Frage: Hilft Abstillen beim Schlafen?

Liebes Stillteam, Ich brauche mal wieder Eure Hilfe! Mein Kleiner hat sich mit seine fast 11 Monaten gut gemacht. Er ißt jetzt seine Breie mittags, nachmittags und abends, in der früh und in der Nacht wird gestillt. Mein Problem ist, dass er gerne beim stillen einschläft, dass heißt, kein Tagschlaf ohne stillen oder Kinderwagen fahren! Am Abend habe ich es jetzt ohne stillen versucht, klappte halbwegs.... In der Nacht ist er ohne stillen nicht zu beruhigen. Er zappelt durch das Bett und stößt sich dabei auch manchmal am Gitter oder am Kopfteil, er weint dabei hat aber die Augen zu! Schläft er, hat er oft den Kopf nach hinten überstreckt. Er kommt in der Nacht ca. drei bis vier Mal. Kurze Beruhigungen nicht mit gezählt. Da er jetzt auch häufig länger wach ist in der Nacht, gehe ich ziemlich auf dem Zahnfleisch :-( im Bekanntenkreis wird mir zum Abstillen geraten aber ich weiß nicht wie! Er weint so bitterlich und das möchte ich einfach nicht. Habe mir schon das Buch von Elizabeth Pantley Schläfen statt Schreien gekauft und zehn Tage nach dem Plan gelebt aber es hilft nicht. Was können wir noch tun, damit unsere Nächte besser werden?

von LiebeGiulia am 28.06.2012, 17:22



Antwort auf: Hilft Abstillen beim Schlafen?

Liebe LiebeGiulia, es ist nicht schlimm, und schon gar nicht ein "Versagen" deinerseits, dass dein Kleiner noch nicht alleine ein- und durchschlafen mag. Ganz im Gegenteil: DIESES Verhalten ist das normale, will heißen, so hat die Natur es vorgesehen, so entspricht es der Natur eines Menschenjungen. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt. Also: Das Einschlafen an der Brust ist nicht wirklich ein Problem, denn es entspricht der Natur der Kinder, die genau dort die Ruhe, Geborgenheit und Zuversicht finden (mal ganz abgesehen von der wertvollen Muttermilch), die es ihnen ermöglicht, sich dem Schlaf hinzugeben. Kleine Kinder haben es sehr schwer, einzuschlafen, das hängt mit ihrem unreifen Nervensystem zusammen und wird ganz von allein, sobald sie reif genug dafür sind, sich auflösen! Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter. LLLiebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen.

von Biggi Welter am 28.06.2012



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Abstillen / Stillen / Schlafen

Hallo Biggi, danke für die ausführliche Antwort vom 13.04. Das hat mir doch schon ein bischen weitergeholfen. Allerdings ist mir jetzt noch was eingefallen: Bei Oma schläft er zur Zeit nur noch im Kinderwagen ein. Da ich mir denke das das ja auf Dauer für den Mittagsschlaf nicht gut ist und der Kinderwagen ja auch bald zu klein dazu sein wi...


Abstillen / Stillen / Schlafen

Hallo Kristina, danke für die Antwort vom 23.04. Leider muß ich immer eine neue Frage stellen, da wenn ich auf die Antwort antworte nichts mehr passiert :-( Ich denke das mit dem Tragetuch wird auf Dauer zu schwer, denn er hat schon ca. 11 kg :-) Zumal er wenn er nicht will auch nicht ruhig hält. Was tun wenn er sich auch gegen das gemein...


Nachts besser schlafen durch abstillen?

Hallo! Meine Tochter ist nun 15 Monate alt und ich stille sie immer noch nachts und zu Mittag! Sie ist keine große Esserin und was mir Sorgen macht ist, dass sie tagsüber auch nur ca 150 ml trinkt. Abends bekommt sie vorm schlafen gehen noch ein Flascherl (ca.130ml) 1er Milch. Eigentlich dachte ich vor Monaten, dass ich schleichend durch das Dazuf...


Abstillen & Schlafen-gerne an alle!

Liebe Biggi, ich nochmal. Was hältst du denn vom Schlafprogramm nach Dr. Jay Gordon (im Familienbett)? (http://www.rabeneltern.org/index.php/wissenswertes/schlafen-wissenswertes/1221-besser-schlafen-im-familienbett?showall=1) Hat jemand schon Erfahrungen damit gemacht? Danke :-)))


Schlafen bei Papa und Oma / Abstillen

Guten Tag, ich hätte 2 Fragen: 1. Schlafen bei Papa und Oma. Mein Sohn wird im Oktober 2. er ist ein Super glückliches Kind, allerdings sehr auf mich fixiert. Er wird von meiner Oma mindestens 2 x wöchentlich für mindestens 2 Std alleine betreut. Mein Mann ist Pilot und daher immer sehr unterschiedlich zu Hause. Aber wenn er zu Hau...


besser schlafen durch abstillen??

Hallo, Ich wende mich heute verwirrt an euch. Meine Tochter wird nun 19 Monate alt und wir stillen noch. Sie ißt auch gut am Tisch mit. Sie ist ein offenes, lebenslustiges Kind und ich habe nicht den Eindruck daß ihr unser stillen bisher geschadet hat. Wenn sie zu Hause ist geht sie (trotz normalen Essens) häufig an die Brust. Wenn sie in der Kr...


Ratlosigkeit zum Thema schlafen und abstillen!!!

Hallo Biggi, ich wende mich mit meiner Ratlosigkeit jetzt einfach mal an Sie... Unsere Tochter ist nun 17 Monate alt und das Schlafen funktioniert bei uns überhaupt nicht,auch das Abstillen, ich bin langsam echt am Ende. Sie war von Anfang an das reinste Brustkind und hat weder Schnuller noch Flasche aktzeptiert und ist mir von Haus aus i...


Abstillen mit 13 Monaten und Schlafen im eigenen Bett

Hallo liebe Stillberaterinnen, ich habe eine Frage. Ich habe also 2 grundsätzliche Sachen, die ich gerne ändern würde: Stillen und das Schlafen bei uns im Bett. Zum Stillen: Meine Tochter ist nun 13 Monate alt, ich stille tagsüber noch 1-2 Mal und dann nachts ziemlich oft, alle 2 Stunden etwa, manchmal auch jede Stunde. Sie isst tagsüber eig...


Wie können wir wieder schlafen (falls möglich ohne abstillen)?

Guten Tag, meine Tochter ist 10 Monate alt. Ich stille sie noch zum Einschlafen, zwischendurch tagsüber bei Bedarf (sie isst sonst gut) und bislang war es so, dass sie nachts 2-3 Mal wach wurde, kurz an der Brust getrunken und dann weiter geschlafen hat. Einen Schnuller oder eine Flasche akzeptiert sie nicht. Sie schläft bei uns im Bett. Seit zwei ...


Geschrei vor dem Schlafen seit Abstillen

Hallo, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Ich habe meine Tochter (2j. und 3 mon.) bis vor 1 Monat immernoch regelmäßig nach Bedarf gestillt. Einschlafstillen war vor allem für sie ein must have. Ich habe aber keine Kraft mehr gehabt, egal wie sehr ich das Stillen liebe. Vor allem weil sie, egal wo wir waren, ständig an die Brust wollte ...