Liebe Frau Henkes, unser 14-monatiger Sohn hatte bislang noch nie großes Kuschelbedürfnis. Allerdings möchte er oft getragen werden (nicht in der Trage, sondern im Arm), v.a., wenn er Trost sucht oder nicht schlafen kann. Eine andere Beruhigungsform als durch Tragen akzeptiert er bislang nicht. Tagsüber ist das für uns noch bewältigbar, ihn hier und da für ein paar Minuten zu tragen, bis er sich beruhigt hat. Nachts hingegen ist es für uns zu einer echten Belastung geworden. Er schläft seit jeher schlecht – unruhig und mit vielen Wachphasen. Wir haben schon mit zwei Schlafberaterinnen versprochen, Verschiedenes probiert, aber der Schlaf hat sich nicht wesentlich verbessert. Bei meiner Frage soll aber der Schlaf selbst nicht im Mittelpunkt stehen, sondern der Wunsch nach Getragenwerden zur Beruhigung. In den letzten Monaten gab es in den meisten Nächten Situationen, in denen unser Sohn wach war und nicht wieder in den Schlaf finden konnte. Da empfohlen wird, in diesem Fall möglichst wenig zu reagieren, versuchen wir es mit Zuspruch, Handauflegen (was er teilweise mag), Hand neben ihn legen etc. So sind wir seit Monaten jede Nacht für 1-3 Stunden wach. Teilweise schläft er schließlich in seinem Bettchen wieder ein, oftmals beginnt er aber irgendwann derart heftig zu weinen und steigert sich immer weiter hinein, dass wir ihn schließlich aus dem Bettchen nehmen und tragen. Er ist sehr temperamentvoll und kann sehr schnell sehr heftig brüllen. Durch das Tragen beruhigt er sich aber meist zügig und schläft mitunter ein, aber sobald man aufhört zu gehen oder ihn ablegen möchte, fängt er wieder an zu schreien. In den letzten Wochen hat sich dieses Verhalten noch einmal zugespitzt, was vermutlich damit zu tun hat, dass er vor drei Wochen operiert wurde; eine Nacht waren wir stationär und er hat währenddessen kaum in den Schlaf gefunden und viel geweint. In den letzten Tagen war er zudem krank, es kamen also mehrere Stressbelastungen für ihn zusammen. Jedenfalls war er in letzter Zeit nachts noch länger wach als sonst und wollte immer hochgenommen und getragen werden. Ich kann dies schon gar nicht mehr leisten, mittlerweile hat aber auch mein Mann solche Schmerzen vom stundenlangen Tragen, dass er ständig über seine Schmerzgrenze hinausgeht, aber jetzt auch nicht mehr kann. Wir denken schon länger, dass es wichtig wäre, unserem Sohn Alternativen zur Beruhigung nahezubringen, aber bislang ist alles fehlgeschlagen. Er wollte noch nie auf unserem Bauch oder einfach neben uns liegen. Dazu ist er viel zu wuselig und „kämpft“ sich förmlich frei. Auch möchte er nicht neben uns oder auf den Schoß gesetzt werden und das Liegen im Arm ohne Bewegung durch Gehen macht ihn völlig unruhig und wütend, wie es scheint. Auch der Einsatz eines Pezziballs, der uns einmal empfohlen wurde, hilft nicht. In den letzten Tagen ist er jedes Mal, wenn er nachts wach war, eskaliert, wenn mein Mann ihn nicht gleich trug oder das Tragen einstellte. Er brüllte sich jedes Mal die Seele aus dem Leib, einmal bis zum Erbrechen. In dieser Intensität kennen wir es schon lange, aber nicht in dieser Häufigkeit. Er ist dann wie im Tunnel, nicht empfänglich für unsere Versuche, ihn zu beruhigen. Teilweise scheint er uns gar nicht wahrzunehmen, und wenn, dann nur, um z.B. eine Hand wegzudrücken oder eben, um seine Arme nach meinem Mann auszustrecken, damit dieser ihn doch bitte wieder tragen möge. Wir wissen nicht, ob dieses Getragenwerdenwollen ein wichtiges Bedürfnis für ihn ist, weil er sich anders nicht beruhigen kann und es trotz allem wichtig wäre, dem soweit es geht nachzukommen. Oder aber ob seine Reaktion (eventuell befeuert durch Frust und Wut, weil er nicht bekommt, wie er es möchte und gewohnt ist?) heftiger wirkt als es tatsächlich für ihn ist und er da einfach mal durch muss, bis er gelernt hat, sich auf andere Beruhigungsmethoden einzulassen. Da wir das Dauertragen nicht mehr leisten können, brauchen wir jedenfalls eine Lösung. Haben Sie Tipps, wie wir uns dieser annähern könnten? Wie können wir ihn ohne sein geliebtes Tragen beruhigen, ihm auch ohne Tragen die Sicherheit vermitteln, dass wir für ihn da sind, wenn er abgesehen vom Tragen nicht empfänglich für Beruhigung durch Körperkontakt ist? Wenn ich ihm etwas vorsinge, mag er dies eigentlich gerne; Singen in Kombination mit Tragen ist ihm das Allerliebste, aber Singen alleine hilft leider auch gar nicht. Teilweise haben wir das Gefühl, dass wir es mit Singen oder auch leichten Berührungen nur schlimmer machen. Die Alternative, die wir sehen, ist, ihn in seinem Bettchen zu lassen oder auf den Boden zu setzen, brüllen zu lassen, und einfach da zu sein. Dabei haben wir ein schlechtes Gewissen, er tut uns so leid, wenn er so herzzerreißend weint. Wir empfinden die Situation nachts als anders als bei einem reinen Wutanfall, haben die Sorge, dass er dadurch an Vertrauen in uns verlieren könnte, wenn er in solch einer vulnerablen Situation (Nacht, Müdigkeit, z.T. auch Angst) nicht das bekommt, womit er sich geborgen fühlt, vielleicht noch nicht einmal wahrnimmt, dass wir da sind. Wie ist Ihre Einschätzung der Situation? Was braucht ein sehr temperamentvolles, sensibles Kind in dem Alter, was können und sollten wir ihm an Veränderung zumuten und wie können wir vielleicht vorgehen? Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Rückmeldung!
von Hibiskus-C am 19.10.2023, 17:25