Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Rüdiger Posth:

Verarbeiten mit traurig klingendem Schreien?

Dr. med. Rüdiger Posth

Dr. med. Rüdiger Posth
Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

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Frage: Verarbeiten mit traurig klingendem Schreien?

Mitglied inaktiv

Warum lässt sich unser Baby beim Schreien nicht beruhigen und steigert sich immer noch mehr hinein. Gibt es Kinder, die z.B. vor dem Einschlafen einfach sehr intensiv und fast traurig klingend weinen müssen, um Dinge zu verarbeiten? Unser Kind ist jetzt 20 Wochen alt und es wird einfach nicht besser mit dem Schreien. Mich beunruhigt, dass es oft so herzzerreissend tönt, als ob er seeeeehr traurig sei, dabei bekommt er wirklich alles von mir und seinem Vater was er braucht. Ich bedanke mic und möchte Ihnen noch sagen, dass ich Ihr Forum sehr schätze!


Liebe Melanie, leider kann ich Ihrem Schreiben nicht entnehmen, wie sie mit Ihrem Sohn zum Einschlafen vorgehen, ob er getragen, geschaukelt oder nur einfach hingelegt wird. Ob er in seinem eigenen Zimmer schlafen soll oder bei Ihnen liegt und, und, und. Wenn sie schon spüren, daß Ihr Kind traurig schreit, dann empfindet er sicherlich auch seelische Not. Irgendetwas müssen Sie anders machen. Wollen Sie sich noch einmal melden? Viele Grüße


Mitglied inaktiv

Hallo, wie macht sich das denn genau bemerkbar? Hast du es mit herumtragen, stillen (sofern du stillst), singen, kuscheln... versucht? Gerade zum Einschlafen ist ja Zuwendung das allerwichtigste!, damit das Kleine Vertrauen entwickeln kann. Mir fällt noch was ein: Auto-fahren hilft manchmal. Aber wenn du meinst, das einige Kinder das Weinen brauchen, so glaube ich das nicht. Sie haben ja kein anderes Ausdrucksmittel, uns mitzuteilen, dass ihnen etwas fehlt. - unsere war (ist) auch oft anstrengend gewesen, ich kann dich nur trösten: alles was du an Liebe gibst, bekommst du mehrfach zurück! Liebe Grüße Stella


Mitglied inaktiv

ich kenne das von meinem sohn, der in den ersten wochen und monaten oft herzzerreißend geweint hat. wir konnten nichts machen. er war gewickelt, gestillt, hatte aufgestoßen, schien keine blähungen zu haben...-trotzdem. ich hab mir angewöhnt, ihn in solchen situationen einfach im arm zu halten. ohne viel gehoppel, ohne trara, weil das auch nichts gebracht hat. einfach nur gehalten. es ist schlimm, sich dieses geschrei anzuhören, insbesondere, wenn es so traurig klingt. ich konnte es mir bei unserem sohn auch nicht anders erklären, als dass er wohl irgendwas verarbeiten muss (stress, angst, erinnerungen? -> hatte eine stressige schwangerschaft und eine schwere geburt) ich denke erklärungen gibt es wenige, da leider dieses alter noch nicht so richtig erforscht ist. man kriegt die bescheuertesten pauschaltipps "es sind bestimmt blähungen" und "schreien stärkt die lungen"... ich denke solange es nicht geklärt ist, was die (tiefer liegende psychische) ursache sein kann, bleibt uns eltern nichts anderes, als das kind in den armen zu halten, im zu vermitteln, dass wir da sind, und mit ihm zu warten, dass es besser wird. ich kann dir nur aus eigener erfahrung sagen, dass sich das hoffnungslose und tief traurig klingende geschrei nach einigen wochen gelegt hat. ich habe meinen sohn nie allein schreien lassen und war beim ersten mucks bei ihm. und ich bilde mir ein, dass er dadurch langsam ruhiger wurde. und etwa seit er 5 monate alt war, ist er ein sonniges gemüt :-) also: geduld und viel liebe! lieber gruß moni p.s. ich bin in meiner panik natürlich auch zu den verschiedensten ärzten gerannt und hab unter anderem auch untersuchen lassen, ob er KISS haben könnte, das mir das in verschiedenen foren geraten wurde. dabei handelt es sich um eine schmerzhafte wirbelsäulenverrenkung (?), die angeblich oft übersehen wird... soll oft zu unerklärlichem geschrei führen. bei uns war's das aber nicht! nochmal: alles gute!


Mitglied inaktiv

Meinen Tochter hat täglich 8-10 Stunden geschrien. Ich hatte immer das Gefühl, es hänge mit meiner Milch zusammen, aber alle sagen ja Muttermuilch sei das allerbeste. Eines Tages habe ich dann ein Experiment gemacht und zwei Tage abgepumpt und nur PRE HA Nahrung gegeben. Das Schreien war von einem am anderen Tag völlig weg und damit meine ich sie hat schlagartig überhaupt nicht mehr geschrien. Weder KA noch Stillberaterin konnten sich das erklären. Sicherheitshalber habe ich dann noch 2 Wochen abgepumpt, um zu sehen, ob dies ein Ausnahmefall war. Aber zum Glück ist alles so super geblieben. Tja, die Wissenschaft kann sich manche Dinge nicht erklären... (Meine Tochter hat keine Allergien) Gruss, Doris


Mitglied inaktiv

etwas scheint mir noch sehr wichtig. Natürlich lasse ich ihn niemals schreien,gehe sofort zu ihm und halte ihn. Habe anfangs auch diverse Beruhigungsmöglichkeiten probiert bis ich gemerkt habe, das regt ihn alles noch mehr auf. Jetzt gehe ich mit ihm in ein abgedunkeltes ruhiges Zimmer, halte ihn im Arm, spreche leise mit ihm und sage, er soll all seinen Kummer herauslassen. Kiss wurde auch untersucht, ist er jetzt in osteopathischer Behandlung, mal sehen ob es danach besser wird. Aber wie gesagt, das einzige was mich an dem Geschrei beunruhigt, dass es so traurig klingt... Aber die Geburt ging auch 20 Stunden und er war danach noch eine Woche auf der Ueberwachung wegen einer bakteriellen Infektion. Danke euch allen für die aufmunternden Postings! Es tut einfach schon gut zu wissen, dass es anderen gleich geht oder gegangen ist...


Mitglied inaktiv

hallo melanie, ich hab keine eigenen erfahrungen, aber ich hab schon gehört, daß es viel helfen kann mit dem kind über seine womöglich traumatischen erfahrungen zu reden. also über die gebrut und die trennung danach. daß du ihm erklärst wie es war, deine gefühle dabei, etc. ist vielleicht einen versuch wert. udn dann gibt es noch das buch von dr. sears: das 24-stunden baby. soll auch gut sein. alles liebe susanne


Mitglied inaktiv

Flori hatte in dem Alter auch seine Schreistunden am Abend, die er auf meinem Bauch liegend und schaukelnd mit Stillen verbracht hat. Vielleicht klingt es ja nur so traurig, weil er nach einer bestimmten Zeit einfach übers Weinen müde wird und nicht aus voller Lunge brüllt. Wenn Du ihn beim Weinen nicht alleine läßt und ihm "seine Sprache" nicht abtrainieren willst (durch ignorieren), dann geht diese anstrengende Zeit auch vorbei. LG, Sima


Stichwort: Säuglingsschreien / Schreibaby Liebe Moni, vielen Dank für Ihre mutige Mitteilung. Warum mutig? Weil ich fest davon überzeugt bin, ja es als aufmerksamer Kinderarzt im Grunde weiß, daß in den Kinderzimmern überall auf der Welt noch viel mehr geschrien wird, als öffentlich zugegeben. Es gibt in der medizinischen Literatur dazu Regeln wie die 3-3-3 Regel, die besagt, daß es noch als normal gelten kann, wenn ein Säugling 3 Std. am Tag, an 3 Tagen in der Woche und an 3 aufeinander folgenden Woche unentwegt schreit. Mit etwa 8 Lebenswochen soll es ein Schreimaximum geben. Klingt das nicht absurd, daß wir Menschen als die angeblich sozialsten Wesen auf Erden eine solch immenses Schreipensum unserer jüngsten Gesellschaftsmitglieder als normal ansehen? Aber statt zu fragen, wie wir zu solchen Irrungen in unseren (vernüftig gewordenen?)Erwachsenenköpfen kommen, fangen wir an, die Ursachen in dubiosen Körperstörungen zu suchen. Stichwort KISS-Syndrom, Trimenonkoliken (die gibt es allerdings wirklich, sind aber keineswegs immer die Schreiursache). Wo aber liegen die wirklichen Ursachen? Ich bemühe mich gerade, dazu Artikel in kinderärztlichen Zeitschriften zu veröffentlichen und habe darüber ein Buch geschrieben. Die Verlage zeigen sich skeptisch. Die Ursache der emotionalen Probleme des Menschen am Lebensanfang sind von geringem öffentlichen Interesse. Der zu erwartende Verkaufserfolg ist nicht lukrativ genug. Worum geht es wirklich? Es geht um die angeborene, naturgegebene Angst des Säuglings. Der kleine Säugling, noch nicht sicher gebunden an seine primäre Bezugsperson, empfindet Fremdegefühle und existenzielle Angst. Er schreit, um seine Bezugsperson auf sich aufmerksam zu machen, damit sie ihm hilft! Natürlich werden erst die körperliche Mangelzustände abgeklopft, wie Hunger, Durst, nasse windeln, Wundsein, Schmerzen u.s.w. Aber das haben Sie ja längst gemerkt. Das ist es nicht allein. Da ist noch etwas anderes. Die ursprüngliche Angst nämlich, von Natur aus da als Relikt Jahrtausende alter Menschheitsgeschichte, die beileibe nicht bequem und ungefährlich gewesen ist. Der Säugling hat allen Grund, Angst zu haben. Ohne seine ihn schützenden Eltern ist er verloren und ohne seine primäre Bezugsperson wird er später nicht funktionierendes Mitglied seiner Gesellschaft werden können. Diese Erklärungen sind nicht aus der Luft gegriffen. Die modernen Neurowissenschaften liefern in den letzten Jahren immer mehr klar definierte Erklärungen dazu. Daß Ihr Sohn jetzt zufrieden ist und nicht mehr schreit, liegt daran, daß Sie ihm Sicherheit und Vertrauen gegeben haben, und er seine primäre Bindung an sie hat aufbauen können. Auf diese Weise wird die ursprüngliche Angst erst einmal aufgehoben, bleibt aber unterschwellig bis zu einem gewissen Grade bestehen. Noch ist ja auch der kleine Mensch nicht losgelöst und "autonom". Dann wird die Angst in die verschiedenen Formen der Furcht "eingearbeitet". Viele Grüße


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