Hallo liebe Stillberaterinnen,
ich brauche bitte einmal wieder euren Rat.
Mein Sohn wird nächste Woche ein Jahr alt.
Ich stille nach wie vor nach Bedarf. Brei hat gar nicht funktioniert, vom Familientisch isst er alles mit, aber nur sehr wenig, so dass er eine Stunde später die Brust verlangt.
Letzte Woche bei der U6, Gewicht von der Kurve abgewichen aber nicht besorgniserregend.
Ich soll ihm laut Kinderärztin nur noch Wasser anbieten, da Muttermilch keine geeignete Nahrungsquelle mehr sei für ein Kind in seinem Alter.
Das entspricht aber nicht meiner Philosophie von Kinderbegleitung.
Nur langsam kommen mir Zweifel.
Die Nächte werden immer schlimmer. Vor ein paar Wochen hat es angefangen, dass er stündlich an die Brust wollte. Er trinkt nicht, er nuckelt nur. Irgendwann kommt dann zwar Milch, aber ich habe nicht das Gefühl, dass er es darauf anlegt.
In dieser Zeit habe ich angefangen, ihn im Liegen zu stillen, sonst auf meinem Schoß, nur um auch ein bisschen Schlaf zu bekommen. Das Problem dabei ist, mit einem A Körbchen im Liegen muss ich mich so verrenken, dass sich mein alter Bandscheibenvorfall wieder massiv meldet und ich somit auch nicht schlafen kann.
Ich merke nur, dass er daran gefallen gefunden hat. Den Schnuller, den er tagsüber oft nimmt und sich auch selbstständig holt, wirft er nachts nur im Bett herum und brüllt, als wollte ich ihn damit umbringen. Er fordert so intensiv das nuckeln im Liegen ein, ich weiß nicht mehr wie ich es "abstellen " kann.
Er schläft bei mir mit im Bett und auch nie allein, ich lege mich immer zu ihm.
Er hat jetzt auch sechs Zähne, was erschwerend dazu kommt und er spielt zusätzlich mit den Fingern an der Brustwarze.
Sein Nachtschlaf beträgt in der Regel nur acht Stunden, den Rest holt er sich tagsüber.
Ich merke, dass ich nicht mehr kann. Ich spüre mittlerweile echte Aggressionen und ich kann nicht mehr non stop geduldig reagieren. Acht Stunden Schlaf mit einem dauernuckelnden Kind. Tagsüber kann er schlafen, ich nicht. Ich bin so "drüber" das ich nicht einschlafen kann, zumal er sehr oft auch nur auf meinem Arm schläft.
Leider gibt es keine Verwandte oder Freunde die ihn einmal für ein Stündchen betreuen können, mein Mann und ich sind auf uns allein gestellt.
Ich habe ein Stillcafe getestet , aber dort war es mir zu militant. Ich hatte das Gefühl wenn ich nicht eine Hausgeburt hinter mir habe und nicht von vornherein vor habe, mein Kind übertrieben gesagt bis zur Einschulung zu stillen, hat man dort nichts zu suchen.
Ja und nun meine Fragen:
-Kann es sich um eine Phase handeln? Ist es vielleicht um den ersten Geburtstag herum normal?
-Kann es damit zusammen hängen, dass er seit zwei Wochen frei läuft und tagsüber deutlich weniger stillt?
-Ich habe auch das Gefühl, dass die Milch deutlich weniger geworden ist, kann das sein?
Ich überlege ob ich ihm nachts das nuckeln ab einem bestimmten Punkt verwehren sollte, er hat ja den Schnuller, er schreit sich die Seele aus dem Leib und ich hätte nie gedacht, dass ich so was einmal in Erwägung ziehe, aber eine Mutter die nur noch hundemüde und ohne Geduld ist, ist ja auch nicht gut. Ich mache mir auch Sorgen um meinen Rücken, dass der Bandscheibenvorfall zurück kommt, wenn ich das im Liegen weiter zu lasse.
Vielleicht könnt ihr mir einen Rat geben?
Liebe Grüße Mamakastaniebaum
von
Mamakastaniebaum
am 29.06.2017, 04:25
Antwort auf:
Nächte werden immer schlimmer
Liebe Mamakastanienbaum,
dass Muttermilch keine geeignete Nahrungsquelle für einen Einjährigen ist stimmt überhaupt nicht. Darum ist nichts verkehrt daran, dass du weiterstillst.
Tatsächlich aber soll eine Stillende nie zum Opfer werden. Dir muss es gut gehen, sonst geht es niemandem in der Familie lange gut. Und wenn die Nächte unerträglich sind, solltest du sie verändern. Etwa in dem du nachts eine stillfreie Zeit definierst.
Doch obacht: So lange DU nicht ABSOLUT sicher bist, dass du weniger stillen möchtest, wird dein Kind das spüren. Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit.
Dein Kind nimmt den Zwiespalt der Mutter ganz deutlich wahr, und da es sich nicht hinsetzen und sagen kann „Mama, ich spüre, dass Du dir nicht sicher bist, was jetzt das Richtige ist, deshalb werde ich dir bei deiner Entscheidungsfindung helfen.", reagiert es auf deine Zweifel mit Unruhe, Weinen und Verunsicherung. Es hat keine anderen Ausdrucksmöglichkeiten als Weinen und (vermehrte) Anhänglichkeit. Kinder sind für „geordnete Verhältnisse", Unsicherheit und Zweifel bringen sie aus dem Gleichgewicht.
Wichtig ist nun, dass du dir darüber klar wirst, was Du willst und was Du nicht mehr willst. Wenn das die Stillpause in der Nacht ist, dann kannst du wie folgt vorgehen:
Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei.
Wenn sich dein Kind dann beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Abende und Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Deine Kleine wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie sie in diesem zarten Alter ihren Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass deine Kleine sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du ihr ein wenig ablenken wollen (falls sie sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in ihrer Nähe und versicherst ihr, dass alles ok ist, und dass ihr weiter stillen könnt (oder kuscheln), sobald sie sich etwas beruhigt hat.
Wenn du konsequent bleibst, wird es klappen. Nur davon hängt es ab: Schaffst DU es??
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 29.06.2017