Tandemstillen - Wie kann ich mit Konfliktsituationen besser umgehen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Tandemstillen - Wie kann ich mit Konfliktsituationen besser umgehen?

Liebe Frau Welter, ich bin Mutter eines 2 Jahre und 3 Monate alten Sohnes und eines 1,5 Wochen alten Säuglings, die ich beide im Tandem stille. Seit unser Baby da ist, haben wir nun sehr viele konflikthafte Situationen, die sich am Stillen manifestieren und ich bin auf der Suche nach einem guten Weg durch die erste Zeit zu viert, mit dem wir beiden Geschwistern gerecht werden können. Ich wäre sehr dankbar und würde mich freuen, wenn Sie uns hierzu ein paar Ratschläge geben und uns weiterhelfen könnten. Vorgeschichte: Mein Sohn hat bis ca. 2 Monate vor der Geburt nurnoch zum einschlafen gestillt, also einmal mittags, einmal abends und max. 1 mal Nachts. Die letzten 2 Monate vor der Geburt fing er tagsüber wieder vermehrt auch unabhängig vom schlafen an, zu stillen. Ich vermute, dass ihm durch unsere Erzählungen und Vorbereitungen zunehmend klar wurde, dass sich etwas verändern wird. Die aktuelle Situation - Einschlafstillen: Wenn der Große mittags und abends müde ist oder nachts aufwacht (das passiert seit der Geburt wieder häufiger) und zum Einschlafen gestillt werden möchte und die Kleine gleichzeitig Hunger hat, haben wir das größte Problem. Der Große weint und ist furchtbar traurig, dass er nicht stillen kann. Er schaut sehr traurig auf seine stillende Schwester und es dauert mindestens 10 Minuten, bis er sich vom Papa auf den Arm nehmen lässt. Er lässt sich vom Papa dann auch nicht ins Bett bringen sondern sie hören z.B. Kinderlieder oder schauen eine Zeichentrickfilm (ich weiss, dass das nicht gut ist - es ist einfach aus der Not heraus geboren...), bis die Kleine wieder schläft und der Große dann stillen kann. Und das dauert leider manchmal eine ganze Weile. Wir haben schon versucht, den Großen ins Bett zu bringen, wenn die Kleine an einer Brust getrunken hat aber die Zeit, bis sie wieder Hunger hat (ca.15 Minuten), ist zur kurz und wir müssen dann wieder unterbrechen, was den Großen noch trauriger macht. Diese Situation zehrt emotional unheimlich an mir, da ich nicht möchte, dass die Kleine vor Hunger weinen muss und der Große aber auch so herzzerreißend weint und traurig ist und dann mitten in der NAcht wartet, bis ich ihn stillen kann. Was können wir hier tun, um die Situation besser zu meistern? Unsere Hebamme hat den Tip gegeben, für den Großen klare Regeln für das Stillen einzuführen, damit er etwas hat, worauf er sich verlassen kann oder ganz abzustillen. Ganz abstillen möchte ich allerdings nicht, da ich mich ja bewusst für das Langzeit- und Tandemstillen entschieden habe und glaube, dass es grundsätzlich eine gute Sache ist. Ich glaube auch, Abstillen würde den Großen gerade jetzt total verunsichern. Allerdings ist die Situation für meinen Großen derzeit wirklich sehr unvorhersehbar (wann darf er stillen, wann nicht, wann muss er warten oder unterbrechen...), so dass ihm klare Regeln vielleicht weiterhelfen könnten. Allerdings wüsste ich nicht, welche Regel das sein könnte außer: "Wenn die Kleine stillt, muss er warten oder sich von Papa beim Einschlafen begleiten lassen (was ja bisher nicht klappt)". Aber wäre das denn überhaupt eine sinnvolle Regel oder wirft das aus seiner Sicht ein zu negatives Bild auf unsere Kleine? Haben Sie ein paar Ratschläge, wie wir diese Situationen besser meistern bzw. für den Großen erleichtern können? Was sollten/ können wir dem Großen auf welche Art sagen oder erklären? (Derzeit sagen wir ihm, wenn er warten muss, dass die Kleine ja nur Milch trinken kann und dollen Hunger hat) Könnten ihm Regeln oder Rituale helfen und wenn ja, welche? Die jetzige Situation - Stillen unabhängig vom Schlafen: Schon vor der Geburt wollte der Große ja auch tagsüber unabhängig vom Schlafen vermehrt sillen, was sich seit der Geburt noch verstärkt hat. Soll ich ihm das unbegrenzt lassen und es gibt sich von selbst wieder, wenn er wieder sicherer ist oder kann/ sollte ich das eingrenzen? Ich habe schon ein paar mal gesagt, dass es gerade nicht geht oder ihn nach einiger Zeit abgedockt, da ich z.B. kochen musste. Beides findet er manchmal ok und manchmal ziemlich blöd und weint dann. Auch hier denke ich, dass für ihn ja nicht ersichtlich ist, wann es geht und wann nicht. Er weiss ja nicht, ob ich gerade kochen muss etc. Sollte ich hier Regeln einführen oder das Stillen begrenzen, um die Situation für ihn transparenter zu machen? Z.B. indem ich sage, dass er tagsüber nur zum Einschlafen stillen kann? Andererseits denke ich, das er sich gerade in der jetzigen Situation durch das häufige Stillen immer rückversichert, dass ich ihn noch genauso lieb habe etc. Bitte entschuldigen Sie, dass ich so viel geschrieben habe und so viele Fragen habe aber ich würde die Situation so gerne verbessern und den Großen gut durch unsere anfangszeit zu viert geleiten ohne dass die Kleine zu kurz kommt. Vielen Dank schon einmal im Voraus und viele Grüße Kathi

von KathiFr_2016 am 12.02.2019, 15:01



Antwort auf: Tandemstillen - Wie kann ich mit Konfliktsituationen besser umgehen?

Liebe Kathi, Dein kleiner und doch schon so große Sohn braucht im Moment sicher viel Rückversicherung und das Gefühl, dass er genau so wichtig ist wie das Baby. Versuche Zeiten zu finden, die deinem großen Sohn ganz alleine gehören, gehe mit ihm alleine spazieren oder lese ihm abends eine Geschichte vor, zeige ihm einfach, dass sie immer genau so wichtig ist. Ich habe meinem Sohn damals erzählt, dass die Maus ja nur Mamamilch trinken kann und er doch schon mal ein Brot oder Wasser (oder manchmal auch Gummibärchen) bekommt. Er fand das sehr lustig und hat Anna immer sehr bedauert ;-). Außerdem habe ich die Stillzeit immer dazu genutzt und habe meinem großen Sohn viele viele Geschichten erzählt, wie es so war, als er noch ganz klein war. Ich erzählte ihm, dass ich zu nichts anderem gekommen bin damals und dass er die ganze Zeit nur an der Brust hing und immer immer an die Brust wollte. Dann sagte ich ihm, dass es ja so viel viel einfach für mich ist, weil er mir jetzt ja helfen kann und mal eine Windel oder ein Glas Wasser holen kann und weil es so schön ist mit ihm zu reden. Moritz war lange Zeit kein bisschen eifersüchtig (erst als Anna ihm die Legohäuser zerstörte) und für ihn waren die Stillzeiten immer besonders schön - er fragte oft, wann die Kleine endlich Hunger hat ;-). Dein Sohn muss nun lernen, dass da noch jemand ist, dass er nicht mehr nur alleine die ganze Aufmerksamkeit bekommt - und das tut weh. Selbst wenn Du jetzt abstillen würdest, würde sich die Situation wahrscheinlich nicht verbessern. Du machst alles richtig, aber Ihr beide braucht Ruhe und Zeit, um Euch an das neue Menschlein zu gewöhnen. Kann dein Mann ein paar Tage daheim bleiben und den großen Bruder übernehmen? Wie wäre es, wenn Du während dem Stillen ein Buch vorliest? Mir persönlich gefällt das Buch "Ich will auch Geschwister haben" von Astrid Lindgren für diesen Zweck sehr gut. Ein Buch, das sich vor allem auch mit dem Thema Stillen beschäftigt und mit liebevoll gezeichneten Bilder aus der Sicht des größeren Bruders vom Auf die Welt kommen, dem Stillen und Tragen erzählt ist "Busi sagte Henriette" von Edith Seitz. "Busi sagt Henriette bekommst Du im Buchhandel (Edition buntehunde, ISBN 3 934941 03 6). Weitere Tipps für die Zeit nach der Geburt: o dem älteren Kind eine Babypuppe schenken, (oder sie ihr von dem Baby schenken lassen), die es ebenfalls versorgen und stillen kann. Außerdem kann das ältere Kind in die Versorgung des Babys miteinbezogen werden (es kann die Windeln reichen, den Po eincremen ...). Entscheidend ist, dass er sich wichtig fühlt und weniger zurückgesetzt durch das Baby. o dem älteren Kind erlauben wieder klein zu sein, eben auch ein Baby, und es, wenn das Baby schläft, ein bisschen herumtragen, mit ihm ausgiebig kuscheln usw. Der oft geäußerte Spruch "Du bist jetzt schon so groß" führt bei manchen Kindern gerade zum Gegenteil dessen, was man erreichen wollte, denn "groß sein" bedeutet nach Auffassung des Kindes, dass es jetzt nicht mehr so wichtig ist. (Ich weiß, dass dies objektiv nicht so ist, aber das Kind kann es so empfinden). o ein Tragetuch verwenden. Mit dem Baby im Tuch, ist mindestens eine Hand frei für das ältere Kind (bei einem korrekt gebundenen Tuch). So kann die Mutter sich mit dem älteren Kind beschäftigen und gleichzeitig auf das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Körperkontakt eingehen. Das Baby ist mit dabei, schläft wahrscheinlich sogar recht gut und es wird Freiraum für das Große gewonnen. Viele Mütter machen die Stillzeit mit dem Baby zu einer gemütlichen Kuschel- und Lesestunde für das größere Kind. Mit etwas Übung kann das Baby beim Stillen mit einem Arm gehalten werden und in den anderen Arm kann sich das größere Kind mit einem Bilderbuch o.Ä. kuscheln. Das ältere Kind kann das Buch so halten, dass die Mutter darin lesen kann oder mit ihm die Bilder anschauen und außerdem bekommt es die wichtige Aufgabe, die Seiten umzublättern. Eine andere Möglichkeit die Stillzeiten für das große Kind zu etwas besonderem zu machen ist eine "Stillkiste" (der Begriff stammt von einer meiner Gruppenmütter). In dieser Kiste sind besondere Dinge (z.B. ganz spezielle Stifte und glänzende Papierbögen, bunte Perlen, die zu Ketten aufgereiht werden können, ein Spielzeugauto je nachdem, was für das Kind besonders attraktiv sein kann), die nur zu den Stillzeiten benutzt werden dürfen. Wenn Du mit beiden Kindern unterwegs bist, sind die Kombination Buggy (großes Kind und/oder Einkäufe) und Tragetuch (Baby) optimal. Nur Mut, auch der (Still)Alltag mit zwei kleinen Kindern ist meisterbar, Ihr braucht nur Zeit dazu! LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 12.02.2019



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