Wie viel kann ich von meiner Tochter erwarten?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie viel kann ich von meiner Tochter erwarten?

Hallo liebe Frau Ubbens, unsere Tochter ist im Juni zwei Jahre alt geworden. Sie ist ein lebhaftes, etwas stures Kind, das ja nun auch in der Autonomie-Phase ist. Sie versteht alles, was wir sagen und kann auch wirklich gut sprechen. Allerdings passiert es so gut wie nie, dass Sie bestimmten Aufforderungen folgt. Beispiel: Wir sind zu Hause und müssen los. Sie weiß, dass wir einkaufen wollen und ich sage: "So, kommst du bitte mal zu mir? Wir beiden müssen jetzt Schuhe anziehen." Sie guckt kurz und macht dann weiter ihr Ding. Ich sage es dann noch drei oder vier Mal. Mittlerweile werden wir schnell sauer, weil es so langsam wirklich ein Reizthema ist. Es wird nie etwas einfach so gemacht - selbst vom Hände waschen oder zum Wickeltisch gehen sind wir alle genervt. Wenn ich sie holen gehe, weint sie, weil sie es alleine machen möchte. Aber sie tut es ja nicht. Oder sie denkt, dass wir spielen, läuft weg und möchte gefangen werden. Im Moment werden wir leider öfters laut als uns lieb ist, aber es ist so anstrengend, wenn alles 100 Mal gesagt werden muss. Auch draußen hört sie nur, wenn sie gerade Lust hat. Oder im Baumarkt oder sonst wo. Was können wir von einem 2-jährigen Kind erwarten? Gibt es einen Weg, wie wir die Situation verbessern können? Ich wäre sehr dankbar für ein paar Tipps und Ratschläge. Viele Grüße Iris

von Iris_ am 04.08.2020, 14:52



Antwort auf: Wie viel kann ich von meiner Tochter erwarten?

Liebe Iris, meine Vorrednerin hat schon ganz ausführlich geantwortet. Kurz zusammengefasst: Ihre Tochter ist noch zu klein, um die geforderten Handlungen wie Händewaschen, Schuhe anziehen usw. alleine zu bewerkstelligen. Gehen Sie zu ihr auf Augenhöhe, wenn Sie Ihrer Tochter etwas sagen wollen. Kündigen Sie ein Weggehen kurz vorher an. "Du kannst die (Spielzeug-) Autos noch zur Seite fahren, dann ziehen wir die Schuhe an." Bleiben Sie dann bei Ihrer Tochter und gehen, nachdem sie das Spiel beendet hat, gemeinsam zum Schuhe anziehen, ggf. an der Hand. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 05.08.2020



Antwort auf: Wie viel kann ich von meiner Tochter erwarten?

Im Moment erwartest du zu viel. Nämlich dass sie deine Worte hört und auch einsieht/versteht, dass sie ihnen Folge leisten soll. Das ist aber ein Lernprozess, den du mit Taten unterstützen solltest. Also ihr sagen, dass ihr jetzt gehen müsst/wollt - sie reagiert nicht, du wiederholst deine Aufforderung und nimmst sie dann aber auch an die Hand und gehst mit ihr. Gut wäre auch, dass du deine Ankündigung mitteilst, in dem du zu ihr auf Augenhöhe gehst, so dass sie auch realisiert, dass du wirklich SIE meinst. Kinder sind so in ihr Spiel vertieft, dass sie oft nur eine wirklich direkte Ansprache realisieren. Ein Zuruf von der anderen Zimmerseite funktioniert erst vieeel später ;-) Neben der Selbstbestimmungsphase kommt einfach dazu, dass sie erst lernen muss, dass diese Worte "komm jetzt bitte, wir wollen fahren" auch eine bestimmte Aktion von ihr erwarten/fordern. Du kannst auch ankündigen, dass sie jetzt Schuhe anziehen soll. Sie kommt nicht - dann sage ich etwas positives wie "wenn du jetzt schnell kommst, können wir noch xy machen (haben wir Zeit nachher ein Eis zu Essen" oä.). "Wenn du dich jetzt schnell bettfertig machen lässt/machst, können wir noch Buch lesen" oder eben verstärkt "wenn du nicht ..., dann haben wir leider keine Zeit mehr, noch ein Buch zu lesen". Allerdings ist sie mit 2 ja nun auch wirklich noch klein und da ist es sehr hilfreich, aus solchen Dingen auch mal ein Spiel zu machen und ihr weglaufen vor Windelwechseln tatsächlich mit so etwas wie "waaas - die kleine Maus will sich verstecken? Mal sehen, ob ich nicht doch schnell genug bin, sie einzufangen". Versuch nicht immer direkt den "Holzhammer" rauszuholen und eine immer sofortige Reaktion zu erzwingen mit Konsequenzen oder sofort holen etc. Du wirst sehen, ein bisschen mehr Lockerheit entspannt für euch alle die Situation und Kinder merken idR/akzeptieren dann auch besser, wenn es eben mal nicht angesagt ist, noch ein Fangspiel zu machen. Hab einfach immer im Kopf: sie will nicht nur Grenzen testen - sie ist auch noch klein.

von cube am 05.08.2020, 07:41