Krümel_3und4
Hallo, mein Sohn ist 7, hat eine diagnostizierte ADHS und bekommt Ergotherapie. Er ist im Grunde ein lieber Kerl, kommt nur mit sich selbst manchmal nicht zurecht... Momentan bin ich bettlägrig und die Kinder und ich werden abends von Freunden gewaschen, versorgt etc. Gestern Abend ist mein Sohn dann mal wieder ausgetickt: Klorollen stopfte er ins Klo, Zahnpastatuben wurden alle ausgedrückt, Pasta verschmiert und Tuben mit Wasser gefüllt, dann pinkelte er das ganze Bad voll, also Wände, Handtücher, meine Freundin und was er so erreichen konnte. Er lachte und fand das alles äußerst lustig. Meine Freundin nicht. Ich nicht. In solchen Situationen ist er kaum ansprechbar, dreht völlig ab. Ich habe heute früh versucht mit ihm zu sprechen, habe sein Erspartes eingefordert, damit davon neue Zahnpasta und Klopapier gekauft wird. Das ist ihm egal. Ich weiß in solchen Extremsituationen manchmal nicht mehr weiter. Ich habe manchmal das Gefühl, er WILL eine körperliche Reaktion, damit er sich selbst überhaupt spürt. Ich halte gar nichts von Ohrfeigen oder Gewalt (obwohl ich ihn in Gedanken manchmal wirklich durchrütteln möchte). Sein Verhalten macht mich hilflos. Die Ergotherapeutin ist der Ansicht, ich mache alles richtig, was mich aber auch nicht einen Zentimeter weiter bringt... Haben Sie eine Idee? (Wäre er älter, würde ich ihn vielleicht auf Chili beißen lassen, aber mit 7...?)
Liebe Krümel_3und4, Ihr Sohn scheint manchmal mit der Gesamtsituation überfordert. Es mag sein, dass er genügend Aufmerksamkeit etc. bekommt. Dennoch ist er ohne Vater aufgewachsen, hat seit Monaten eine kranke Mama, die sich nicht so kümmern kann, wie es vielleicht wünschenswert wäre (gemeinsam Fußball spielen, ins Schwimmbad gehen etc.). Wer hat die ADHS diagnostiziert? Bekommt er Medikamente? Zeigt er ähnliche "Ausfälle" auch in der Schule? Hat er einen Freundeskreis? Besucht er einen Sportverein? Wie ist er dort jeweils integriert? Wie oft kommen die "Ausfälle" vor? Sind die "Ausfälle" im Rahmen des Diagnoseverfahrens angesprochen worden? Ist seine ADHS in einem SPZ (Sozialpädiatrischen Zetrum) diagnostiziert worden? Sprechen Sie noch einmal mit den Behandlern, die die Diagnose gestellt haben und besprechen mit diesen das Verhalten Ihres Sohnes. Hat Ihr Sohn die Möglichkeit, sich am Nachmittag in einem Sportverein auszupowern? Nutzt er zu Hause die Möglichkeit, sich zu bewegen, sei es auf einem Trampolin zu springen, auf einen Boxsack zu hauen o.ä.? Regelmäßige körperliche Betätigung wird womöglich auch Ihrem Sohn zu mehr Ausgeglichenheit verhelfen. Merken Sie oder eine andere Betreuungsperson, dass es in Ihrem Sohn brodelt, dann bieten Sie ihm an, bzw. fordern ihn auf, in den Boxsack zu hauen, ein Kissen zu werfen o.ä.. Bestenfalls machen Sie bzw. die Betreuungsperson als Vorbild mit. Viele Grüße Sylvia
cube
Also hat er sich gestern darüber geärgert, das nicht du dich um ihn kümmern konntest und hat dies aus Wut getan? Denn ehrlich gesagt finde ich das Vollpieseln des Bades schon ziemlich extrem und nicht unbedingt typisch für ADHS. Raster er denn nur zu Hause so aus oder auch in der Schule?
Krümel_3und4
Das war extrem... Ich liege aber schon lange (seit März) und das ist eigentlich kein Problem sonst... Ist natürlich nicht toll für uns alle, aber es funktioniert ganz gut. Er hat halt manchmal diese kompletten Aussetzer (immer schon). Das kippt manchmal von einer auf die andere Sekunde, völlig ohne erkennbaren Anlass...
KielSprotte
Also das beschriebene Verhalten hört sich nicht wirklich nach ADHS an, eher danach das er extremst nach (negativer) Aufmerksamkeit schreit. Was ist denn mit dem Vater? Nimmt er sich genügend Zeit für die Kinder, wenn du momentan außer Gefecht bist? Ich denke, solange du nicht kannst, sind Papa, Omas, Opas etc. gefordert. Außerdem solltest du ihm noch einmal ganz in Ruhe erklären, warum du dich z. Zt. nicht so wie sonst um ihn kümmern kannst und ihm (wenn möglich) auch einen Zeitraum nennen wo die Situation so ist wie sie jetzt ist. Allerdings würde ich ihm auch ganz klar sagen, dass sein Verhalten dir und deiner Freundin gegenüber unter aller Sau war und er sich vor allem bei deiner Freundin zu entschuldigen hat.
cube
Das es ganz gut klappt, heißt ja nicht, dass er damit auch tatsächlich gut klarkommt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass deine Bettlägerigkeit dazu beiträgt, dass er nach Aufmerksamkeit sucht. Da bin ich auch bei Kielsprotte - was ist mit dem Vater? Das eine Freundin hilft, die Kinder zu waschen und ins Bett zu bringen ist toll - aber wer spielt mit ihnen? Wer beschäftigt sie tagsüber? Auch ein 7-jähriger kann sich nicht monatelang nur alleine beschäftigen oder friedlich mit den (vermutlich jüngeren?) Geschwistern spielen. Du schreibst aber auch, dass er solche Aussetzer immer schon hatte, die grundsätzlich nicht unbedingt etwas mit der aktuellen Situation zu tun haben - evt dadurch aber noch heftiger ausfallen. Ich bleibe dabei, dass ich diese nicht typisch für ADHS finde, soweit ich ich Kinder mit diesem Syndrom kennen. Mangelnde/schlechter ausgeprägte Frustrationstoleranz ja, aber die Wutanfälle beschränken sich idR dann auf sozusagen eine Sache - also meinetwegen alles aufgebaute Lego zerdeppern und dann ist es gut. Aber hier werden ja eher möglichst viele Dinge getan, die unter groben Unfug fallen. Also eher kein Wutanfall aus Frust sondern eher "was kann ich noch alles machen, was ich lustig finde". Ich glaube nicht, dass er das tut, um sich spüren zu können. Kinder, die sich nicht richtig spüren, tune her Dinge, bei denen sie sich spüren können - also wilde Spiele mit anderen, sich in Wut selber gegen den Kopf schlagen etc. Die Toilette verstopfen hat ja gar nichts mit "sich spüren können" zu tun. Ob das ein Schrei nach Aufmerksamkeit ist, weiß ich nicht - kommt darauf an, wieviel Aufmerksamkeit er in euer Familie bekommt. Positive Aufmerksamkeit. Mit ihm spielen, etwas unternehmen, Lob für gut gemachte Sachen etc. Wenn das alles gegeben ist, würde ich evt. mal eine Erziehungsberatung hinzuziehen oder ihn nochmals im SPZ vorstellen. Denn tatsächlich finde ich das auffällig - und nicht im Zusammenhang mit ADHS. Sowohl das am Stück Unfug machen - aber noch mehr das alles vollpinkeln. Normalerweise ist genau das schon eher ein Zeichen dafür, dass irgendetwas grundlegendes nicht stimmt für ihn gefühlsmäßig.
Krümel_3und4
Hallo an die, die geantwortet haben, ganz sicher ist die Situation hier momentan für ihn belastend. Andererseits bin ich ja zu Hause, er bekommt positive Aufmerksamkeit, Lob, Liebe,... Es mangelt an nichts, zumindest nicht erkennbar. Weder für mich noch für andere, die Einblick haben. Er fordert heftige Reaktionen heraus, in dem er wie gestern Blödsinn treibt. Daher mein Gedanke, dass er sich spüren will, und sei es durch Schmerz, der ihm eventuell zugefügt werden könnte (aber nicht wird). Es geht ihm nicht nur um negative Aufmerksamkeit, sonst wäre sein Verhalten nicht so extrem. Das kennen ja wohl alle Mütter bei Kindern, wenn es ihnen darum geht... Er schaltet wirklich regelrecht ab bzw. um in solchen Situationen. Völlig aus dem Nichts. Eben noch friedlich gespielt und bumm! ist er wie von Sinnen. Er kann das im Nachhinein auch nicht erklären oder beschreiben. Ich spreche dann mit ihm, erkläre ihm, was sein Verhalten auslöst bei anderen Menschen usw. Das sieht er dann ein, bis zum nächsten Austicken... Das passiert ja auch nicht jeden Tag, in der Regel läuft alles ganz gut, aber es kommt eben gelegentlich zu derartigen Ausbrüchen. Ich habe mich tatsächlich schonmal an eine Beratungsstelle gewandt, die meinten, ich mache "alles richtig" und er sollte begutachtet werden. Daraufhin wurde dann die ADHS diagnostiziert, die ich auch (aufgrund anderer Faktoren) vermutet hatte. Ganz sicher fehlt es nicht an Liebe und positiver Zuwendung... Seit ich liegen muss, bin ich sogar 24 Stunden verfügbar für ihn... Und das Problem gibt es im Grunde schon seit er sehr klein ist. Es wird sich vermutlich irgendwann regulieren, nur in diesen ganz konkreten Situationen weiß ich manchmal nicht weiter. Er ist so außer sich, unansprechbar und ich dann irgendwie ziemlich wütend und hilflos. Und gestern waren die Grenzen echt überschritten... Er hat solche Ausfälle auch schon bei anderen gehabt (Opa). Ich bin alleinerziehend, Trennung war schon während der Schwangerschaft, er kennt es nicht anders.
zweizwerge
zum Thema Gewalt: in einer solchen Situation hätte ich, wenn mein Sohn das getan hätte, ihn sicher (mit Gewalt) festgehalten (wenn man's denn rechtzeitig merkt) und in die Badewanne gesteckt (wenn er denn unbedingt pinkeln will). Ich hätte außerdem wahrscheinlich die vollgepinkelten Sachen nur in eine Wanne geräumt und am nächsten Tag mit ihm darüber gesprochen, dass er das waschen muss. Neben der Entschuldigung. Frag ihn mal, in Ruhe und ohne Stress und ohne dass die Freundin dabei ist, was ihn in der Situation gestört hat. Falls es Deine Freunding (Hochachtung!) bzw. deren häufige Anwesenheit in eurer Familie ist - vielleicht möchte er mal ausprobieren, ob er z.B. am Wochenende alles alleine hinbekommt? Ich weiß natürlich nicht, ob das realistisch ist (z.B. wie alt das ander/die anderen Kinder ist). Einfaches Kochen mit genauen Anweisungen und sich selbst für's Bett fertig machen hingegen sind bei meinem 7jährigen möglich, allerdings stark motivationsabhängig. Aber falls er die Motivation hat, vielleicht mal testen? Alles Gute! Solveig
Krümel_3und4
Sehr resolute erfrischende Reaktion! Ich bin halt leider bettlägrig und war im Schlafzimmer... Aber das Herumpinkeln hätte ich vermutlich auch unterbunden, wenn ich im Bad gewesen wäre (vielleicht wäre es dann gar nicht so weit gekommen). Ist natürlich unrealistisch, dass er den Haushalt hier schmeißt... Er hilft schon mit, da geht auch gar nicht anders zur Zeit. Aber immer auf der Basis, was und wie viel er möchte. Das macht ihn sehr stolz, wenn er mir mal den Kaffee macht usw. Meine Freundin hat ihm auch angedroht, nicht mehr zu kommen, aber die Konsequenzen sind für ihn nicht greifbar und für mich eine mittelgroße Katastrophe (Es wechseln hier verschiedene Freunde/Bekannte, die helfen, solange ich nicht aufstehen darf).
KielSprotte
Ich habe inzwischen in einem anderen Forum gelesen wieso du liegen musst. Wenn du dich schon während der Schwangerschaft vom Vater getrennt hast, hatte er vermutlich lange keine feste männliche Bezugsperson? Geschlechterdenken hin oder her, aber ich glaube, dass Jungs einfach einen Mann brauchen, mit dem sie auch mal spielerisch ihre Kräfte messen können. Von daher ist jetzt (bzw. war schon länger) dein neuer Partner gefragt – der kann sich halt auch nicht nur um eure (auf dem Weg befindlichen) Kinder kümmern, sondern hat sich nun einmal für eine Frau mit bereits vorhandenen Kindern entschieden und ist somit bereits lange als Papa gefragt. Binde ihn mehr ein, schicke die beiden raus, damit sie sich draußen richtig auspowern – dann wird der kleine Mann vielleicht drinnen ausgeglichener sein. Und wie bereits geschrieben, kann er mit 7 Jahren zwar nicht den Haushalt schmeissen, aber sicherlich viel helfen, was ihn dann bestimmt auch stolz macht, wenn er Mama und die Babies verwöhnen kann……..
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