gerne selbst tun oder es ist eben alles doch nicht so wichtig. Haltet euch selbst vor Augen, dass ihr nichts falsch macht, ihr ihm die Entscheidung ja überlasst, ob er essen möchte oder nicht - und wenn er meint, er sei zu schwach dafür, ist das seine Entscheidung. Gerne helft ihm auch mal - wie eurem Baby - bei solchen Dingen wie Butter ranschieben oä. ER ist nämlich trotz Baby auch nicht schon groß, sondern noch ein kleines Kind. Aber wenn er eigentlich alles haben kann und nicht will - ist das sozusagen sein Problem :-) Das muss aber nicht bestraft werden - freundlich darauf hinweisen, dass er x und y selber nehmen kann etc und dann ignorieren reicht. Er tobt, haut etc? Lasst ihn sich ausbocken - bleibt in der Nähe als Ansprechpartner oder auch Tröster, aber ihr müsst euch nicht hauen lassen. Nicht alle Kinder wollen in demMoment Nähe - unseres zB auch nicht. Da darf nur der Hund nahe sein :-) Alleine spielen ist für unser Kind auch schwierig - war es schon immer und ist mit fast 10 auch noch nicht so seins. Versuch mal, zuerst mit ihm zu spielen und dann zu sagen, du müsstest jetzt erst mal xy machen und er könne ja solange weiter machen - du kommst später wieder dazu. Klappt auch das nicht - ja mei, dann muss er sich eben auch mal Langweilen. Glaub mir - irgendwann finden Kinder aus reiner Langeweile doch etwas, was sie tun könnten ;-) Oder binde ihn in feine Hausarbeit mit ein. Wir hatten eine Schublade in der Küche, mit seinen Kochsachen. Schüsseln, Töpfe etc und dazu ein paar Erbsen etc mit denen er rumhantieren konnte. Bzw. mit 3,5 hat er eher schon mit geschnippselt. Kartoffeln geschnitten oder Möhren usw.
aannilii
Hallo Cube, Danke für dein Feedback. Das klingt alles logisch und ist nicht so neu für uns. Wir lassen unseren Sohn eigentlich alles selber machen, wenn er will. Beim Essen kann sein Anfall auch kommen, weil die Nudel im vom Teller gefallen ist… Ausbocken ist leichter gesagt als getan, er ist nämlich hartnäckig und schafft es sehr ausdauernd Stundenlang…. Kaum zu glauben. Es ist schon passiert, dass er dann erschöpft auf dem Boden eingeschlafen ist. Unschön, so will man das ja eigentlich auch nicht… aber genauso will ich nicht 1 Stunde lautes gebrüll nach „Mamaaaa“ und „ich kann xy nicht“…. Das artet dann wieder in Kopf anhauen o.ä aus. Er ist insgesamt ziemlich weit und kann mit einem richtig ins diskutieren kommen…er hat immer ein „doch“ oder „aber“ auf Lager,,. Auch wenn er eine Entscheidung falsch getroffen hat, endet es ja durch seine Verzweiflung in einen Ausbruch. Wie helfen wir am besten? Nur anwesend sein und tapfer dem Gebrüll zuhören? Hmmmm
cube
Oh, unser Kind war in dem Alter auch seehr ausdauernd - das konnte auch eine Std lang so gehen. Bspl.: ich will noch ein Müsli - Müsli geht nicht, aber du kannst gerne einen Apfel, Brot etc haben ... und dann ging´s los. Und zwar mit allem, was geht. Inkl. Versuchen, den Kühlschrank umzukippen, Schubladen aufzureißen usw. Und ja, er war verzweifelt, weil er selbst da offenbar nicht mehr rauskam. Ja, ich habe (sehr anstrengend und schwer) einfach nur den Kühlschrank festgehalten, die Schublade zugehalten, Wurfgeschosse außer Reichweite gebracht und war da. Nach Möglichkeit habe ich versucht, angesichts eines möglichen Ausbruches schon vorher abzulenken. Aber letztendlich bleibt es dabei: man muss sehr oft einfach da durch und selber Ruhe bewahren und aushalten aushalten aushalten. Aber es wurde besser und tatsächlich ist er jetzt mit fast 10 ein sehr kompromissbereites Kind. das zwar gerne mal rummoppert und sagt "nö, mache ich nicht" - um dann grunnmelnd und rummosernd doch zB JETZT die Zähne zu putzen ;-) Oder wutentbrand und Wuttränenüberströmt ins Zimmer stürmt, die Türe knallt, weil ich unwissentlich etwas ganz Wichtiges weggeworfen habe, weil es für mich wie Müll aussah, der seit Tagen unbeachtet auf dem Sideboard liegt - und dann 30 min. später generös mitteilt, dass es doch nicht so schlimm wäre ;-) Vielleicht hat Frau Uebbens noch andere Ratschläge - ich kann aus Erfahrung mit ausdauernden Wutzwergen nur sagen, dass man einfach nicht immer alles Recht machen kann und das Zusammenleben nun mal aus Kompromissen besteht, Eltern auch berechtigte Bedürfnisse haben und Kinder lernen müssen, damit umzugehen, dass die Welt leider nicht immer nach ihrer Pfeife tanzt (oder tanzen kann) :-)
aannilii
Noch ein kleiner Nachtrag: ich frage mich halt, ob ich ihm in seinen Anfällen so begegnen kann, dass ich ihm 3 Mal ein Kuscheltier hole, auch wenn er mich immer wieder losschickt, oder ob ich nein sagen soll, wenn ich ihm bereits eines gebracht habe und dann konsequent bleibe. Was hilft ihm und uns mehr? Kann man in einem Wutanfall Regeln durchsetzen, oder sollte man dann einfach liebevoll handeln, auch wenn er dann immer seinen Willen kriegt? Ich will nicht, dass er uns auf der Nase rumtanzt.
cube
3 x würde ich keines holen. Ich würde ihn fragen, welches er denn möchte. Wenn er es nicht weiß, könnt ihr zB zusammen gehen oder er alleine. Holst du das gewünschte und er will es dann doch nicht - Pech. Dann darf er gerne selber eines aussuchen gehen. Dann würde ich konsequent bleiben. Du hilfst gerne - aber du bist nicht der kleine Hauself, der stets zu Diensten ist :-) Während eines Wutanfalls Regeln durchsetzen ist oft schwierig - aber das heißt eben nicht, dass du es ihm gleich recht machen musst. Überlegt euch gut, welche Regeln für euch sehr wichtig und unumstößlich sind. Diese solltet ihr auch durchsetzen. War bei uns zB Zähneputzen und in´s Bett gehen wenn wir es sagen. Bei anderen Dingen eher abwarten, ignorieren. Aber auch nicht nachgeben mit dem doch 3. Mal ein Kuscheltier holen, dass auch wieder das Falsche ist, nur damit er evt. Ruhe gibt. Sowas wie "ist total müde" haben wir auch berücksichtigt - aber nicht mit Nachgeben der absurdesten Wünsche sondern eher damit, kein Fass aufzumachen und zB jetzt noch darauf zu bestehen, dass erst aufgeräumt wird. Dann bleibt es halt mal liegen und es geht direkt zum Vorlesen. Also keine Regel, sondern etwas, was wir eigentlich machen - aber auch mal ausfallen lassen können.
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