Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

2jährige trotzt

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

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Frage: 2jährige trotzt

Pünktchensmama

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Guten Tag Frau Ubbens, wir haben vor knapp zwei Wochen Nachwuchs bekommen. Ich bin sehr stolz dass unsere 2jährige Tochter ihren kleinen Bruder über alles liebt und so toll und zärtlich mit ihm umgeht...allerdings benimmt sie sich sonst momentan nicht so toll. Ich weiß dass trotzen in dem Alter normal ist und die momentane Situation meiner kleinen großen auch viel abverlangt, aber so langsam weiß ich nicht mehr wie ich darauf reagieren soll. Unser Sohn ist bisher nicht sonderlich zeitaufwändig - kein rund um die Uhr stillen oder so. Mein Mann hat die ersten 5 Wochen mit unserem Säugling Urlaub genommen um den Übergang unserer Tochter so einfach wie möglich zu machen und ihr noch viel Aufmerksamkeit schenken zu können. Wir wechseln uns ab, wenn der kleine satt ist puzzle oder male ich mit ihr oder eben mein Mann spielt mit ihr. Natürlich wird sie nicht rund um die Uhr bespaßt, sie spielt auch gut und gerne mal eine kleine Weile für sich oder darf beim kochen helfen oder so, aber sie bekommt schon noch ihre Aufmerksamkeit. Ins Bett bringe auch ich sie, weil wir unser Ritual haben - kann Papa auch, aber wir genießen einfach die Schmusezeit und sie fragt an 6 von 7 Tagen ob ich sie ins Bett bringe. Wir haben sie also keinesfalls abgeschrieben... Leider ist sie momentan aber auch oft nicht so brav wie wir sie kennen. Sie schüttet beim Frühstück ihren gesamten Kakaobecher über ihre Kleidung um uns danach “herausfordernd“ ins Gesicht zu grinsen, kickt ihre Puzzleteile unter die Couch (das weiß sie natürlich nicht, aber das ding ist riesig und schwer und es ist für uns immer ein riesen Akt die Teile hervorzuholen), lässt absichtlich Dinge fallen und schmeißt Spielzeug an die Wand, tritt beim wickeln aus heiterem Himmel etc. Bisher habe ich es so gehandhabt dass sie keinen kakao bekommt beim nächsten mal sondern Wasser...Dann wieder kakao...will sie ja nicht unverhältnismäßig bestrafen....Aber auch Wasser ist nass und ich muss sie komplett umziehen...das puzzle kommt einen Tag auf den Schrank wenn sie die Teile unter die Couch kickt...Spielzeug dass durchs Zimmer geschmissen wird wird ebenfalls konfisziert und wenn sie tritt halte ich sie fest und erkläre ihr dass es mir weh tut. Aber so langsam weiß ich nicht mehr wie ich sie noch behandeln soll damit diese Ausbrüche etwas abnehmen. Mit Schlafmangel ist das Nervenkostüm natürlich nicht das gleiche und das merkt sie sicher auch. Heute hab ich sie das Frühstück mit nassem Body beenden lassen (nasse Kleidung findet sie richtig doof...Aber sie weiß ja wer sie nass gemacht hat...). Oft weint sie wenn sie die Konsequenzen ihres Handelns erfährt und läuft in meine Arme. Natürlich nehme ich sie dann auch in den Arm und sage ihr das ich sie lieb habe, ihr Verhalten aber nicht ok ist. Sie gelobt natürlich Besserung...vergisst das natürlich auch wieder. Können Sie mir einen Rat geben wie ich damit umgehen kann ohne selbst wahnsinnig zu werden? Meine Schwiegermutter findet “eins hinter die Ohren löst das Problem“, natürlich weiß ich dass das nicht der Fall ist und ich schlage mein Kind auch nicht, aber “meine Methoden“ scheinen nicht anzuschlagen und inzwischen bin ich nur noch ratlos. Ich liebe meine Tochter und versuche ihr das auch immer zu zeigen, sie ist schließlich erst gerade zwei, aber so kann ich nicht weiter machen, vor allem wenn ich bald unter der Woche wieder allein bin. Freundliche Grüße und vorab schon danke für ihre Mühe.


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

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Liebe Pünktchensmama, halten Sie den Trinkbecher vorübergehend mit fest, wenn Ihre Tochter trinken möchte. Zudem stellen Sie den Becher anschließend außer Reichweite und haben "trockene Tage". Nach wenigen Tagen kann Ihre Tochter noch einmal zeigen, dass sie doch schon alleine trinken kann, das Außer-Reichweite-stellen des Bechers sollten Sie dennoch beibehalten. Das Puzzle könnte immer sichtbar, aber außer Reichweite Ihrer Tochter stehen. Auf Nachfrage können Sie es an Ihre Tochter geben. Sie oder der Papa sind dann dabei und mehr wie ein Puzzleteil kann nicht unter dem Sofa verschwinden. Ähnlich können Sie in weiteren Situationen verfahren und sich somit weiterreichende Auseinandersetzungen ersparen. Viele Grüße Sylvia


Mijou

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Hallo, Deine Tochter ist gerade mitten im sog. Selbständigkeitsalter (von Eltern gern "Trotzalter" genannt), UND sie muss die Ankunft eines kleinen Geschwisterchens verkraften. Was mir selbst früher auch nicht so klar war, ist: ALLE älteren Geschwisterkinder sind eifersüchtig. Manche zeigen es ganz direkt, manche nur indirekt, so wie Deine Kleine: Sie drücken die Eifersucht durch "anstrengendes", forderndes Verhalten aus. Die älteren Kinder lieben dabei das Baby wirklich, doch zugleich haben sie ihm gegenüber auch negative Gefühle. Menschen können einfach viele Gefühle gleichzeitig haben, das gilt auch für kleine Menschen: Sie können lieben und stolz sein, zugleich aber auch eifersüchtig, verunsichert und wütend sein. Die normale Geschwister-Eifersucht ist ganz unvermeidbar, egal wie sehr man beide Kinder liebt. Du kannst die Eifersucht aber lindern. Das geht, indem Du Deiner Tochter täglich etwas reine "Mama-Zeit" reservierst, in der der Papa das Baby nimmt und Ihr nicht gestört werden dürft. In dieser Zeit kannst Du vorlesen, etwas mit Deiner Tochter spielen oder auch einfach mit ihr reden. Lass sie außerdem bei der Babypflege mithelfen und kleine Handreichungen machen. Auch im Haushalt sollte sie bei kleinen, einfachen Dingen viel helfen dürfen, das macht sie stolz. Lobe sie dabei uns sage, wie froh Du bist, dass sie Dir schon so toll helfen kann, weil sie schon so groß ist. Dann findet sie es weniger reizvoll, noch so klein wie das Baby zu sein. Sehr hilfreich ist im "Trotzalter" übrigens das Buch: "Das kompetente Kind" von Jesper Juul. Es ist eines der wenigen Erziehungsbücher, die bei uns wirklich geholfen haben, und das unheimlich schnell. Die Tipps darin machen den Trotz der Kleinen weitgehend überflüssig, sie brauchen ihn einfach nicht mehr. Es ist eine unheimlich große Entlastung zu verstehen, warum die Kleinen so ticken, wie sie es tun - und zu erfahren, wie man ihren Trotz im Alltag unnötig machen kann, weil sie einfach viel zufriedener werden. LG


Pünktchensmama

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Hallo, danke für die ausführliche Antwort! Das blöde ist, all das mache ich ja schon. Die hat Zeit NUR mit Mama und auch NUR mit Papa, meine Schwester kommt auch oft um SIE zu besuchen und meine kleine darf sich aussuchen mit wem sie dann was machen möchte. Meine Tochter hilft mir wickeln, oder gibt dem kleinen den Schnuller im Auto oder deckt ihn zu wenn wir ihn in den Kinderwagen legen. Sie darf den Wagen schieben und auch sonst vermeiden wir sie ständig zu maßregeln (ihr Bruder braucht den Schnuller nicht immer wenn sie meint dass er ihn braucht aber solange sie ihn nicht all zu sehr bedrängt lasse ich sie gewähren damit sie nicht ständig in ihren Handlungen eingeschränkt oder korrigiert wird. Sie darf sich allein anziehen (macht sie gerne) und helfen ihr Outfit auszusuchen wenn sie möchte. Alles auf freiwilliger Basis - sie muss nicht plötzlich groß sein, sondern darf alles wie vor der Ankunft des Babys auch wenn das bedeutet dass anziehen und so weiter momentan wesentlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Wir haben keinen vollen Terminplan damit wir uns wirklich nicht hetzen müssen und ihr zugestehen können dass sie 5 min lang die Treppe runter läuft, aber dafür alleine. Mit Lob habe ich nie gegeizt, aber schon so dass es ihr auch noch was wert ist...dass die Umstellung für sie nicht ganz leicht ist ist mir bewusst, daher hat mein Mann auch seinen Jahresurlaub aufgespart damit er mir den kleinen Mann auch mal abnehmen kann und ich mich mit meiner vollen Aufmerksamkeit meiner Tochter widmen kann. Trotzdem haben wir die letzten Tage im Stundentakt Situationen wie oben beschrieben und ich weiß einfach nicht wie ich ihr noch zeigen kann dass sie uns und vor allem mich nicht verliert. LG


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